Generalprobe Zeitballett
1.
Framus G. Allison hatte sich vergessen und dem aufdringlich gewordenen Whurolaner einen Nasenstüber verabreicht, der schließlich zu jener heftigen Reaktion geführt hatte, unter der wir jetzt noch litten.
Allisons Handgreiflichkeit war in zweifacher Hinsicht peinlich.
Einmal waren wir, die in zeitgenössischen Kostümen auftretenden GWA-Schatten des Jahres 2011 n. Chr. infolge zahlreicher Unzulänglichkeiten ohnehin gefährdet. Wir waren bereits genug aufgefallen und konnten es uns nicht erlauben, die atlantisch-marsianische Spionageabwehr noch intensiver auf uns aufmerksam zu machen.
Zum anderen stand es für mich fest, daß der whurolanische Schiffsmakler, Handelsherr und was er darüber hinaus alles sein mochte, in der »Duftenden Stadt« eine zwar nicht beliebte, dafür aber gefürchtete Persönlichkeit war. Solchen Leuten pflegt man nicht auf die Nase zu schlagen! Das war 187 000 Jahre vor unserer Zeit genauso wichtig wie in unserer Epoche.
Allison war aber kein Telepath, der in der Lage war, den geheimsten Gedankeninhalt des Fremden zu lesen und zweckentsprechend auszuwerten. Andernfalls hätte er kaum seine geballte Rechte ausrutschen lassen.
»Krooht-Hook, die mächtige Gottheit der Lachenden Dämo nen, wird dich vernichten, du räudig Gefleckter«, kreischte der kleine, dürre Mann.
Einer seiner Sklaven, ein muskulöser Jüngling aus dem geheimnisvollen Schwarzen Süden, hatte den spitzen Ohrenklappenhut des Händlers aufgehoben. Auf den Knien rutschend, näherte er sich seinem Herrn und hielt ihm die Kopfbedeckung hin.
»Wenn die Spitzmaus jetzt auf den Afrikaner einschlägt, lasse ich sie tanzen«, teilte mir Hannibal telepathisch mit.
Seine Hand ruht auf dem Griff der Storgha, einer Hieb- und Stichwaffe mit geflammter, sechsundsechzig Zentimeter langen Stahlklinge. In der Hand eines geübten Kämpfers war das dünne, in der Sonne flirrende Blatt überwiegend tödlich.
Ich erschrak. Hannibals Gerechtigkeitssinn war lobenswert, aber in dieser Epoche nicht nur unpassend, sondern sogar gefährlich.
»Ein GWA-Schatten zur besonderen Verwendung sollte genug Intelligenz und Anpassungsfähigkeit besitzen, um die in unserer Gesellschaftsordnung als brutal und menschenunwürdig gelten den Gepflogenheiten nach dem hiesigen Reglement zu akzeptieren«, fuhr ich ihn, ebenfalls auf telepathischer Ebene, beunruhigt an. »Wir befinden uns um genau 187211 Jahre vor unserer Zeit in der Vergangenheit des Menschengeschlechts. Richte dich gefälligst nach den hier gültigen Bräuchen. Wenn ein Sklave geschlagen wird, so ist das nichts Aufregendes. Hier gibt es leider noch Besitztümer in der Form von fühlenden Menschen, die aber nicht als solche gewürdigt werden. Ein Sklave ist hier ein Etwas, nicht mehr! Beherrsche dich!«
Hannibal zögerte und maß den Händler mit drohenden Blic ken, zog aber die Waffenhand von der Storgha zurück.
»Deine Hand soll verfaulen«, tobte der Mächtige weiter.
Er trat nach dem schwarzhäutigen Sklaven, der aber genug Geschick oder Übung besaß, dem ausschlagenden Fuß zu entge hen. Es war bemerkenswert, daß er den Schmerzensschrei nicht vergaß! Er war ein recht guter Psychologe, wie jeder aufmerksame Beobachter in seinem niederen Stande. Ein Schrei dämpfte immer den Zorn des Herrn, besonders wenn dieser Herr infolge seiner Erregung nicht feststellen konnte, ob sein Tritt nun zielgerecht angekommen war oder nicht.
Hannibal grinste plötzlich. Seine Sympathien gehörten dem afrikanischen Jüngling.
Ich konzentrierte mich dagegen voll auf den Händler. Sein Name war Hermemec. Er besaß
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