Fortune de France: Roman (German Edition)
noch der Junker von Sauveterre waren darauf bedacht, ihre Herkunft zu verbergen, empfanden sie doch das geringe Alter ihrer Adelstitel keineswegs als Schande. Diese Offenheit zeigte deutlich, daß sie sich ihres Wertes wohl bewußt waren. Zudem waren beide von großer Gewandtheit in ihrer Rede, dabei ohne jede Hochmütigkeit noch Aufdringlichkeit, aber dennoch wirkend wie Männer, welche man besser nicht mit Verachtung behandelt.
Die Bewohner des Périgord genießen den Ruf der Liebenswürdigkeit, und so wurden die beiden Hauptleute überall mit Freundlichkeit empfangen, jedoch nirgends herzlicher als von François de Caumont, Seigneur de Castelnau et des Milandes, und seinen Brüdern.
Die prachtvolle Burg Castelnau, errichtet von seinem Großvater François de Castelnau, war noch keine fünfzig Jahre alt, und ihre Mauern erstrahlten in jenem für den perigurdinischen Stein charakteristischen Ockerton, welcher in der Sonne so freundlich wirkt. Wehrhaft hingebaut auf einen Felsen hoch über den Windungen des Dordogne-Flusses, flankiert von einem dicken Rundturm, erschien sie unseren beiden Hauptleuten gänzlich uneinnehmbar, außer vielleicht mit zahlreichem Feldgeschütz, welches jedoch den Nachteil hätte, von unten nach oben feuern zu müssen. Als sie über die Zugbrücke ritten, bemerkten sie im übrigen zwei Maueröffnungen, mit Feldschlangen bestückt, welche mögliche Angreifer ins Kreuzfeuer nehmen und diesen gewaltig hätten zusetzen können.
Und so ergingen sich die beiden Besucher denn auch gleich in langen Lobreden über diese gar neue, gar prachtvolle und überaus stark befestigte Burg, welche einen gar weiten Blick über die Dordogne-Ebene bot. Nach dieser Eröffnung, welche entsprechend der Wesensart meines Vaters nicht zu kurz ausfiel, wurde das Lob auf das artigste erwidert, denn François de Caumont hatte Kunde eingeholt über seine Gäste und pries nun seinerseits die außergewöhnliche Tapferkeit, welche sie im Dienste des Königs an den Tag gelegt. Dies alles dürfte wohl in jener geschraubten Redeweise vorgebracht worden sein, welche von unseren Vätern hochgeschätzt ward und deren sich gewisse Leute noch heutigentags bedienen, wohingegen ich sie als sehr umständlich empfinde und ihr die einfache und klare Rede des Bauersmannes vorziehe.
François de Caumont (mit dessen Bruder Geoffroy ich später in höchst blutige Ereignisse verwickelt wurde, daraus wir nur wie durch ein Wunder entkamen) war von kleinem Wuchs, doch breit in den Schultern, mit einer tiefen Stimme sowie glänzenden, aufmerksamen Augen. Mit fünfundzwanzig Jahren besaß er bereits die Weisheit des Alters, pflegte alles und jedes genau abzuwägen und nichts zu überstürzen.
Als dann die gegenseitigen Lobreden geendet, stellte Françoisde Caumont seinen beiden Besuchern, in denen er Anhänger – gleich ihm – des »neuen Glaubens« zu erkennen meinte, sehr geschickte Fragen, und wiewohl ihm auf höchst vorsichtige Weise Antwort gegeben wurde, ersah er, daß er sich nicht täuschte. Und begriff sehr wohl, wie sehr Leute solchen Schlages die Reihen seines Lagers zu stärken vermöchten und es folglich angebracht wäre, ihnen bei ihrer Niederlassung alle Hilfe angedeihen zu lassen.
»Meine Herren«, sprach er also, »der Zufall ist Euch günstig, denn über acht Tage wird zu Sarlat die Baronie von Mespech versteigert, zu welcher, wiewohl sie seit dem Tode des letzten Herren so gut wie brachliegen, fruchtbare Äcker gehören, fette Wiesen sowie prächtige Kastanienwälder. Baron von Fontenac, dessen Güter Mespech benachbart sind, würde es gern billig kaufen, um solcherart seinen Besitz zu vergrößern, und so hat er alles ins Werk gesetzt, um den Verkauf zu verzögern; er hofft, daß Mespech mit der Zeit immer mehr verfällt, so daß sich schließlich kein Käufer mehr finden möchte. Doch im Interesse der Erben ist man nun in Sarlat entschlossen, die Machenschaften Fontenacs zu durchkreuzen, und hat die Versteigerung endgültig auf die Mittagsstunde des kommenden Montags festgesetzt.«
»Monsieur de Caumont«, hub da Jean de Sauveterre an, »zählt Baron de Fontenac zu Euren Freunden?«
»Keineswegs«, erwiderte Caumont gesenkten Blickes. »Kei ner ist hier Fontenacs Freund, und auch er ist niemandes Freund.«
Mehr sagte er nicht, woraus Sauveterre mutmaßte, daß es dazu viel zu erzählen gäbe, Caumont aber lieber schweigen wolle. Auch Siorac hätte dies wohl bemerkt, wäre nicht in diesem Augenblick eine liebreizende
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