Flucht nach Lytaxin: Ein LIADEN-Roman (German Edition)
seine eigene Hand. »Du hast die Frage gestellt. Kannst Du sie beantworten?«
Der Kleinere – Sheather war sein Name – hob seinen Kopf. »T'carais, das kann ich.«
»Sprich.«
»Ja, T'carais. Bedenke, dass unsere Schwester und unser Bruder Meister der Überlebenskunst sind, obgleich ihnen trotz ihres künstlerischen Strebens die Anwendung von Gewalt nicht fremd ist.« Er stoppte und Sambra Reallen beugte sich vor, einmal mehr ungeduldig wegen der Eigenarten der langlebigen Clutch-Turtles, die aus Höflichkeit durchaus mal eine zwanzig menschliche Minuten dauernde Pause einlegen mochten.
»Weiter!«, drängte sie und da war eine Spannung in ihrer Stimme, dass Sheather sie mit seinen großen Augen ansah und dann den Kopf neigte.
»Ihr habt recht. Ich bitte um Verzeihung, dass ich mit Eurer Zeit so sorglos umgehe.«
Sie winkte mit einer Hand. »Verziehen. Aber fahrt fort – warum sollten sich Eure Verwandten vor uns verstecken?«
»Warum?«, sagte Sheather und blinzelte gelassen mit seinen Augen. »Als Eure Verwandten zuletzt mit den unseren zu tun hatten, setzten die Juntavas alles dran, um sie töten. Weder unser Bruder noch unsere Schwester sind solche Narren, dass sie sich willentlich in die Hände eines bekannten Feindes begeben.«
»Hah!« Sie setzte sich zurück, starrte ihn an und fühlte Furcht wie Eis in ihrem Magen liegen. Er hatte recht. Val Con yos'Phelium – ein Scout-Commander, niemand Geringerer! – und Söldner-Sergeant Miri Robertson hatten keinen Grund, die Juntavas zu lieben, aber viele, sie zu meiden. Die Nachricht, die die Kurierschiffe beförderten, war zwangsläufig knapp und erklärte nicht den abrupten Wechsel der Politik der Juntavas in Bezug auf die Verwandten der Schildkröten. Sie würden schon aus purer Notwendigkeit vermuten, dass diese Nachricht ein Schwindel – ein Köder – war, und sich daher doppelt bemühen, alles zu vermeiden, was auch nur andeutungsweise mit den Juntavas zu tun hatte.
Edger sah sie an. »Stimmen Sie der Zusammenfassung meines Bruders zu, Sambra Reallen?«
Sie holte Luft und sah mit aller ihr möglichen Ruhe dieses Wesen an, das in der Lage war, sie mit einer Note zu vernichten. »Ehrwürdiger Alter, ich stimme zu.«
»Gut.« Er schien dies für einen Moment zu bedenken, dann senkte er seinen großen Kopf. »Wir sollten nun gehen, Sambra Reallen, um unter uns zu besprechen, was getan werden kann, um unseren Bruder und unsere Schwester zu finden. Bitte macht das Gleiche mit den Euren und lasst uns in drei Tagen wieder treffen, um unsere Gedanken zu vergleichen und einen hoffentlich erfolgreichen Aktionsplan zu erstellen.«
Sie würden sie nicht gleich umbringen? Erleichterung ließ sie erzittern, dennoch brachte sie die Kraft auf, aufzustehen und sich zu verbeugen. »Ehrwürdiger Alter, ich erwarte mit großer Freude unser Treffen in drei Tagen.«
»So soll es sein«, sagte Edger und wandte sich langsam der Tür zu. »Ich danke für das Geschenk Eurer Zeit!«
»Es wurde freigiebig gewährt!«, brachte sie hervor, obgleich ihre Beine zitterten. Ihre Besucher benötigten ein paar Minuten, bis sie durch die Tür hindurch waren. Als die beiden das Eingangsauge passierten, glitt die Tür hinter ihnen zu, und Sambra Reallen fiel in ihren Sessel, unsicher, ob sie lachen, schreien oder weinen sollte.
»Es scheint mir«, murmelte Edger in die sanfte Stille ihrer abendlichen Wohnung, »dass du ernsthafter über unsere Schwester Miri Robertson nachgedacht hast. Ist das so, junger Bruder?«
Sheather legte seine Hand flach hin und fühlte die winzigen Teppichfasern in seine Handfläche piksen. So viele kleine Fusseln vereint in dem Willen, zu einem Teppich zu werden!
»So ist es«, erwiderte er weich und hob seine Augen vom Studium des Teppichs. »In Wahrheit, älterer Bruder, gibt es wenig anderes, mit dem ich befasse, in dieser Zeit und an diesem Ort. Wir haben einige Projekte in Bezug auf unseren Bruder und unsere Schwester in Gang gesetzt. Und jetzt warten wir. In unserer Heimat wird Wartezeit sinnvoll verbracht, zum Nutzen des Clans. Aber hier warten keine Messer auf ihre Scheiden. Hier gibt es keine Jungen zu lehren oder Ältere, die meine Unterstützung benötigen. Also habe ich in der Tat viel über meine Schwester nachgedacht und alles studiert, was ich über ihre Vergangenheit weiß.«
Das war für Sheather eine recht lange Rede, der sonst doch der ruhigste von Edgers vielen Brüdern war. Edger jedoch nickte nur.
»Ah«, sagte er. »Ich
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