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Die schärfsten Gerichte der tatarischen Küche

Die schärfsten Gerichte der tatarischen Küche

Titel: Die schärfsten Gerichte der tatarischen Küche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alina Bronsky
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    Die Stricknadel
    Als meine Tochter Sulfia mir sagte, sie sei schwanger, wisse aber nicht, von wem, habe ich verstärkt auf meine Haltung geachtet. Ich hielt meinen Rücken sehr gerade und die Hände würdevoll im Schoß gefaltet.
    Sulfia saß auf einem Küchenhocker. Ihre Schultern waren hässlich hochgezogen und die Augen rot, weil sie die Tränen nicht einfach laufen ließ, sondern mit dem Handrücken im Gesicht verrieb. Und das, obwohl ich sie von klein auf gelehrt hatte, wie man weint, ohne hässlich zu werden, und wie man lächelt, ohne zu viel zu versprechen.
    Aber Sulfia war nicht begabt. Ich muss sogar sagen, sie war ziemlich dumm. Dabei war sie meine Tochter, schlimmer noch, sie war meine einzige Tochter. Aber als ich sie so ansah, wie sie mit krummem Rücken und laufender Nase auf dem Sitz hockte wie ein Wellensittich auf der Stange, da hatte ich gemischte Gefühle. Am liebsten hätte ich sie angeschrien: »Halt den Rücken gerade! Schnief nicht! Guck nicht so blöd! Versuch doch mal, nicht zu schielen!«
    Aber sie tat mir auch leid. Sie war ja irgendwie doch meine Tochter. Eine andere habe ich nicht bekommen, auch keinen Sohn, denn mein Leib war seit vielen Jahren innen hohl und unfruchtbar wie der Sand in der Wüste. Und diese Tochter, die ich bekommen hatte, war verunstaltet und passte nicht so recht zu mir. Sie war klein und ging mir bis zur Schulter. Sie hatte überhaupt keine Figur und kleine Augen und einen schiefen Mund. Dumm war sie, wie gesagt, auch. Sie war schon siebzehn Jahre alt, und es bestand keine Hoffnung, dass sie noch mal klüger werden würde.
    Ich hoffte nur noch darauf, dass ihre Dummheit irgendeinen Mann derart anzog, dass er ihre krummen Beine so lange übersah, bis er vor dem Standesbeamten stand.
    Bis jetzt hatte sich diese Hoffnung nicht erfüllt. Sulfia hatte zwar zwei Freundinnen in unserem Wohnblock, aber mit einem Jungen hatte sie wohl das letzte Mal vor zehn Jahren gesprochen, irgendwann nach der Einschulung. Dann briet ich aber eines Tages Fisch in Öl (es war das Jahr 1978, und aus einem Großlabor in unserer Stadt waren gerade Milzbranderreger entwichen), und Sulfia hielt sich die Hand vor die Nase und übergab sich viermal auf der Toilette.
    Das fiel sogar dieser Hexe Klavdia auf, die in unserer kommunalen Wohnung ein Zimmer hatte. Klavdia arbeitete in einer Entbindungsklinik, sie behauptete, als Hebamme, aber ich glaubte es ihr nicht. Sie war dort höchstens Putzfrau. Wir waren zwei Parteien in dieser Wohnung: zwei Zimmer für unsere Familie, eins für Klavdia, Bad und Küche zur gemeinsamen Nutzung, ein schöner Altbau und sehr zentral.
    Und als Sulfia dann auf dem Küchenhocker saß, von mir befragt wurde und mir sagte, ihre plötzliche Schwangerschaftkönne höchstens davon kommen, dass sie von einem Mann in der Nacht geträumt habe, da glaubte ich ihr sofort. Ein echter Mann würde sich Sulfia auch niemals nähern, außer er wäre sehschwach oder pervers. Die Straßen waren voll von hübschen Mädchen in kurzen Röcken.
    Ich blickte Sulfia streng und sorgenvoll an, aber sie sah nur auf ihre kleinen Füße. Ich wusste, dass solche Fälle vorkamen. Eine Jungfrau träumte, und neun Monate später brachte sie ein Kind zur Welt. Ich kannte sogar einen noch schlimmeren Fall, meine Cousine Rafaella: Sie hatte ihre einzige Tochter in der Blüte einer großen, exotischen Zimmerpflanze unbekannter Art gefunden, deren Kern sie aus dem Süden mitgebracht hatte. Ich konnte mich noch genau daran erinnern, wie ratlos sie damals gewesen war.
    Ich sah meine Tochter an und überlegte, was ich jetzt noch für ihre Zukunft und meinen Ruf tun konnte. Ideen hatte ich schon.
    Ich ging in die Apotheke und kaufte Senfpulver. Dann schrubbte ich die Badewanne blitzblank sauber und füllte sie mit sehr heißem Wasser. Wir hatten Glück, dass wir gerade heißes Wasser in den Leitungen hatten, denn in den Wochen davor war es immer wieder abgeschaltet worden.
    Ich ließ das Pulver einrieseln und verrührte es mit dem abgebrochenen Stiel einer Schneeschippe. Ich hatte ihn im vergangenen Winter auf der Straße gefunden und mitgenommen, weil er noch gut und robust aussah, und siehe da, schon hatte ich Verwendung für ihn.
    Ich rührte, und Sulfia stand daneben, sah zu und zitterte.
    »Zieh dich aus«, sagte ich.
    Sie stieg hastig aus ihrem Kleid und aus der weißen Unterhose und sah mich an. Man musste ihr immer alles mehrmals erklären.
    »Steig ein«, sagte ich.
    Sie hob vorsichtig eines

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