Fliegende Fetzen
Morporkianer wirkten verwirrt. Die Klatschianer flüsterten nervös miteinander.
»Weg damit, Jungs«, sagte Mumm.
Die Morporkianer trennten sich rasch von ihren Schwertern. Die Klatschianer hielten ihre etwas länger fest.
»Unentschieden zwischen dem Herrn auf der linken Seite und dem großen Schieler dort drüben«, sagte 71-Stunden-Ahmed und hob beide Armbrüste.
»He«, warf Mumm ein, »du kannst doch nicht…«
Die Sehnen der Armbrüste surrten. Beide Männer gingen zu Boden und schrien schmerzerfüllt.
»Aber mit Rücksicht auf Kommandeur Mumms Zartgefühl«, sagte Ahmed, reichte die Armbrüste einem D’reg hinter ihm und nahm gleichzeitig eine geladene entgegen, »gebe ich mich mit Schüssen in Oberschenkel und Fuß zufrieden. Immerhin ist dies eine Friedensmission.«
Er wandte sich an Mumm. »Tut mir leid, Sir Samuel, aber die Leute sollen wissen, wo sie mit mir stehen.«
»Die beiden Burschen stehen nicht mehr«, erwiderte Mumm.
»Aber sie leben.«
Mumm schob sich etwas näher an den
Wali
heran.
»Huthuthut?«
flüsterte er. »Du hast behauptet, damit hält man an…«
»Ich dachte, daß du allen ein gutes Beispiel gibst, wenn du an der Spitze reitest«, entgegnete Ahmed ebenso leise. »Die D’regs folgen stets einem Mann, der es nicht abwarten kann, sich in den Kampf zu stürzen.«
Lord Rust trat in den Sonnenschein und warf Mumm einen finsteren Blick zu.
»Mumm? Was hat das zu bedeuten?«
»Es bedeutet, daß ich meinen Pflichten gerecht werde, Lord.«
Mumm trat an ihm vorbei in den Schatten des Zelts. Prinz Cadram saß noch immer am Tisch. Und es waren viele Bewaffnete anwesend. Sie wirkten nicht wie gewöhnliche Soldaten, stellte Mumm fest. Sie sahen gefährlicher aus, wie treu ergebene Leibwächter.
»Du kommst bewaffnet und mit der Fahne des Friedens?« fragte Cadram.
»Bist du Prinz Cadram?« erwiderte Mumm.
Der Prinz schenkte ihm keine Beachtung. »Und du ebenfalls, Ahmed?«
Ahmed nickte und schwieg.
Nein, nicht jetzt, dachte Mumm. Zäh wie Leder und gemein wie eine Wespe. Doch jetzt befindet er sich in der Gegenwart seines Königs…
»Du bist verhaftet«, sagte er.
Der Prinz gab ein Geräusch von sich, das irgendwo zwischen Husten und Lachen lag.
»Ich bin
was
?«
»Ich verhafte dich wegen eines Mordkomplotts, das zum Tod deines Bruders führen sollte. Und vielleicht füge ich weitere Anklagen hinzu.«
Der Prinz hob die Hände vors Gesicht und ließ sie dann langsam zum Kinn sinken – die Geste eines müden Mannes, der sich bemühte, mit einer anstrengenden Situation fertig zu werden.
»Herr…?«, begann er.
»Sir Samuel Mumm von der Stadtwache Ankh-Morporks«, sagte Mumm.
»Nun, Herr Mumm, wenn ich die Hand hebe, schneiden dich die Männer hinter mir in…«
»Ich töte den ersten, der sich rührt«, warf Ahmed ein.
»Und der zweite wird
dich
töten, Verräter!« rief der Prinz.
»Dann muß er
sehr
schnell sein«, sagte Karotte und zog sein Schwert.
»Möchte jemand der dritte Mann sein?« fragte Mumm. »Nun?«
General Ashal bewegte sich, aber ganz vorsichtig – sein Hand
kroch
in die Höhe. Die Leibwächter entspannten sich ein wenig.
»Was bedeutet die…
Lüge
hinsichtlich des Mordkomplotts?« fragte er.
»Bist du übergeschnappt, Ashal?« entfuhr es dem Prinzen.
»Bevor ich solchen bösartigen Lügen keinen Glauben schenken kann, Gebieter, muß ich erst einmal wissen, worum es dabei geht.«
»Du hast wohl den Verstand verloren, Mumm?« ereiferte sich Lord Rust. »Du kannst doch nicht den Oberbefehlshaber eines Heeres verhaften!«
»Ich glaube, dazu sind wir durchaus berechtigt, Herr Mumm«, sagte Karotte. »Übrigens können wir nicht nur den Oberbefehlshaber verhaften, sondern auch sein Heer. Warum eigentlich nicht? Wir werfen den Leuten zum Beispiel ein Verhalten vor, das den Frieden gefährdet, Herr Kommandeur. Ich meine, immerhin stellt der Krieg eine erhebliche Gefahr für den Frieden dar.«
Ein irres Grinsen dehnte sich in Mumms Gesicht aus. »Das
gefällt
mir.«
»Aber um fair zu bleiben: Auch
unsere
Streitmacht, ich meine, die Soldaten aus Ankh-Morpork…«
»Wir verhaften sie ebenfalls«, sagte Mumm. »Wir verhaften alle. Komplott mit der Absicht, Krawalle zu schaffen.« Er zählte die einzelnen Punkte an den Fingern ab. »Tragen von Ausrüstung, die dazu dient, ein Verbrechen zu begehen. Behinderung. Bedrohliches Gebaren. Vorsätzliches Herumlungern. Unerlaubtes Zelten in der Wüste. Reisen mit dem Ziel, ein Verbrechen zu verüben.
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