Fossil
wieder leben will, einfach weil so etwas möglich ist.
Und dann tritt ein großer Mann aus der Schwärze zwischen den Feuerwerksschweifen, und sein Gesicht kennt sie, daran wird sie sich erinnern, bis das Universum sich selbst vergisst. «Ich werde dich umbringen müssen», sagt sie ihm, oder hat sie es vielleicht schon getan, sein Gesicht ausradiert, als sie zu anderer Zeit abgedrückt hat. «Oh, das wusste ich», sagt der Mann.
«Sie wollten jemandem etwas antun.» Chance überlegt, wer das gewesen sein mag, wem der große Mann wehtun wollte, warum sie ihn wird töten müssen, dann erscheint das aber nicht mehr wichtig.
«Engel und Teufel», sagt er und lächelt ihr zu, nicht unfreundlich, aber trotzdem auch schrecklich, ein solches Lächeln. «Monster und Geister und Götter», und er zeigt ihr seine Handfläche, sodass sie das darin eingebrannte Zeichen erkennen kann. Die Figur, die nicht sein kann, ohne den Weltraum zu erschüttern, sieben perfekt gleich lange Seiten, sieben gleiche Winkel, und das Dunkel, das den Mann umgibt, scheint zu flattern und flimmern.
«Ist es nicht wundervoll, das zu wissen?», fragt er sie. «Selbst wenn du es in einer Sekunde wieder vergessen haben wirst, war es das dann nicht dennoch wert?»
«Ich bin halb krank von den Schattenbildern», sagt sie, weil es das Einzige ist, was sie noch im Kopf hat, ein Zitat aus Elise’ Abschiedsbrief, Schul-Tennyson und eine Frau, die über das Wasser auf sie zugleitet.
«Sind wir das nicht alle?», fragt er, und das Dunkel, das ihn umgibt, flackert noch einmal, eine rückwärtsspringende Supernova, die Nacht öffnet ihre Augen, und Chance nickt.
«Du kennst den Weg, Chance Matthews. Du bist der Weg, beim Teufel.» Der Mann lacht wie ein Hund, und entweder weiß sie es jetzt, oder sie wird es eines Tages herausfinden, dass das Licht aus ihm herausstürzt und in ihn hinein.
«Die Zeit ist deine Kathedrale. Du weißt, dass die Gegenwart nur eine hübsche Illusion des menschlichen Geistes ist. Und bestimmt auch, dass nichts jemals wirklich verschwindet, nicht vollständig jedenfalls.»
Die Uhr tickt, Welten drehen sich, und Schlick sinkt auf den schlammigen Boden der Meere außerhalb der Zeit, wo Trilobiten auf federleichten Gliederbeinchen umherlaufen, und sie sieht die Tarotkarte in seiner Hand und öffnet sich…
… Chance liegt auf dem Rücken und starrt nach oben zu den Regentropfen, die auf sie herunterstürzen, aus dem Himmel gejagt, und die nun zur durchweichten Erde herniederfallen.
«‹Hinunter, hinunter, hinunter›», sagt sie und zitiert dem Regen freundschaftlich Lewis Carroll. «‹Wird der Fall denn nie enden? Ich frage mich, wie viele Meilen ich jetzt wohl gefallen bin… ›»
«Willst du sie etwa einfach hier draußen lassen?», fragt Elise, aber da zieht Deacon Chance schon auf die Füße. Sie zittert und lehnt sich gegen ihn, stiehlt ihm seine Wärme, küsst sein stoppeliges Kinn, die gebogene Nase. «Komm schon, kleines Mädchen», sagt er, «beweg dich.» Er hat einen Arm um sie gelegt, während sie den niedrigen quadratischen Gang betreten, der zum Tunnel führt. «Jetzt heißt es mutig in die stygischen Gedärme dieser Welt vorzudringen.»
Chance lacht, aber es war etwas Seltsames und Trauriges an diesem Regen, woran sie sich nicht richtig erinnern kann, und sie fängt nicht wieder an zu kichern. Stattdessen hört sie damit auf, bleibt stehen und packt Deacons Arm. «Nein», sagt sie und versucht, durch die Nebelschwaden von Gras in ihrem Kopf einen klaren Gedanken zu fassen. «Ich will nicht mehr, Deke. Ich will das alles nicht noch einmal machen.»
«Es war doch deine beschissene Idee, verdammt», sagt Elise und macht einen Schritt ins schwärzere Dunkel, wo der Tunnel beginnt und die beiden riesigen Rohre unter dem Berg verschwinden.
«Ich glaube, ich habe es mir anders überlegt», sagt sie. «Mir ist kalt, und mir wird bestimmt gleich schlecht.»
«Sieh mal dahin», sagt Deacon und zeigt auf die Eisenkette, die auf dem Boden des Blockhauses eingerollt liegt wie eine Schlange. «Wir haben bereits ein Verbrechen für dich begangen. Das hier fällt nämlich schon unter Hausfriedensbruch, weißt du? Und da willst du einen Rückzieher machen? Du hast doch nur Angst.»
«Ja», sagt sie und zieht ihn fest am Arm, zieht ihn vielleicht ein paar Zentimeter zum Eingang. «Du hast recht, Deacon, ich habe Angst. Ich habe richtige Scheißangst, okay?»
«Hey, ist ja gut, nur eine Minute.» Er schaut sie an,
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