Foundation 02: Die Stahlhöhlen
untersuchen.«
»Und?«
»Daraus folgt, Partner Elijah, daß sich eine neue Möglichkeit ergibt. Mrs. Delmarre war die Mörderin, die Mordwaffe befand sich am Tatort, aber Dr. Thool hat sie weggetragen und beseitigt, um Mrs. Delmarre zu schützen.«
Baley war enttäuscht und erleichtert zugleich. Er hatte mit etwas Vernünftigem gerechnet und beinahe erwartet, seine Meinung ändern zu müssen. So sagte er: »Völlig ohne Motiv. Weshalb sollte Dr. Thool so etwas tun?«
»Aus sehr gutem Grund. Sie erinnern sich, was Mrs. Delmarre über ihn gesagt hat: ›Er hat mich behandelt, seit ich ein Kind war, und war immer so freundlich und nett zu mir.‹ Ich fragte mich, ob er vielleicht irgendein Motiv hätte haben können, um so besonders besorgt um sie zu sein. Das war der Grund, weshalb ich die Baby-Farm besucht und die Akten inspiziert habe. Was ich nur als Möglichkeit angenommen hatte, erwies sich als Tatsache.«
»Nämlich?«
»Daß Dr. Altim Thool der Vater Gladia Delmarres ist und – was noch wichtiger ist – von der Verwandtschaft wußte.«
Baley dachte keinen Augenblick daran, dem Roboter nicht zu glauben. Er empfand nur tiefe Verstimmung darüber, daß Roboter Daneel Olivaw und nicht er selbst diese notwendige logische Analyse durchgeführt hatte. Trotzdem war sie nicht vollständig.
»Haben Sie mit Dr. Thool gesprochen?« fragte er.
»Ja. Ich habe ihn ebenfalls unter Hausarrest gestellt.«
»Was sagt er?«
»Er gibt zu, der Vater von Mrs. Delmarre zu sein. Ich habe ihn mit den entsprechenden Aufzeichnungen konfrontiert und auch mit den Aufzeichnungen seiner Anfragen nach ihrer Gesundheit, als sie noch klein war. Als Arzt hatte er in dieser Beziehung mehr Freiheiten, als man vielleicht einem anderen Solarianer eingeräumt hatte.«
»Weshalb hätte er sich denn so besonders nach ihrem Ergehen erkundigen sollen?«
»Das habe ich ebenfalls überdacht, Partner Elijah. Er war ein alter Mann, als er die Sondererlaubnis für ein zusätzliches Kind erhielt, und – was von noch größerer Bedeutung ist – es gelang ihm, eines zu zeugen. Er betrachtete dies als einen Tribut an seine Gene und an seine Fitness. Sein Stolz darüber ist vielleicht etwas größer, als es auf dieser Welt üblich ist. Außerdem machte es seine Position als Arzt – ein Beruf, der auf Solaria nur geringes Ansehen genießt, weil er persönliche Anwesenheit erfordert – für ihn um so wichtiger, dieses Gefühl des Stolzes zu hegen. Aus diesem Grund hielt er einen unauffälligen Kontakt zu seinem Nachwuchs aufrecht.«
»Weiß Gladia davon?«
»Soweit das Dr. Thool bekannt ist, Partner Elijah, weiß sie es nicht.«
»Gibt Thool zu, daß er die Waffe entfernt hat?« fragte Baley.
»Nein. Das gibt er nicht zu.«
»Dann haben Sie gar nichts, Daneel.«
»Gar nichts?«
»Sofern Sie die Waffe nicht finden und beweisen können, daß er sie entfernt hat, oder ihn wenigstens zu einem Geständnis veranlassen können, besitzen Sie keine Beweise. Eine Kette logischer Deduktionen ist zwar hübsch, ist aber kein Beweis.«
»Dr. Thool würde wohl kaum gestehen, wenn man ihn nicht einer Art von Verhör unterzieht, zu dem ich nicht fähig bin. Seine Tochter ist ihm sehr lieb.«
»Ganz und gar nicht«, sagte Baley. »Sein Gefühl für seine Tochter ist keineswegs das, woran Sie und ich gewöhnt sind. Solaria ist anders!«
Er marschierte im Zimmer auf und ab, um sich zu beruhigen. Dann sagte er: »Daneel, Sie haben hier eine perfekte, logische Übung ausgearbeitet, aber trotzdem ist davon nichts vernünftig.« (Logisch, aber nicht vernünftig – war das nicht die Definition eines Roboters?)
Er fuhr fort: »Dr. Thool ist ein alter Mann, der seine besten Jahre hinter sich hat, auch wenn er vor etwa dreißig Jahren imstande war, eine Tochter zu zeugen. Selbst Spacer werden senil. Malen Sie sich doch einmal aus, wie er seine ohnmächtige Tochter und seinen durch Gewalt gestorbenen Schwiegersohn untersucht. Können Sie sich ausmalen, wie ungewöhnlich diese Situation für ihn sein muß?
Können Sie sich vorstellen, daß er unter diesen Umständen Herr seiner selbst geblieben wäre? In so hohem Maße Herr seiner selbst, daß er eine ganze Folge erstaunlicher Handlungen hätte durchführen können?
Überlegen Sie doch! Zuerst hätte er eine Waffe unter seiner Tochter bemerken müssen; eine, die unter ihr so verborgen war, daß die Roboter sie nicht bemerkten. Zum zweiten hätte er aus dem Wenigen, was er von der Waffe sah, unverzüglich auf ihre
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