Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Fitz der Weitseher 03 - Der Nachtmagier

Titel: Fitz der Weitseher 03 - Der Nachtmagier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
Vom Netzwerk:
hatten, seit ich ein Knabe von sechs Jahren gewesen war. Niemals wieder bezog ich mein Quartier in der Burg, machte Prinzessin Philia meine Aufwartung, saß am brennenden Kamin Chade zu Füßen. Verloren waren für mich die vielen Lebensfäden, die mit meinem verwoben gewesen waren. Freunde starben, andere heirateten, Kinder wurden geboren, andere wuchsen heran, und ich erlebte nichts davon mit. Obwohl ich nicht länger den Körper eines gesunden jungen Mannes besitze, leben noch viele, die mich einst Freund nannten. Manchmal überkommt mich das Verlangen, sie anzusehen, ihnen die Hand zu reichen, die Einsamkeit von Jahren abzuwerfen.
    Es bleibt mir versagt.
    Diese wie auch alle künftigen Jahre ihres Lebens sind für mich verloren. Verloren ist für mich auch die Zeit meiner Gefangenschaft im Kerker und dann im Sarg. Es war kaum ein Monat, doch es erschien mir viel länger. Mein König war in meinen Armen gestorben, aber man trug ihn ohne mich zu Grabe. Auch bei der Ratsversammlung nach meinem Tod war ich nicht zugegen, als man mich für schuldig befand, die Alte Macht praktiziert zu haben und damit meine schändliche Ermordung als Tat nach Recht und Gesetz deklarierte.
    Philia kam und erhob Anspruch auf meinen Leichnam. Es war ausgerechnet meines Vaters Gemahlin, die einst so tief verletzt worden war, als sie erfahren musste, dass er vor ihrer Vermählung mit einer anderen einen Bastard gezeugt hatte, die mich aus jener Zelle holte. Ihre Hände waren es, die meinen toten Leib wuschen und in Grabtücher hüllten. Unbeholfene, exzentrische Prinzessin Philia. Ich weiß nicht, aus welchem Grund sie meine Wunden reinigte und sie so sorgfältig verband, als lebte ich noch. Sie allein gab Befehl, für mich ein Grab auszuheben, und sah, wie mein Sarg darin verschwand Sie und Lacey, ihre Zofe, trauerten um mich, als alle anderen aus Angst oder Abscheu vor meinem Verbrechen sich von mir abwandten.
    Doch sie wusste nicht, dass Burrich und Chade, mein Lehrer und Mentor als Assassine, in einer späteren Nacht zu diesem Grab kamen und den frisch gefallenen Schnee und die gefrorenen Erdschollen wegschaufelten, die man auf meinen Sarg geworfen hatte. Nur diese beiden waren zugegen, als Burrich schließlich den Deckel aufbrach und meinen leblosen Körper heraushob und sodann mittels der auch ihm innewohnenden Alten Macht den Wolf herbeirief, der noch meine Seele in sich barg. Sie entrissen dem Tier diese Seele und geleiteten sie zurück in den zerschlagenen Körper, aus dem sie geflohen war. Sie erweckten mich zum Leben, auf dass ich wieder in Menschengestalt umhergehen und mich erinnern möge, was es heißt, einen König zu haben und durch einen Schwur gebunden zu sein. Bis zum heutigen Tag weiß ich nicht, ob ich ihnen dafür dankbar bin. Es mag sein, wie der Narr behauptet, dass sie keine andere Wahl hatten. Vielleicht kann es dafür keinen Dank und keine Schuld geben, sondern nur die Anerkennung der Mächte, die uns an unser Schicksal binden und es bestimmen.

KAPITEL 1
    AUFERSTEHUNG
    I n Chalced hält man Sklaven. Sie verrichten die niederen Arbeiten. Sie stellen die Bergleute, die Ruderer auf den Galeeren, die Besatzung der Müllwagen, die Feldarbeiter und die Huren. Merkwürdigerweise sind Sklaven auch die Kindermädchen, Hauslehrer, Köche sowie Schreiber und meisterliche Handwerker. Chalceds gesamte glanzvolle Zivilisation, von der großen Bibliothek in Jep bis zu den sagenhaften Wasserspielen und Bädern in Sinjon, gründet auf der Existenz von Sklaven.
    Die Händler aus Bingtown sind die Hauptzulieferer von Sklaven. Früher waren die meisten Sklaven Kriegsgefangene, und offiziell behauptet Chalced, daran habe sich nichts geändert. In jüngerer Zeit hat es allerdings nicht genügend Kriege gegeben, um die Nachfrage nach gebildeten Sklaven zu befriedigen. Die Händler aus Bingtown sind jedoch äußerst tüchtig darin, andere Quellen aufzutun, und oft wird in diesem Zusammenhang das Piratenunwesen erwähnt, das zwischen den Handelsinseln herrscht. Wer in Chalced Sklaven besitzt, kümmert sich wenig darum, woher die unfreiwilligen Diener kommen, solange sie nur gesund sind.
    Sklaverei ist ein Brauch, der in den Sechs Provinzen niemals Fuß gefasst hat. Wer eines Verbrechens überführt wird, der mag dazu verurteilt werden, dem zu dienen, dem er geschadet hat, doch dies immer nur für eine festgesetzte Zeitspanne, und er wird nicht geringer angesehen als jemand, der freiwillig Buße tut. Ist ein Verbrechen zu furchtbar, um

Weitere Kostenlose Bücher