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Flüchtig!

Flüchtig!

Titel: Flüchtig! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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den Finger um den Abzug und lächelte.
    »Was verrückt ist und was nicht, müßtest du am besten wissen. Alles, was es über verrückte kleine Mädchen zu wissen gibt. Wie über die kleine, verrückte fette Maria, die immer allein dagesessen hat, hin und her geschaukelt ist und blöde Gedichte geschrieben hat. Sie hat mit sich selbst geredet, sie hat sich in die Hose gemacht und sich wie ein Baby verhalten. Sie war doch verrückt, Ray, oder nicht? Fett, häßlich und nicht richtig im Kopf.«
    »Halt den Mund!«
    »Halt du deinen, du alte Sau!« schrie sie plötzlich. »Wer bist du, daß du mir sagst, was ich tun soll? Du hast mich Tag für Tag gebumst, und du hast mich aufgebockt.« Sie lächelte gespenstisch. »Oder nicht? Das hab’ ich jedenfalls der verrückten Maria gesagt. Du hättest den Blick in ihren kleinen Schweinsäuglein sehen sollen. Ich hab’ ihr alles erzählt, sämtliche Details. Daß du immer mehr hast haben wollen. Du, unser Sheriff. Das arme Ding muß sich sehr darüber aufgeregt haben, denn am nächsten Tag hat sie einen Strick genommen…«
    Houten stieß einen Schrei aus und kam auf sie zu. Sie lachte und schoß ihm ins Gesicht.
    Er sank zusammen wie ein nasses Papiertaschentuch. Sie stand vor ihm und zog noch einmal durch. Hatte Mühe, das Gleichgewicht zu halten nach dem Rückstoß, und feuerte zum dritten Mal auf ihn.
    Ich nahm ihre steifen Finger von der Flinte und ließ die Waffe zwischen die beiden Toten fallen. Nona leistete keinen Widerstand. Sie legte ihren Kopf an meine Schulter und zeigte mir ein wunderschönes Lächeln.
    Ich nahm sie mit und sah mich nach dem El Camino um. Der Wagen war nicht schwer zu finden. Houten hatte ihn direkt vor dem Loch im Zaun geparkt. Ich setzte mich hinein, ließ Nona nicht aus den Augen und benutzte das Funkgerät, um meine Meldungen durchzugeben.

26
    Am Spätnachmittag eines stillen Sonntags stand ich auf dem Rasenstück gegenüber dem Eingang zur ›Zuflucht‹ und wartete auf Matthias. Backofenheiße Winde hatten die Südhälfte des Staates seit sechsunddreißig Stunden ohne Unterbrechung heimgesucht, und obwohl es bis zum Sonnenuntergang nicht mehr lange dauern konnte, ließ die Hitze noch keineswegs nach. Schweißverklebt, mit heftigem Juckreiz am Oberkörper und viel zu dick angezogen in Jeans, einem Chambray-Hemd und einer Kalbslederjacke, suchte ich den Schatten der alten Eichen, die den Brunnen umgaben.
    Er kam aus dem Hauptgebäude, umgeben von einem Kokon seiner Anhänger, warf einen Blick in meine Richtung und bat die anderen, sich zu entfernen. Sie gingen zu einer kleinen Anhöhe innerhalb des Geländes, setzten sich und begannen zu meditieren. Er kam langsam und bedächtig näher, dabei richtete er den Blick zu Boden, als suche er etwas im Gras.
    Schließlich standen wir uns Auge in Auge gegenüber. Statt mich zu begrüßen, ließ er sich auf den Rasen nieder, nahm die Lotosstellung ein und strich sich über den Bart.
    »In dem Gewand, daß Sie anhaben, sehe ich keine Taschen«, begann ich. »Jedenfalls sind sie nicht groß genug, daß Sie eine beträchtliche Summe in bar einstecken könnten. Ich hoffe, das soll nicht bedeuten, daß Sie meinen Anruf nicht ernst genommen haben.«
    Er ignorierte mich und starrte in die Ferne. Ich schaute mir das ein paar Minuten lang an, dann machte ich ihm klar, daß mein Vorrat an Geduld allmählich verbraucht war.
    »Lassen Sie den Guru-Quatsch, Matthews. Zeit, endlich über geschäftliche Dinge zu reden.«
    Eine Fliege ließ sich auf seiner Stirn nieder und spazierte flink am Rand der kraterförmigen Narbe entlang. Es schien ihm nichts auszumachen.
    »Dann sagen Sie mir erst mal, um welches Geschäft es sich handelt«, erwiderte er.
    »Ich dachte, ich hätte mich schon am Telefon deutlich genug ausgedrückt.«
    Er pflückte ein Kleeblatt und zwirbelte es zwischen seinen langen Fingern.
    »In einigen Dingen zweifellos. Sie haben unter anderem gestanden, daß Sie in unseren Besitz eingedrungen sind, Bruder Baron niedergeschlagen haben und sich obendrein eines Einbruchs in die Gebäude und in mein Privatgemach schuldig gemacht haben. Unklar ist mir nach wie vor, worin die Grundlage für irgendwelche geschäftlichen Beziehungen zwischen Ihnen und mir besteht.«
    »Und dennoch sind Sie hier und hören mir zu.« Er lächelte.
    »Ich rühme mich, jeden, der das wünscht, unvoreingenommen anzuhören.«
    Ich drehte mich um, war bereit zum Gehen. »Ich habe zwei ziemlich unangenehme Tage hinter mir, Matthews,

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