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Chronik der Vampire 02 - Fürst der Finsternis

Chronik der Vampire 02 - Fürst der Finsternis

Titel: Chronik der Vampire 02 - Fürst der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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Ich bin der Vampir Lestat. Ich bin unsterblich. Mehr oder weniger. Sonnenlicht, die Hitze eines lodernden Feuers - das sind Dinge, die mir den Rest geben können. Aber vielleicht auch nicht.
    Ich bin einsachtzig groß, was um 1780, als ich ein junger, sterblicher Mann war, als äußerst stattlich galt. Selbst heute ist das alles andere als klein. Ich habe volles, blondes, fast schulterlanges Lockenhaar, das in Neonlicht weiß erstrahlt. Meine Augen sind grau, aber in entsprechender Umgebung nehmen sie ohne weiteres eine blaue oder violette Färbung an. Meine Nase ist ziemlich kurz und schmal, und mein wohlgeformter Mund nimmt sich in meinem Gesicht ein wenig zu groß aus. Geradezu niederträchtig oder umwerfend großherzig kann er aussehen, dieser Mund. Auf jeden Fall sinnlich.
    Daß ich ein Vampir bin, kann man leicht an meiner ungewöhnlich weißglänzenden Haut erkennen, die vor Kameraauftritten pfundweise mit Puder belegt werden muß. Und wenn mich nach Blut dürstet, sehe ich zum Davonlaufen aus - die Haut verschrumpelt, die Adern so dick wie Seile angeschwollen. Aber das passiert mir inzwischen nicht mehr. Verräterisch sind nur noch meine Fingernägel. Das alte Elend der Vampire. Unsere Fingernägel sehen aus wie Glas. Und das nehmen einige Leute wahr, wenn sie auch sonst nichts wahrnehmen.
    Zur Zeit bin ich, was man in Amerika einen Rockstar nennt. Von meiner ersten Scheibe sind vier Millionen Exemplare verkauft worden. Demnächst werden meine Band und ich von San Francisco aus eine landesweite Konzerttournee starten. MTV, der beliebte Rockkanal im Fernsehen, hat zwei Wochen lang pausenlos meine Videos gezeigt, jetzt sind sie in den englischen »Top of the Pops« zu sehen, und demnächst sind der Rest Europas und vermutlich größere Teile Asiens an der Reihe. Der Verkauf der Videokassetten läuft glänzend -weltweit.
    Außerdem habe ich eine Autobiographie verfaßt, die vorige Woche erschienen ist.
    Was mein Englisch betrifft - die Sprache, derer ich mich in meiner Autobiographie befleißige -, so habe ich die ersten Anfangsgründe vor circa zweihundert Jahren bei Mississippimatrosen aufgeschnappt. Wesentlich weiter hat mich später die Lektüre englischsprachiger Autoren gebracht - ich verschlang alles: von Shakespeare über Mark Twain bis zu H. Rider Haggard, den ich in den gerade verflossenen Jahrzehnten gelesen habe. Den letzten Schliff verliehen mir Anfang der zwanziger Jahre schließlich die Detektivgeschichten im Black Mask Magazine. Sam Spades Abenteuer von Dashiell Hammett, die ich dort fand, waren das letzte, was ich gelesen habe, bevor ich ebenso buchstäblich wie bildlich in den Untergrund ging.
    Das war 1929 in New Orleans.
    Und voriges Jahr bin ich wieder im zwanzigsten Jahrhundert aufgetaucht. Zwei Dinge haben mich zurück nach oben geholt.
    Zum einen die Botschaft kakophonisch röhrender Stimmen in der Luft, die meinen Dauerschlaf umhüllte. Ich spreche natürlich von Radio-, Phono- und Fernsehstimmen. Die Wellen der Autoradios drangen von den Straßen des Old Garden District zu meiner Ruhestätte. Ich hörte die Plattenspieler und Fernseher aus den Häusern um mich herum.
    Nun, wenn ein Vampir in den Untergrund abtaucht, wie wir es nennen - wenn er aufhört, Blut zu schlürfen, und einfach in der Erde liegt -, wird er bald zu schwach, sich wieder hochzurappeln, und versinkt in eine Art Koma.
    In diesem Zustand nahm ich träge jene Stimmen wahr und stattete sie mit meiner eigenen Bilderwelt aus, der Traumarbeit der Sterblichen nicht unähnlich. Aber irgendwann während der letzten fünfzig Jahre fing ich an zu »erinnern«, was ich hörte, die Unterhaltungssendungen wahrzunehmen, den Nachrichten, den Texten und Rhythmen der Schlager aufmerksamer zu folgen. Ich spitzte die Ohren, wenn von Kriegen oder neuen Erfindungen die Rede war, und nach und nach begriff ich das ganze Ausmaß der allgemeinen Umwälzungen da oben.
    Dann erwachte langsam mein Bewußtsein wieder. Ich merkte, daß ich nicht mehr träumte. Ich dachte über das Gehörte nach. Ich war knallwach. Da lag ich also unter der Erde und lechzte nach Blut. Ich redete mir ein, meine alten Wunden wären inzwischen vernarbt. Vielleicht war ich ja wieder bei Kräften. Vielleicht war ich sogar stärker als je zuvor. Ich wollte es genau wissen.
    Entscheidend für meine Auferstehung war freilich noch etwas anderes. Ganz in meiner Nähe tauchte da plötzlich eine junge Rockgruppe auf, die sich Satans Night Out nannte. Sie zog in den Speicher

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