Schlüsselspiele für drei Paare
Es war an einem sonnigen Tag des Jahres 1967, als eine Maschine der ›Air Argentinia‹ pünktlich nach Flugplan über den Flughafen München-Riem einschwebte, zur Landung ansetzte, über die Piste glitt, beidrehte und mit gedrosselten Motoren in einem weiten Bogen zurück zur Abfertigungshalle kam. Elektrogepäckwagen und die Gangway rollten heran; in den Wartehallen klang die helle Stimme der Bodenstewardess aus den Lautsprechern.
»Flug 168, Buenos Aires, Rio, Dakar, Casablanca, Paris, Köln, Frankfurt, München ist soeben gelandet. Flug 168 –«
Friedrich Volbert stand neben der Zollgepäckabfertigung und sah hinaus auf den in der Sonne sich silbern spiegelnden, riesigen Metallvogel. Nur wenige Reisende kamen an, die meisten waren in Paris und Frankfurt schon ausgestiegen, und so war es leicht, die ungefähr zehn Personen zu überblicken, die nun auf das Gebäude der Abfertigung zukamen.
»Das muß er sein«, sagte Volbert leise und trat näher an die große Glasscheibe heran. Er trug einen hellbeigen Anzug und einen flotten Trenchcoat mit Gürtel, obwohl der Sommer längst vorbei war und nur heute ein ausnahmsweise sonniger Herbsttag war.
Die Türen zum Flugfeld pendelten auf, die Elektrokarren mit dem Gepäck fuhren zur Zollrampe, die Reisenden stellten sich hintereinander auf, um das Zeremoniell der Zollkontrolle über sich ergehen zu lassen.
Volbert hob beide Hände und winkte. »Hallo!« rief er. »Herr Ostra! Willkommen in Deutschland!«
In der Reihe der Wartenden, die jetzt ihr Gepäck bezeichneten und beteuerten, nichts Verzollbares im Koffer zu haben, winkte ein Mann zurück. Er war groß – Volbert schätzte ihn auf 1,90 Meter –, breitschultrig und sah genauso aus, wie man sich einen erfolgreichen Geschäftsmann vorstellt, der in Südamerika sein Glück gemacht hat. Ein markantes, braungebranntes Gesicht, leicht gewellte, braune Haare, an den Schläfen silbrig glänzend, ein schmaler Mund, energisches Kinn, blaue, strahlende Augen, die aber auch eiskalt blicken konnten, und auf der linken Wange eine Narbe, die aussah wie eine Mensurverletzung aus seligen Korpsstudentenzeiten. Neben ihm stand eine elegante Dame im Leopardenmantel. Lange, schwarze glänzende Haare flossen über das Wildkatzenfell, und wer ein Gefühl für Frauen besitzt, wußte sofort, daß das Raubtierfell zu ihr paßte. Man brauchte nur ihre glühenden Augen anzusehen, das schmale, braune Gesicht mit einem Schuß Oliv darin, als sei einer ihrer Vorfahren ein Indianer aus den Urwäldern des Matto Grosso gewesen. Ihr schlanker, mittelgroßer Körper steckte in einem engen, dunkelorangen Kleid, und wenn der Mantel bei einer Bewegung aufsprang, drückten sich herrliche, hochangesetzte Brüste hervor. Sie lachte, als sie Volbert mit beiden Armen winken sah, hob die schlanke braune Hand und winkte zurück.
»Sieh an, dieser Ostra!« sagte Volbert zu sich. »Naja, er hatte ja Zeit genug im Flugzeug, mit ihr anzubändeln …« Er lächelte der schönen Frau zu, machte eine galante Verbeugung und wünschte sich, daß Ostra sich nicht gleich verabschiedete, sondern ihm die verführerische Dame vorstellte und ihm die Gelegenheit bot, ihre Hand zu küssen.
Die Koffer wurden aufgemacht, Wäsche wurde kurz angehoben, die geübten Finger der Zollbeamten tasteten herum. Weiter … der nächste …
Man durfte Deutschland betreten.
Mit großen Schritten kamen sich Volbert und Ostra entgegen. Sie hatten sich vorher noch nie gesehen, aber es war, als seien sie uralte Freunde. Mit beiden Händen begrüßten sie sich und strahlten sich an.
»Willkommen! Willkommen!« rief Volbert. »Genauso habe ich Sie mir vorgestellt. Wie man sich doch brieflich genau kennenlernen kann. Wie war der Flug?«
»Interessant. Danke.« Peter Ostra sah Volbert wie ein Bild an, das er kaufen will. »Ich habe Sie mir ähnlich vorgestellt … Ich gestehe, daß ich freudig überrascht bin. Zuerst dachte ich: Das ist ein typisch deutscher Fabrikdirektor. Ihr erster Brief war korrekt, steif und in Habtachtstellung, um einmal militärisch zu sprechen. Dann lockerte sich der Stil etwas … aber ich habe nicht erwartet, einen Menschen zu treffen, der einem vom ersten Blick an ein Freund sein kann.«
»Ihre Ehrlichkeit ist herrlich.« Volbert zog an seiner seidenen Krawatte. Die Dame im Leopardenfell wartete etwas abseits und lächelte ihm zu, als er hinüberblickte. »Ich bin überzeugt, daß wir uns – auch über das Geschäftliche hinaus – gut verstehen.« Er
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