Foundation 01: Meine Freunde, die Roboter
Schritt,
wich Herbie zurück, während Susan Calvin ihm folgte. Die
beiden Männer beobachteten die Szene bewegungslos, als
wären sie erstarrt.
»Du kannst es nicht sagen«, fuhr die Psychologin fort,
»weil sie das verletzen würde, und du darfst sie nicht
verletzen. Aber sagst du’s nicht, so verletzest du sie
ebenfalls, und daher mußt du’s sagen. Tust du das aber, so
verletzest du, und das darfst du nicht, und so kannst du’s nicht
sagen. Aber sagst du’s nicht, so verletzest du, und daher
mußt du’s sagen. Tust du das aber, so verletzest du, und
das darfst du nicht. Sagst du’s aber nicht, so verletzest du
und…«
Herbie war nun bis zur Wand zurückgewichen. Er sank in die
Knie. »Hören Sie auf!« schrie er.
»Verschließen Sie vor mir Ihre Gedanken. Sie sind voll
Schmerz und Enttäuschung und Haß. Ich hatte keine
bösen Absichten. Ich versuchte zu helfen. Ich habe Ihnen nur das
gesagt, was Sie hören wollten. Das mußte ich
tun.«
Die Psychologin achtete nicht auf ihn. »Du mußt es
ihnen sagen, aber tust du das, so verletzest du sie, und so darfst du
es nicht tun. Tust du’s aber nicht, so verletzest du ebenfalls,
und so mußt du’s sagen. Aber…«
Und Herbie brüllte.
Es war wie der Ton einer Pikkoloflöte, nur vielfach
verstärkt. Der Ton wurde schriller und schriller, bis er sich
überschlug. In ihm lag der ganze Schrecken einer verlorenen
Seele, und er erfüllte den Raum und die Menschen bis in die
tiefsten Tiefen.
Gleichzeitig mit dem Ersterben des Tones brach Herbie in sich
selbst zusammen und wurde zu einem Haufen bewegungslosen Metalls.
Bogerts Gesicht war blutleer geworden. »Er ist tot.«
»Nein!« Susan Calvins Körper wurde von einem wilden
Gelächter geschüttelt. »Nicht tot, sondern lediglich
wahnsinnig. Ich konfrontierte ihn mit einem unlösbaren Dilemma,
und so brach er zusammen. Nun könnt ihr ihn auseinandernehmen,
denn er wird niemals wieder sprechen.«
Lanning war neben dem Ding, das einstmals Herbie war,
niedergekniet. Seine Finger berührten das kalte, gefühllose
Metallgesicht, und er schauderte. »Sie haben das absichtlich
getan.« Er stand auf und trat ihr mit verzerrtem Gesicht
gegenüber.
»Und wenn? Jetzt können Sie bestimmt nichts mehr daran
ändern.« Und in einem plötzlichen Anflug von
Bitterkeit: »Er hat’s verdient.«
Der Direktor packte den gelähmten, bewegungslosen Bogert am
Handgelenk. »Mir kann’s ja gleich sein. Kommen Sie,
Peter!« Er seufzte. »Ein denkender Robot dieser Sorte ist
ja ohnedies wertlos.« Seine Augen waren alt und müde, und
er wiederholte: »Kommen Sie, Peter!«
Nachdem die beiden Wissenschaftler den Raum verlassen hatten,
dauerte es noch Minuten, bis Dr. Susan Calvin ihr Gleichgewicht
wiederfand. Langsam wandten sich ihre Augen dem lebend toten Herbie
zu, und allmählich bekamen ihre Züge die alte Straffheit
wieder. Lang starrte sie ihn an, während das Gefühl des
Triumphs von ihr wich und hilflose Enttäuschung sich ihrer
wieder bemächtigte. Aus all ihren wirren Gedanken und
Empfindungen aber bahnte sich nur ein einziges bitteres Wort den Weg
über ihre Lippen: »Lügner!«
Damit war natürlich für den Augenblick ihre
Erzählung beendet. Ich wußte, daß ich danach nichts
mehr aus ihr herausbekommen würde. Sie saß regungslos
hinter ihrem Schreibtisch – regungslos und kalt, mit
weißem Gesicht – und versunken in Erinnerungen.
Ich sagte: »Ich danke Ihnen, Dr. Calvin«, aber sie gab
keine Antwort. Es dauerte zwei volle Tage, ehe es mir gelang, sie
wiederzusehen.
Kleiner verlorener Robot
Das nächstemal begegnete ich ihr an der Tür zu ihrem
Büro. Akten wurden herausgetragen.
Sie fragte: »Was macht Ihre Artikelserie, junger
Mann?«
»Geht gut«, sagte ich. Ich hatte das von ihr erhaltene
Material in eine Form gebracht, die meinem Geschmack entsprach, hatte
ihre Erzählung so gut es ging dramatisiert, Dialoge
eingefügt und kleine, besondere Lichter aufgesetzt.
»Würden Sie so freundlich sein, das, was ich geschrieben
habe, durchzusehen und mir zu sagen, ob ich irgendwo zu weit gegangen
bin oder gewisse Dinge nicht genau genug dargestellt habe?«
»Warum nicht? Sollen wir uns ins Direktionskasino setzen? Wir
können dort einen Kaffee trinken.«
Sie schien guter Laune, und so versuchte ich mein Glück,
während wir den Gang hinuntergingen. »Ich frage mich, Dr.
Calvin, ob nicht…«
»Was?«
»Ob Sie mir nicht einiges über die Geschichte der
Robotik erzählen könnten.«
»Aber Sie haben
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