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Flamme von Jamaika

Flamme von Jamaika

Titel: Flamme von Jamaika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina André
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Prolog
    Juni 1814 // Jamaika // Plantage Redfield Hall

    W o ist mein Kind?» In stummer Verzweiflung krallte «ʃǝɥɔıǝM ⅋ ɥɔsɹɐʃɐɯɥɔS» Baba ihre Hände in die leere Hängematte, dort, wo sie am Morgen ihren fiebernden Sohn zurückgelassen hatte. «Ich habe überall nach ihm gesucht und konnte ihn nirgends finden.»
    «Du weißt doch, wie kleine Jungs sind. Manchmal benehmen sie sich wie junge Hunde, die einem Kaninchen hinterherjagen», beruhigte sie Estrelle, eine Sklavin wie sie selbst, die nichts weiter tun konnte, als ihr tröstend die Hand auf die Schulter zu legen.
    «Aber er ist krank!», stieß Baba mit zusammengebissenen Zähnen hervor. Etwas Schreckliches musste passiert sein, das spürte sie. «Ich habe ihm verboten, die Hütte zu verlassen, weil ihn Trevor sonst zum Arbeiten eingeteilt hätte. Und das mit seinem Fieber …! Jess weiß, wann es mir ernst ist. Er hätte es nicht gewagt, die Hütte zu verlassen.»
    Mühsam versuchte Baba, ihre Tränen zu unterdrücken. Baba war nicht ihr richtiger Name. Getauft war sie auf den Namen Mary. Aber es war das erste Wort ihres Sohnes gewesen, als er mit einem knappen Jahr zu sprechen begonnen hatte.
Baba
rührte aus dem Afrikanischen her und bedeutete eigentlich Vater. Und da Jess offiziell keinen Vater besaß, war sie ihm von Anfang an Mutter und Vater gewesen. Mama Baba eben, wie er sie nannte und wie sie fortan bei allen hieß, die sie näher kannten.
    In Momenten wie diesen hasste Baba es, dass ihr die starke Hand eines Vaters fehlte, die Jess zeigte, wo es langging. Inzwischen war er acht Jahre alt und ein munterer kleiner Bursche, dessen Temperament sie manchmal überforderte. Seit ein paar Monaten gehörte er der Kinder-Kolonne auf den Zuckerrohrfeldern an und schuftete schwer. Die harte Arbeit würde aus ihm eines Tages einen starken muskulösen Mann machen. Einen Sklaven, der allein schon aufgrund seiner Statur die Aufmerksamkeit der Backras auf sich ziehen würde – jener weißen Männer und Frauen, die sein Leben von Geburt an in der Hand hielten. Umso mehr ängstigte Baba sich, dass Jess etwas angestellt haben könnte. Die Sorge um ihren einzigen Sohn machte sie halb wahnsinnig. Dabei galt sie unter den Sklaven als eine starke, durchsetzungsfähige Frau, die sich selbst von ihren weißen Herren kaum etwas sagen ließ. Ihr Rücken war ganz vernarbt von all den Peitschenhieben, die sie im Laufe der Jahre für ihre Widerspenstigkeit kassiert hatte.
    Dass man sie noch nicht auf dem Sklavenmarkt in Kingston verkauft hatte, war einzig einem Umstand zu verdanken, über den Baba selbst Estrelle gegenüber eisern Stillschweigen bewahrte: Ihr Master, Lord William Blake, ein perverser, hochnäsiger Widerling, verlangte von ihr, dass sie ihm auf die übelste Weise zu Willen sein musste. Seit er sie als junges Mädchen auf den Feldern erblickt hatte, verschleppte er sie regelmäßig in seine Jagdhütte und verlangte Dinge von ihr, die seine weiße Frau ihm nicht zu geben bereit war. Wie oft hatte er sie ans Bett gefesselt, geschlagen und war über sie hergefallen wie ein brunftiges Tier! Danach hatte er sie jedes Mal mit kostbaren Geschenken und teuren Stoffen verwöhnt. Wahrscheinlich, weil ihn das schlechte Gewissen plagte, denn als gläubiger Anglikaner, der jeden Sonntag in die Kirche lief, musste er wohl um sein Seelenheil fürchten, wenn er so abstoßende Sünden beging.
    Doch geändert hatte er sich deshalb noch lange nicht. Zweimal hatte sie eine Fehlgeburt erlitten, weil er keine Rücksicht auf ihren Zustand genommen hatte. Aber Baba hatte das alles ausgehalten. Zum einen, weil ihr nichts anderes übrig blieb; zum anderen, weil sie durch seine Zuwendungen unter den restlichen Sklavinnen als etwas Besonderes galt. Sie besaß schöne Kleider, verfügte über besseres Essen und verbrachte mehr Zeit im weichen, frisch bezogenen Bett des weißen Herrn als auf den staubigen Zuckerrohrfeldern.
    Als sie schließlich Jess zur Welt brachte, einen kleinen, widerstandsfähigen Kerl, dem die Grobheiten seines Vaters während der Schwangerschaft nichts anhaben konnten, war ihr Glück beinah perfekt. Jeder auf Redfield Hall ahnte wohl, dass Jess der Sohn des Masters war. Das konnte man nicht nur an seiner vergleichsweise hellen Hautfarbe erkennen. Auch sein schmales Gesicht war mehr das eines Europäers und hatte wenig gemein mit den Zügen der rein afrikanischen Bälger, die nicht selten mitten auf dem Feld das Licht der Welt erblickten.
    Vom Tag

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