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FOOD CRASH

FOOD CRASH

Titel: FOOD CRASH Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix zu Löwenstein
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Geschichten stecken als die eines dreijährigen Abenteuers.
    Und ich habe realisiert, dass ich selbst viel mehr Fragen als Antworten hatte. Dass ich noch viel zu wenig wusste von den Ursachenketten, die unsere Lebenssituation mit der von Menschen verbindet, von denen uns Welten trennen, in deren Städten wir aber nach einer Handvoll Flugstunden ankommen können. Wenn ich aber schon konfuse Vorstellungen von den Ursachen habe – das wurde schnell deutlich –, wie kann ich dann klare Vorstellungen von Lösungen entwickeln? Da halfen mir meine konkreten, aber doch räumlich und zeitlich eng begrenzten Erfahrungen in Haiti und später in Afrika nicht weiter.
    Mir hat einmal jemand von einem Pastor erzählt, der seiner Frau zu sagen pflegte: »Davon verstehen wir nichts, mein Schatz. Wir sollten einen Vortrag darüber halten.« Die Geschichte kannte ich damals noch nicht. Aber genauso habe ich’s gemacht: Material gesammelt, Zahlen erhoben und nachgerechnet, gescheite Leute gefragt, Vorträge gehalten. Und irgendwann hat dann jemand gesagt: »Darüber musst du ein Buch schreiben!«
    Davor habe ich mich lange gedrückt. Aber dass Sie, lieber Leser, diese Zeilen lesen, beweist, dass ich’s dann doch gemacht habe. Ich habe dieses Buch geschrieben, weil ich es wichtig finde, zu verstehen, wie es in der Welt da draußen, außerhalb unserer Wohlstandsinsel, aussieht. Ich finde es wichtig, zu verstehen, welche Ursachen dafür verantwortlich sind, dass jeder sechste Einwohner unseres Planeten Hunger leidet, dass er heute Abend mit den Schmerzen eines leeren Magens schlafen geht. Und ich will, dass Sie wissen: Wir müssen das nicht hinnehmen! Es gibt Lösungen. Wir können und müssen zuvor aber ein paar Bedingungen schaffen, damit Lösungen möglich werden. Wie das geht – und wie es nicht geht –, davon handelt dieses Buch: davon, wie wir einen Zusammenbruch des globalen Ernährungssystems verhindern können. Einen FOOD CRASH, wie er in einigen Weltgegenden schon geschehen ist. Und dass es dafür nur einen Weg gibt: Wir werden uns ökologisch ernähren – oder gar nicht mehr.

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    2.
    Welthunger, Welternährung
    Ein Gipfel ist ein ebenso herausgehobener wie spitzer Ort – einer, an dem sich allenfalls eine Handvoll Leute gleichzeitig aufhalten können, um von dort in die weite Ferne zu blicken. Bei politischen Gipfeln ist das anders. Da drängen sich Scharen von Menschen, und mit dem klaren Blick in die Ferne ist es nicht so gut bestellt. Die Metapher stimmt allenfalls in dem Punkt, dass die Teilnehmer eines »Gipfels« den Ebenen und ihrer Mühsal entrückt erscheinen.
    Im November 1996 war Rom für mehr als zehntausend Menschen aus 185 Nationen zum Gipfel geworden; man wollte sich dort auf Einladung der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen FAO [1] über die Ernährungssituation der Menschheit Gedanken machen. Zweiundzwanzig Jahre zuvor hatten die Gipfeldiplomaten eines ähnlichen Ereignisses jedem Mensch das unveräußerliche Recht auf ausreichende und ausgeglichene Nahrung zugeschrieben. [2] Sie waren damals von großem Vertrauen in das Potenzial des technischen Fortschritts beflügelt und hatten der Welt das Ziel gesetzt, Hunger, Ernährungsunsicherheit und Mangelernährung innerhalb einer Dekade zu überwinden. Doch daraus war nichts geworden. Das Heer der Unterernährten war seit Rom sogar auf 850 Millionen angewachsen. Vor diesem Hintergrund stellten sich die Experten die Frage, wie das nächste Ziel aussehen könnte und was zu seiner Erreichung ins Werk zu setzen sei.
    Einer, der den ersten Ernährungsgipfel eng begleitet hat, ist
Rudi Buntzel-Cano
vom Evangelischen Entwicklungsdienst ( EED ) – ein Veteran in der entwicklungspolitischen Arena und auch heute noch ein streitbarer Kämpfer für die Rechte der Bauern in den Ländern des Südens. Damals war er noch Doktorand an der Uni Heidelberg. Später hatte er eine Kommission für »Brot für die Welt« zu leiten, in der die Konsequenzen besprochen wurden, die sich aus den Ergebnissen des Gipfels für die Arbeit der Evangelischen Entwicklungszusammenarbeit ergeben sollten. Er erinnert sich an eine Stimmung, die auf den gemeinsamen Willen der Nationen setzte und von der gemeinsamen Hoffnung auf einen Aufbruch geprägt war: »Zu der Zeit hielten alle die Beseitigung des Hungers auf der Welt für machbar. Gerade hatte CIMMYT seinen Durchbruch mit dem Hybridmais erreicht und IRRI [3] mit dem Hybridreis, Norman Borlaug war

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