Foundation 01: Meine Freunde, die Roboter
Luft. Das kleine Mädchen widersprach. »Schon wieder? Ich habe dir doch die Geschichte von Aschenbrödel schon fast hundertmal erzählt. Hast du sie denn noch nicht satt? Eigentlich ist das doch eine Geschichte für Babies.«
Wieder beschrieb er einen Halbkreis.
»Also meinetwegen.« Gloria setzte sich zurecht. Ihre Gedanken konzentrierten sich auf die Einzelheiten der Erzählung (sowie auf ihre eigenen Ausschmückungen, die sie je nach Lust und Laune hinzufügte) und begann:
»Bist du bereit? Also – es war einmal ein wunderschönes Mädchen, und das hieß Ella. Es hatte eine schrecklich grausame Stiefmutter und zwei sehr häßliche und sehr grausame Stiefschwestern und…«
Gloria war im Begriff, den Höhepunkt der Geschichte zu erzählen. Es schlug sozusagen Mitternacht, und alles verwandelte sich zurück in die ursprüngliche Häßlichkeit. Angespannt und mit brennenden Augen hörte Robbie zu. Da kam die jähe Unterbrechung.
»Gloria!«
Es war der hohe Ton einer weiblichen Stimme, die nicht nur einmal gerufen hatte, sondern bereits verschiedene Male. Beigemischt war der Klang von Ängstlichkeit, die allmählich die Oberhand über die Ungeduld gewann.
»Mama ruft mich«, sagte Gloria nicht sehr glücklich. »Ich glaube, du trägst mich lieber zurück zum Haus, Robbie.«
Robbie gehorchte voll Eifer. Denn etwas wie ein künstlicher Instinkt, den er in sich trug, sagte ihm, daß es gut wäre, Mrs. Weston zu gehorchen, und zwar ohne Zögern. Glorias Vater war außer an Sonntagen fast nie zu Hause. Aber heute war Sonntag. Mr. Weston war ein freundlicher und verständnisvoller Mann. Glorias Mutter aber war für Robbie eine dauernde Quelle der Unruhe, und immer spürte er den Drang, sich aus ihrer Nähe fortzustehlen.
Mrs. Weston erblickte die beiden in dem Augenblick, als sie sich aus dem hohen Gras erhoben, und ging zurück ins Haus, um auf sie zu warten.
»Ich habe mich heiser geschrien, Gloria«, sagte sie streng. »Wo warst du?«
»Ich war mit Robbie«, sagte Gloria verstört. »Ich habe ihm die Geschichte vom Aschenbrödel erzählt und ganz vergessen, daß es schon Zeit ist zum Mittagessen.«
»Traurig genug, daß auch Robbie es vergessen hat.« Dann, als erinnerten sie erst ihre eigenen Worte an die Gegenwart des Robot, wandte sie sich rasch nach diesem um. »Du kannst gehen, Robbie. Sie braucht dich jetzt nicht.« Und dann brutal: »Und komm nicht zurück, bevor ich dich rufe!«
Robbie wandte sich zum Gehen, zögerte aber, als Gloria ihn zu verteidigen begann. »Warte, Mama, du mußt ihn hierbleiben lassen. Ich habe ihm die Geschichte noch nicht fertig erzählt. Ich habe sie ihm versprochen und muß sie beenden.«
»Gloria!«
»Wirklich wahr, Mama. Er wird so ruhig sein, daß du noch nicht einmal merkst, daß er da ist. Er kann sich auf den Stuhl in der Ecke setzen und wird kein Wort sagen – ich meine, er wird nichts tun. Ja, Robbie?«
Robbie bewegte seinen massiven Kopf einmal aufwärts und abwärts.
»Gloria, wenn du diesen Unsinn nicht sofort sein läßt, dann darfst du Robbie eine ganze Woche lang nicht sehn.«
Die Augen des Mädchens senkten sich. »Gut also! Aber Aschenbrödel ist seine Lieblingsgeschichte, und ich habe sie nicht zu Ende erzählt. Und er hat sie doch so gerne.«
Mit traurigen Schritten verschwand der Robot, während Gloria ein Schluchzen unterdrückte.
George Weston fühlte sich so recht gemütlich. Es war seine Gewohnheit, es sich an Sonntagnachmittagen bequem zu machen. Er hatte sich ein gutes Mittagessen einverleibt, lag ausgestreckt auf einem weichen, breiten Sofa, hielt die Times in der Hand, trug Pantoffeln an den Füßen und hatte das Hemd ausgezogen. Unter diesen Umständen mußte sich einer doch gemütlich fühlen. Er war daher nicht gerade erfreut, als seine Frau hereinkam. Selbst nach zehnjähriger Ehe war er noch so unaussprechlich närrisch, sie zu lieben, und natürlich war er immer froh, wenn sie zu ihm kam. Dennoch waren ihm die Sonntagnachmittage unmittelbar nach dem Mittagessen heilig, und seine Vorstellung von richtiger Gemütlichkeit bestand darin, daß man ihn für zwei oder drei Stunden völlig in Ruhe ließ. Daher heftete er seine Augen fest auf die letzten Berichte über die Lefebre-Yoshida-Expedition nach dem Mars (diese sollte von der Mondbasis abfliegen und mochte daher ohne Zweifel Erfolg haben) und tat so, als bemerke er die Anwesenheit seiner Frau nicht.
Mrs. Weston wartete zwei Minuten lang geduldig, dann zwei weitere ungeduldig
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