Flaming Bess 09 - Die Erde
transparente Pilotenkanzel von der Zelle und wurde davongewirbelt. Die chemischen Treibsätze zündeten, ein harter Ruck, der Krom ein ersticktes Röcheln entrang, und schon sackte die Maschine unter ihm weg und trudelte steuerlos dem dicht bewaldeten Boden entgegen.
Ein zweiter Ruck — und der Fallschirm hatte sich geöffnet.
Während die Fähre am Boden zerschellte, ohne zu explodieren, da das Saugfeld noch immer jede energetische Aktivität unterband, wurde Krom vom heftigen Höhenwind nach Norden abgetrieben, fort vom Lichtdom der Station.
Unter ihm das Grün des Waldes, im Westen das breite blaue Band eines Stroms.
Flaming Bess war einige Kilometer weiter östlich niedergegangen. Krom war überzeugt, daß sie die Landung unverletzt überstanden hatte.
Diese Frau war zäh.
Eine würdige Gegnerin.
Aber sie stand auf der falschen Seite: auf der Seite des alten, schwächlichen, zum Untergang verurteilten Menschentyps, für den es nach der Machtübernahme des Reinen Menschen im Kosmos keinen Platz mehr gab.
Es war eine Ironie, daß ihre Niederlage ausgerechnet auf der Erde besiegelt wurde, von der sie sich den Sieg über die Herculeaner erhofft hatte.
Doch es gab keine Erdmenschen mehr. Und die technischen Artefakte …
Nun, selbst wenn es ihr gelingen sollte, Krom zu töten und die MORTUS zu vernichten, änderte dies nichts am Schicksal der Sternenbund-Völker oder der Dhrakanen. Mit den Artefakten allein ließ sich kein Krieg gewinnen.
Der Sieg, dachte Krom, gehört uns. So oder so.
Der Wind schlug um und trug ihn jetzt nach Süden, dem strahlenden Dom entgegen, und wäre der Kriegsherr mehr als ein zum mechanischen Leben erweckter Leichnam gewesen, hätte er es als Omen empfunden. So nahm er lediglich die Tatsache zur Kenntnis.
Er schwebte tiefer.
Mit den Füßen berührte er bereits die Wipfel der höchsten Bäume, als sich direkt vor ihm eine grasbewachsene Lichtung auf tat. Die Landung war hart, aber mit den Gefühlen war ihm auch das Schmerzempfinden abhanden gekommen, und er spürte nichts.
In der Ferne überwölbte der Lichtdom den Wald.
Krom horchte, aber alles war still. Nur der Wind rauschte sacht.
Obwohl der Wald vor Fruchtbarkeit strotzte, war die Erde eine tote Welt.
Keine Menschen, keine Säugetiere, keine Insekten.
Oder täuschte er sich? War vielleicht nur die Umgebung des Doms bar allen Lebens?
Unwichtig, dachte Krom.
Er löste die Sicherheitsgurte und kam ruckartig auf die Füße. Das Exoskelett seines Kampfanzugs surrte leise; mikrominiaturisierte Servomotoren stützten seinen siechen Körper bei jeder Bewegung, dennoch würde seine Kraft bald nachlassen.
Nüchtern gestand sich der Kriegsherr ein, daß das Ende des Doms auch sein Ende bedeuten würde.
Unwichtig.
Was zählte, war das Ziel, der Sieg des Reinen Menschen.
Er bückte sich und holte die TK-Bombe aus dem Hohlraum des Schleudersitzes.
Sie war nicht schwer. Und sie sah harmlos aus. Wie ein schwarzes großes Ei.
Krom befestigte die Bombe am Waffengurt seines Kampfanzugs und warf einen forschenden Blick in die Runde.
Nichts.
Nur der Wald, der Wind.
Er fragte sich, ob Flaming Bess inzwischen die Verfolgung aufgenommen hatte. Wahrscheinlich. Ihr Weg würde sie ebenfalls zum Dom führen — und in den Tod.
Er bedauerte es.
Nicht aus Sentimentalität, sondern weil er sicher war, daß das herculeanische Zuchtprogramm von ihrem genetischen Material profitiert hätte.
Der Kriegsherr wandte sich ab und wanderte mit schleppenden Schritten nach Norden, in den Wald hinein, in die Stille. Die Bombe schaukelte an seinem Waffengurt hin und her, im Takt seiner rasselnden Atemzüge.
Während er marschierte, fragte er sich, was aus den Erdmenschen geworden war. Hatten sie nach der Vertreibung seiner Ahnen die Erde ebenfalls verlassen? Oder waren sie in den langen Jahrtausenden der Isolation degeneriert und schließlich ausgestorben?
Unwichtig.
Er wanderte weiter.
Und die Bombe an seinem Waffengurt schaukelte hin und her.
Manchmal blieb er stehen und lauschte, manchmal durchforschte er mit seinen kalten Augenimplantaten die Dämmerung des Waldes. Aber er war allein. Nirgendwo eine Spur von Flaming Bess, nirgendwo ein Anzeichen drohender Gefahr.
Vielleicht war es die scheinbare Idylle, die seinen Argwohn weckte, die friedliche Atmoshäre.
Als Kriegsherr mißtraute er dem Frieden, und als Herculeaner haßte er die Idylle, weil sie das schicksalhafte Prinzip des Überlebenskampfes und des Triumphes des Starken über das
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