Foundation 02: Die Stahlhöhlen
wirst du diesen schrecklichen Roboter los. Geh einfach zu
Enderby und sag ihm, daß du genug hast!«
»Ich kann doch nicht mitten in einem wichtigen Fall
aufgeben«, sagte Baley kühl. »Ich kann nicht einfach
das Ganze in den Abfall werfen, wenn mir danach ist. So etwas
führt zur Degradierung.«
»Na, wenn schon. Du kannst dich wieder hinaufarbeiten. Du
kannst es, Lije. Es gibt ein Dutzend Möglichkeiten für dich
als Beamten.«
»Die Behörden nehmen keine Männer, die degradiert
worden sind. Ich könnte dann höchstens noch körperlich
arbeiten, und du auch. Bentley würde jeglichen ererbten Status
verlieren. Um Himmels willen, Jessie, du weißt ja gar nicht,
wie das ist.«
»Ich habe davon gelesen und habe keine Angst davor«,
murmelte sie.
»Du bist verrückt, einfach verrückt.« Baley
spürte, wie er zu zittern anfing. Vor seinem geistigen Auge
tauchte das Bild seines Vaters auf. Sein Vater, wie er dem Tod
entgegensiechte.
Jessie seufzte tief.
Baleys Gedanken wandten sich von ihr ab. In seiner Verzweiflung
befaßten sie sich wieder mit dem Schema, das er in sich
aufgebaut hatte.
Mit angespannter Stimme sagte er: »Jessie, du mußt es
mir sagen. Wie hast du herausgefunden, daß Daneel ein Roboter
ist? Wie kamst du darauf?«
»Nun…«, fing sie an und stockte. Das war das dritte
Mal, daß sie zu einer Erklärung angesetzt und es dann doch
nicht geschafft hatte.
Er preßte ihre Hand mit der seinen, als könne er sie
damit zum Sprechen bringen. »Bitte, Jessie, was macht dir solche
Angst?«
»Ich habe einfach geraten, daß er ein Roboter ist,
Lije«, sagte sie.
Er schüttelte den Kopf, obwohl sie das in der Finsternis
nicht sehen konnte. »Es gab nichts, was dich dazu hätte
veranlassen können, Jessie. Du hast doch, bevor du weggegangen
bist, nicht gedacht, daß er ein Roboter sei –
oder?«
»N-nein. Aber ich fing an, mir Gedanken zu
machen…«
»Komm schon, Jessie! Was war es?«
»Nun… Schau mal, Lije. Meine Freundinnen im Personal
haben geredet. Du weißt, die reden über alles.«
Frauen! dachte Baley.
»Jedenfalls«, sagte Jessie, »das Gerücht ist
in der ganzen Stadt verbreitet. Das muß so sein.«
»In der ganzen Stadt?« Baley empfand eine Regung wilden
Triumphs – oder beinahe so etwas. Wieder ein Stück in
seinem Puzzlespiel!
»So klang es wenigstens. Die sagten, es ginge die Rede,
daß ein Spacer-Roboter in der Stadt unterwegs sei. Er soll wie
ein Mensch aussehen und mit der Polizei zusammenarbeiten. Mich haben sie danach gefragt. Sie lachten und sagten:
›Weiß dein Lije etwas darüber, Jessie?‹ Und ich
lachte und sagte: ›Seid nicht albern!‹ Dann gingen wir ins
Subäther-Kino, und ich dachte über deinen neuen Partner
nach. Erinnerst du dich an die Bilder, die du nach Hause gebracht
hast, die, die Julius Enderby in Spacetown gemacht hat, um mir zu
zeigen, wie Spacer aussehen? Nun, und ich dachte plötzlich,
daß dein Partner ganz genauso aussieht. Es kam mir einfach in
den Sinn, daß er so aussieht. Und ich sagte mir, o mein Gott,
jemand muß ihn in dem Schuhgeschäft erkannt haben, und er
ist mit Lije zusammen, und da sagte ich, ich hätte
Kopfschmerzen, und rannte weg…«
Baley unterbrach sie. »Jetzt hör auf, Jessie, hör
auf! Reiß dich zusammen! Warum hast du Angst? Vor Daneel hast
du keine Angst. Du hast dir nichts gedacht, als er mit mir nach Hause
kam. Also…«
Er hörte auf zu sprechen, richtete sich im Bett auf, und
seine geweiteten Augen starrten in die Dunkelheit.
Er spürte, wie seine Frau sich an ihn drückte. Seine
Hand zuckte hoch und fand ihre Lippen und drückte dagegen. Sie
kämpfte gegen seinen Griff an, ihre Hände tasteten nach
seinem Handgelenk, versuchten es wegzuziehen; aber er drückte
nur noch kräftiger.
Und dann ließ er sie plötzlich los. Sie wimmerte.
»Tut mir leid, Jessie«, sagte er mit belegter Stimme.
»Ich wollte lauschen.«
Er stieg aus dem Bett und zog sich warmen Plastofilm über die
Fußsohlen.
»Lije, wo gehst du hin? Laß mich nicht
allein!«
»Schon gut. Ich gehe nur zur Tür.«
Der Plastofilm erzeugte ein weiches, schlurfendes Geräusch,
als er um das Bett herumging. Er öffnete die Tür zum
Wohnzimmer einen Spalt und wartete. Nichts geschah. Es war so still,
daß er das dünne Pfeifen von Jessies Atem vom Bett her
hören konnte. Und das Pochen des Blutes in seinen Ohren
hörte er auch.
Baleys Hand kroch durch den Türspalt, tastete nach der
Stelle, die er auch ohne Licht finden konnte. Seine Finger
Weitere Kostenlose Bücher