Foundation 02: Die Stahlhöhlen
wachsendes Chaos auf den Streifen, einen der
gefürchteten Kettenunfälle, an deren Ende meist Dutzende
mit gebrochenen Gliedmaßen in die Krankenhäuser
wanderten.
Aber R. Daneels Arm stützte ihn. Er spürte, wie er mit
mehr als bloßer Menschenkraft hochgehoben wurde.
»Danke!« keuchte Baley. Und für mehr war keine
Zeit.
Jetzt ging es die Langsamer-Streifen hinunter, in einem
komplizierten Muster, das genauso abgezirkelt war, daß seine
Füße die V-förmigen Elemente eines Expreßways
am exakten Kreuzungspunkt trafen. Ohne aus dem Rhythmus zu geraten,
beschleunigte er jetzt wieder, und dann ging es wieder hinauf, quer
über einen Expreßway.
»Ist er noch immer hinter uns, Daneel?«
»Niemand zu sehen, Elijah.«
»Gut. Sie wären vielleicht ein Streifenläufer
geworden, Daneel! – He! Los jetzt, los!«
Wieder herunter in den nächsten Localway und die Streifen
hinab, zu einer Tür, groß und irgendwie amtlich aussehend.
Ein Wächter erhob sich.
Baley zeigte seinen Ausweis. »Dienstlicher Einsatz.«
Und schon waren sie drin.
»Kraftwerk«, sagte Baley knapp. »Jetzt endet unsere
Spur.«
Er war schon früher in Kraftwerken gewesen, auch in dem hier.
Doch die Vertrautheit konnte sein Gefühl des Unbehagens nicht
verringern. Und der quälende Gedanke, daß sein Vater
einmal eine hohe Position in der Hierarchie eines solchen Werkes
eingenommen hatte, verstärkte diese Empfindung noch; das war
natürlich vor…
Das Dröhnen der riesigen Generatoren umgab sie, und er roch
den scharfen Duft von Ozon und nahm die stumme Drohung der roten
Linien wahr, die die Grenzen markierten, die keiner ohne
Schutzkleidung überschreiten durfte.
Irgendwo in der Anlage (Baley hatte keine Ahnung, wo genau) wurde
pro Tag ein Pfund spaltbaren Materials verzehrt. Die radioaktiven
Abfallprodukte, die sogenannte ›heiße Asche‹, wurde
in regelmäßigen Abständen pneumatisch durch Bleirohre
in ferne Kavernen gepreßt, irgendwo draußen im Ozean,
zehn Meilen vor der Küste und eine halbe Meile unter dem
Meeresboden. Baley fragte sich manchmal, was geschehen würde,
wenn diese Kavernen einmal voll waren.
Er meinte, zu R. Daneel gewandt, mit plötzlich barsch
klingender Stimme: »Bleiben Sie von den roten Streifen
weg!« Dann dachte er nach und fügte mit etwas
dümmlicher Miene hinzu: »Aber Sie stört das ja
wahrscheinlich nicht.«
»Geht es um Radioaktivität?« fragte Daneel.
»Ja.«
»Dann stört es mich schon. Gamma-Strahlungen
zerstören das komplizierte Gleichgewicht des Positronen-Gehirns.
Es würde schneller auf mich wirken als auf Sie.«
»Sie meinen, es würde Sie töten?«
»Ich würde ein neues Positronen-Gehirn brauchen. Da
jedes Positronen-Gehirn anders ist, würde ich dann ein neues
Individuum sein. Der Daneel, mit dem Sie jetzt sprechen, wäre
sozusagen tot.«
Baley sah ihn zweifelnd an. »Das habe ich nicht gewußt.
– Diese Rampe hinauf!«
»Das wird gewöhnlich auch heruntergespielt. Spacetown
möchte die Erdenmenschen davon überzeugen, daß ich
und meinesgleichen nützlich sind, nicht schwach.«
»Warum sagen Sie es dann mir?«
R. Daneel sah seinem menschlichen Begleiter in die Augen.
»Sie sind mein Partner, Elijah. Es ist wichtig, daß Sie
auch meine Schwächen kennen.«
Baley räusperte sich und hatte zu dem Thema nichts mehr zu
sagen.
»Jetzt in die Richtung, nach draußen«, sagte er
einen Augenblick später, »dann sind wir nur noch eine
Viertelmeile von unserer Wohnung entfernt.«
Die Wohnung war bescheiden, eher Unterklasse. Ein kleines Zimmer
mit zwei Betten, zwei in die Wand klappbaren Stühlen und einem
Kleiderschrank. Ein einfacher Subäther-Schirm, der sich nicht
manuell einstellen ließ und nur zu bestimmten Stunden in
Betrieb, dann aber nicht abzuschalten war, vervollständigte das
Mobiliar. Kein Waschbecken, nicht einmal ein desaktiviertes, und
keine Kochgelegenheit, ja nicht einmal die Möglichkeit, Wasser
heiß zu machen. In einer Ecke des Zimmers war ein kleiner
Müllschlucker zu erkennen, ein häßliches,
schmuckloses, auf unangenehme Weise funktionelles Objekt.
Baley zuckte die Achseln. »Das wär’s. Wir werden es
ja wohl ertragen.«
R. Daneel trat an den Müllschlucker. Sein Hemd öffnete
sich, nachdem er auf den Saum gedrückt hatte, und ließ
eine glatte und allem Anschein nach muskulöse Brust
erkennen.
»Was machen Sie?« fragte Baley.
»Ich will das Essen loswerden, das ich zu mir genommen habe.
Wenn ich es drinlassen würde, würde es rasch zu
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