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Formbar. Begabt

Formbar. Begabt

Titel: Formbar. Begabt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juna Benett
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ich von meinem Training profitieren werde, sollte das überhaupt jemals der Fall sein. Außerdem ist die Kraft zwar unglaublich spannend, aber trotzdem weiß ich nicht, ob ich ihr zu einhundert Prozent vertrauen könnte. Es wäre ungünstig, wenn ein Flugexperiment in zehn Meter Höhe plötzlich schief ginge.
    Am Montagmorgen mache ich mich ausgesprochen gut gelaunt auf den Weg zur Schule, wo ich kurz vor Unterrichtsbeginn Viv vor dem Klassensaal treffe. Diese versetzt meiner Stimmung direkt mit ihrem ersten Satz einen empfindlichen Dämpfer: »Hi. Gutes Wochenende gehabt oder hast du auch wie eine Verrückte für die Englischarbeit gelernt?«
    Ich schaue sie aus großen Augen an.
    Oh nein. In meinem Kopf ist momentan neben Jan und meiner Kraft wenig Platz für anderes.
    Englischarbeit? Oh. Nicht gut.
    Viv wirft mir einen kritischen Blick zu. »Hast du's vergessen? Was machen wir jetzt?«
    Hilflos zucke ich mit den Schultern. »Keine Ahnung. Ich habe überhaupt nicht mehr daran gedacht. Vielleicht habe ich Glück und kriege ein paar Aufgaben hin.«
    »Hast du denn die Lektüre gelesen?«
    Betreten starre ich auf meine Schuhspitzen – ich trage meine Lieblingschucks, aber das wird mich auch nicht retten. »Kannst du mir schnell eine Zusammenfassung geben?«
    Viv will gerade den Mund öffnen, um mich zumindest halbwegs ins Bild zu setzen, als unser Englischlehrer zielstrebig auf uns zuläuft, im Arm einen Stapel Papier, der verdächtig nach meinem Untergang aussieht. Vivs bedauernde Blicke im Rücken betrete ich den Klassensaal.
    Scheinbar sieht man mir meine fehlende Vorbereitung an, denn ich werde gnadenlos alleine an einen Tisch in der letzten Reihe verbannt. Nachdem die Aufgaben verteilt wurden, werden noch diverse allgemeine Informationen gegeben, dann »dürfen« wir die Blätter umdrehen. Unsere Zeit läuft, und alle beginnen wild zu schreiben.
    Die erste Aufgabe besteht in der Übersetzung verschiedener Vokabeln, die wohl in dem Buch vorkamen. Na super. Während dieser Part für die anderen eine Art Eisbrecherfunktion übernimmt, gerate ich in Panik. Die letzte Englischarbeit war alles andere als glorreich, und ich könnte definitiv eine gute Note gebrauchen. Wie ich das allerdings schaffen soll, ist mir schleierhaft. Hoffnungsvoll werfe ich einen Blick auf die folgenden Nummern und stelle entsetzt fest, dass es sich nicht nur um inhaltliche Aspekte, sondern auch um deren Interpretation handelt. Ich bin verloren.
    Deprimiert lasse ich den Blick über die Köpfe meiner eifrig arbeitenden Mitschüler schweifen. Denise, die ganz vorne in der Nähe des Pultes sitzt, ist Klassenbeste in Englisch. Sie hat mit Sicherheit schon einiges zu Papier gebracht – so emsig, wie sie schreibt. Glücklicherweise achtet der Lehrer nicht auf mich. Kein Wunder. Bis auf einen Notizblock, den ausgeteilten Papierbogen und mein Mäppchen ist der Tisch leer. Genauso leer wie mein Kopf.
    Was wäre, wenn ich meine Gabe nutzen würde?
    Nein. Das ist nicht in Ordnung.
    Hätte denn jemand einen Nachteil davon, wenn ich eine bessere Note bekäme und mir mein Zeugnis nicht ruinieren würde?
    Das nicht. Aber alle anderen lösen die Aufgaben aus eigener Kraft.
    Ich ja auch. Nur dass meine Kraft einen etwas anderen Weg geht. Schließlich muss ich auch mit den Nachteilen und den Gefahren leben. Wäre es da so schlimm, nur ein einziges Mal einen Nutzen zu haben?
    Mein ganzes Leben hat sich in den vergangenen Wochen grundlegend geändert. Ist da ein kleiner Betrugsversuch wirklich so bedeutend?
    Ich überlege mir, was Jan dazu sagen würde. Im Prinzip ermuntert er mich zum Ausreizen meiner Fähigkeit. Andererseits ist er selbst ziemlich gut in der Schule. Würde er es nicht verurteilen, wenn er erführe, wie ich die Kraft genutzt habe? Muss er das überhaupt wissen?
    Natürlich. Keine weiteren Unterschlagungen. Mit dieser Geheimniskrämerei kann ich nicht umgehen. Ich könnte es als weiteren Test sehen, mit dem ich prüfe, zu welchen Handlungen ich fähig bin. Gut möglich, dass es gar nicht funktioniert.
    Ich werde es probieren.
    Wie komme ich an die richtigen Vokabeln für Aufgabe 1 sowie an die entsprechenden Antworten für die restlichen Fragen?
    Ich könnte den Lehrer ablenken oder aus dem Zimmer schicken. Aber was dann? Aufstehen und total auffällig zum Tisch eines Klassenkameraden wandern und dessen Ergebnisse abschreiben? Ich glaube kaum, dass ich mir damit Freunde machen würde. Zudem würden alle anderen Schüler diese Gelegenheit

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