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Fitz der Weitseher 02 - Der Schattenbote

Titel: Fitz der Weitseher 02 - Der Schattenbote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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derselben Regelmäßigkeit, mit der du dich bereitwillig in gefährliche Situationen stürzt, die
ähnliche Gefühlsausbrüche hervorrufen. In der Schlacht ge rätst du in Ekstase. Geschieht das auch beim Gebrauch der Gabe?«
    Noch nie hatte ich diese beiden Dinge in sol chem Licht betrachtet. Etwas wie Angst regte sich in mir; ich schob sie beiseite.
    »Des Königs Mittler zu sein ist meine Pflicht. Und dann - war das Unterfangen des heutigen Abends nicht dein Vorschlag?«
    »Zugegeben. Aber ich hätte mich von den Worten des Narren umstimmen lassen, du dagegen nicht. Die Folgen deines Handelns schienen dir nicht wichtig zu sein. Vielleicht solltest du besser auf dich achtgeben.«
    »Ich weiß sehr wohl, was ich tue.« Mein Ton war schärfer, als ich beabsichtigt hatte, und Bur rich erwiderte nichts da rauf. Er schenkte den Tee ein, den er aufgegossen hatte, und reichte ihn mir mit einem belehrenden Ausdruck auf dem Gesicht. Ich nahm den Becher und starrte ins Feuer. Er setzte sich auf meine Kleidertruhe.
    »Veritas lebt«, sagte ich, ohne mich nach ihm umzusehen.
    »Ich habe die Königin gehört. Ich habe nie daran geglaubt, dass er tot ist.« Er nahm die Enthüllung gelassen hin, so gelassen, wie er hinzufügte: »Aber wir haben keinen Beweis.«
    »Keinen Beweis? Ich habe mit ihm gesprochen. Der König hat mit ihm gesprochen. Reicht das nicht?«
    »Mir schon. Den meisten anderen allerdings …«
    »Sobald der König sich erholt hat, wird er bestätigen, was ich sage. Veritas lebt.«
    »Ich bezweifle, ob dies ge nügen wird, Edel da ran zu hindern, sich selbst zum Thronfolger zu ernennen. Die Zeremonie ist bereits für nächste Woche angesetzt. Ich glaube, er hätte es schon heute Abend getan, wenn nicht das Gesetz danach verlangte, dass sämtliche Herzöge als Zeugen anwesend sein müssen.«
    Ob es der Kampf der Elfenrinde gegen die Erschöpfung war oder ob schlicht der unerbittliche Marsch der Ereignisse es bewirkte,
so drehte sich doch plötzlich das Zimmer vor meinen Augen. Mir kam es vor, als hätte ich mich vor einen Wagen geworfen, um ihn aufzuhalten, und stattdessen wäre er über mich hinweggerollt. Der Narr hatte Recht be halten. Mein Ver such heute Abend, Veritas zu er reichen, hatte uns kei nen Gewinn gebracht, abgesehen von der Erleichterung Kettrickens zu wissen, dass ihr Gemahl nicht tot war. Ein Moment der Verzweiflung überkam mich. Ich stellte den lee ren Becher hin. Das Königreich der Sechs Provinzen zerfiel. Mein Kronprinz Veritas würde sein Königreich, das zu einem Zerrbild der Vergangenheit geworden war, nicht wiedererkennen: die zerstrittenen Provinzen, eine verwüstete Küste, dazu eine leergeräumte und verlassene Burg. Wenn ich nur an die Uralten hätte glauben können, wäre es mir vielleicht möglich gewesen, noch irgendwo einen Hoffnungsschimmer zu sehen. Doch mir stand nur turmhoch mein Versagen vor Augen.
    Burrich musterte mich prüfend. »Geh zu Bett«, schlug er vor. »Zu häufiger Genuss von Elfenrinde soll gelegentlich etwas Niedergeschlagenheit zur Folge haben. Sagt man.«
    Ich nickte. Ob das bei Ve ritas der Grund für sei ne so häu fig gedrückte Stimmung gewesen war?
    »Also schlaf, morgen früh sehen die Dinge vielleicht besser aus.« Er lächelte wölfisch. »Oder auch nicht. Doch aus geruht bist du vielleicht besser in der Lage, mit ih nen fertig zu werden.« Er verstummte und wurde ernst. »Molly war am frü hen Abend bei mir.«
    »Geht es ihr gut?«, wollte ich wissen.
    »Mit Kerzen, von denen sie wusste, dass ich sie nicht brauchte«, fuhr Burrich unbeirrt fort. »Fast, als suchte sie einen Vorwand, um mit mir zu sprechen …«
    »Was hat sie gesagt?« Ich stand auf.
    »Nicht sehr viel. Sie ist immer äußerst zurückhaltend mir gegenüber. Ich habe ihr gesagt, dass du sie vermisst.«

    »Und was hat sie geantwortet?«
    »Nichts.« Er grins te. »Aber sie sieht hübsch aus, wenn sie rot wird.« Er seufzte und wurde plötzlich ernst. »Ich fragte sie, ob sie wieder bedroht worden wäre. Sie richtete sich stolz auf und erwiderte nur, sie danke recht herzlich für meine Sorge, aber sie wäre in der Lage, selbst auf sich aufzupassen.« Sachlich fragte er mich: »Wird sie um Hilfe bitten, wenn sie welche braucht?«
    »Ich weiß nicht. Ihr Mut ist eigensinnig genug. Sie hat ihre eigene Art zu kämp fen. Sie sieht den Dingen entschlossen ins Auge. Ich hingegen schleiche um die Gefahr herum und versuche, sie mit einem Hinterhalt zu überwinden. Manchmal gibt sie mir das

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