Flamme von Jamaika
nach dem Barbier rufen lässt.»
Edward Blake blinzelte durch seine geschwollenen Augenlider in die hereinbrechende Dämmerung und verfluchte die Anwesenheit seines Vaters, der ihn stets behandelte wie seine Lakaien. In seinen Armen regte sich träge eine junge Mulattin, die er vor ein paar Nächten in
Madame Ivoires Etablissement
aufgetan hatte, einem Edelbordell der gehobenen Kategorie in der George Street. Die dortigen Frauen, so hieß es, waren außergewöhnlich schön und entstammten den exotischsten Ländern. Außerdem wurden sie regelmäßig von einem Arzt auf lasterhafte Krankheiten hin untersucht. Über diesen Luxus hinaus offerierten die Damen besondere Dienste, die in gewöhnlichen Hurenhäusern nicht zu finden waren.
Als sich die junge Frau orientierungslos auf den Rücken drehte, um ihre Umgebung besser wahrnehmen zu können, streckte sie Edwards Vater ungeniert ihre gewaltigen Brüste entgegen.
«Die Hure kannst du mir überlassen», knurrte der Alte und leckte sich lüstern die Lippen. «Ist sie gut?»
Edward stützte sich auf die Ellenbogen und richtete sich langsam auf, ohne seiner Bettgefährtin weitere Aufmerksamkeit zu schenken.
«Sie geht ab wie ein Rennpferd», erklärte er beiläufig, «besonders wenn du es ihr hart von hinten besorgst.» Ein schmutziges Grinsen huschte über sein Gesicht.
William Blake trat ans Bett und tätschelte die Schenkel der jungen Frau, die sich diese höchst anzügliche Behandlung mit einem lasziven Augenaufschlag gefallen ließ.
«Ich denke, Madame Ivoire hat nichts dagegen, wenn ich bei der Kleinen die Reitpeitsche zum Einsatz bringe. Schließlich hast du in den Tagen seit unserer Ankunft ein hübsches Sümmchen in ihrem Etablissement hinterlassen.»
Während Edward, nackt, wie er war, aus dem Bett sprang, setzte sich sein Vater auf die weiche Matratze und unterzog das junge vor ihm liegende Fleisch einer eingehenden Prüfung. Als er der Frau in den Hintern und in die Brüste kniff, um ihre Schmerzgrenze zu prüfen, war sie mit einem Mal wie erstarrt. Jedoch kein Laut der Klage kam über ihre Lippen.
«Sie gehört dir», sagte Edward und setzte dabei eine Miene auf, als ob er sich von einer lästigen Plage befreien müsste. «Ist mein Anzug schon eingetroffen?»
«Was fragst du mich das?», erwiderte sein Vater und gab der Hure mit einem knappen Wink zu verstehen, dass sie in das Schlafgemach nebenan verschwinden und dort auf ihn warten sollte. «Bin ich deine Haushälterin?»
Achselzuckend schlüpfte Edward in einen blauseidenen Kimono und hockte sich auf den Rand der kupfernen Wanne, die in einer Ecke des Raums stand, und beschloss, dort auf das Eintreffen des Butlers zu warten. Ungeduldig verschränkte er die Arme und beobachtete, wie sein Vater sich zur Tür wandte, wo bereits ein weiterer Diener wartete.
«Was macht dich so sicher, dass diese kleine Hamburgerin die Richtige für mich ist, Vater?», fragte er dumpf. «Ich meine … ich habe sie gesehen. Sie scheint mir rein und keusch wie eine französische Nonne, die kurz vor ihrem Gelübde steht.»
«Etwas anderes würde ich als die zukünftige Mutter meiner Enkel auch nicht akzeptieren», erklärte William streng. «Oder willst du riskieren, dass sie den Balg irgendeines dahergelaufenen Bastards unter dem Busen trägt, wenn sie mit dir vor den Altar tritt? Außerdem weißt du so gut wie ich, dass es auf der Plantage mehr als eine Alternative gibt, um dich anderweitig zufrieden zu stellen», erklärte sein Vater. «Sie muss nur zwei-, dreimal ein gesundes Kind gebären. Danach wird sie ohnehin von der ganzen Sache bedient sein.»
Mit hochgezogenen Brauen sah Edward seinen Vater an.
William räusperte sich. «Außerdem hat die Countess von mir zehntausend Pfund in Gold für ihre Stiftung erhalten, damit sie uns mit der Auswahl einer passenden Kandidatin unterstützt. Die Tochter dieses deutschen Kaufmanns für dich auszusuchen, war ganz alleine ihre Idee. Sie meint, das Mädchen sei eine gläubige Christin, die sich von heidnischen Flüchen nicht beeindrucken lasse.»
Edward runzelte die Stirn. «Du meinst …»
«Ich meine: Hauptsache, Helena Huvstedt und ihr einfältiger Vater erfahren nichts von diesem blödsinnigen Fluch, bevor es zu einer Verlobung kommt.»
William war zum Sideboard gegangen und hatte sich aus einer Kristallkaraffe einen Brandy eingeschenkt. Hastig trank er das Glas in einem Schluck aus und hustete. Dennoch goss er sich sogleich einen weiteren Brandy ein und kippte ihn
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