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Flammenbucht

Flammenbucht

Titel: Flammenbucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markolf Hoffmann
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auf die Tür. »Das Verlies muß verschlossen bleiben. Dort unten lauert etwas, das Vara vernichten wird. Wenn ihr es freilegt, wird diese Stadt fallen!«
    »Der heilige Lysron hat diese Tür mehrmals durchschritten«, erinnerte ihn Bars Balicor, »und Vara steht noch immer. Ich verstehe Eure Ängste, mein Kaiser, aber denkt daran, daß wir die Kraft dieser Quelle unbedingt benötigen, um die Goldei zu besiegen.«
    Sai'Kanee hatte sich unterdessen wieder der Tür zugewandt. Ohne auf den Kaiser oder Bars Balicor zu achten, hob die Priesterin den Stab. »Den Herrn der Schatten kann niemand mehr aufhalten«, wisperte sie. »Mondschlund, stehe mir bei!«
    Die Spitze ihres rissigen Stabs tippte gegen die Tür. Ein Geräusch erklang, beinahe so, als zerbräche ein Spiegel; und im selben Augenblick sprang die Tür auf, schlug gegen die Wand. Dahinter ein lichtloser Gang; kalte Luft strömte aus ihm hervor. Und ein Wimmern aus der Finsternis, das von keinem sterblichen Wesen stammen konnte.
    Uliman trat einen Schritt von der Treppe zurück. »Das Verlies ist erwacht.« Er griff nach der silbernen Kette um seinen Hals. »Ich habe euch gewarnt. Nun ist es zu spät! Der Untergang naht.« Sein Blick wurde ernst. »Dann will auch ich nicht mehr warten! Rumos hat mich alles gelehrt, um die Herrschaft anzutreten; und jene, die mir im Weg stehen, sollen sterben.«
    Mit diesen Worten wandte er sich um. Alles Kindliche war aus seinen Zügen gewichen; mit regloser Miene befahl er seinen Rittern, ihn zum Kaiserpalast zurückzubringen, ohne sich noch einmal nach dem Hohenpriester umzusehen.
    Bars Balicor starrte in den düsteren Gang, der sich hinter der silbernen Tür in die Tiefe erstreckte. »Das Verlies der Schriften!« Ein Schauder lief ihm über den Rücken. »Die Quelle steht uns endlich offen.« Er wandte sich Sai'Kanee zu. In dem Gesicht der Kubeth-Priesterin war keine Regung zu erkennen. »Dann laßt uns keine Zeit verlieren. Ihr fürchtet Euch doch nicht vor der Dunkelheit, Hohepriester?«
    Mit diesen Worten trat sie in den Gang. Der Stab in ihrer Hand leuchtete auf; ein silbriges Licht, das die steinernen Wände des Verlieses erhellte und ihr den Weg in die Katakomben des Doms zu Vara wies. Bars Balicor zögerte; er dachte an die baldige Thronratssitzung, vor allem aber an die vielen Schreckensgeschichten, die er über das Verlies gehört hatte. Doch schließlich überwand er seine Furcht und folgte der Kubeth-Priesterin in den Gang. Und kaum war auch er im Dunkel verschwunden, schlug die Tür des Verlieses zu, und Stille herrschte wieder im Silbernen Dom.
    Das Schiff der Südsegler lag ruhig im Hafen von Vara. Kein Laut war an Deck zu hören, keine Menschenseele zu sehen. Selbst von dem Schiffsjungen, den Jundala Geneder bei ihrem ersten Besuch erspäht hatte, fehlte jede Spur.
    Vorsichtig erklomm sie die Leiter, die aufs Deck führte. Oben angekommen, schlug sie die Kapuze ihres Mantels zurück. Sie blickte sich um; anscheinend war niemand an Bord.
    Die Fürstin begab sich zur Mitte des Schiffes, schritt vorbei an den festgezurrten Wasserfässern. Die Bohlen unter ihren Füßen klapperten. Bald hatte sie die kleine Kajüte erreicht und klopfte behutsam gegen die Tür. Keine Antwort.
    Forsch trat sie in den engen Raum. Auch hier war niemand zu sehen. Auf dem Tisch, an dem die Südsegler gesessen hatten, lag eine Pergamentrolle. Jundala erkannte sogleich ihre eigene Handschrift. Plötzlich - hinter ihr - ein Geräusch! Sie fuhr herum; sah noch einen Schatten im Türrahmen, sah, wie die Tür zuklappte. Dunkelheit umgab die Fürstin; allein durch die Tücher, mit denen die Fenster verhangen waren, drang etwas Licht in den Raum.
    »Südsegler!« rief sie erbost. »Wo seid Ihr?» Kein Laut, keine Antwort. Jundala fröstelte.
    »Wie ich sehe, habt Ihr meine Botschaft erhalten. Ich forderte Eure Hilfe; eine Gegenleistung für den Schmuck, den ich Euch brachte.« Sie konnte ihre Wut nicht verbergen. »Ich befahl Euch, letzte Nacht zwölf Südsegler in die Weststadt zu entsenden, zu jenem alten versickerten Kanal, der unweit des Stadtarchivs liegt. Zwei Stunden wartete ich in der Dunkelheit auf Euch, doch Ihr kamt nicht. Habt Ihr unseren Pakt etwa schon vergessen?«
    Ein Seufzen erklang; es schien aus einer der Raumecken zu dringen. »Die Fürstin kehrt wieder mit Groll in der Stimme, doch zürnt sie den Südseglern ganz ohne Grund! Wir lasen die Botschaft, und zwölf unsrer Brüder fanden sich ein zur nächtlichen Stund‹.«
    »Das

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