Foundation 05: Das Foundation-Projekt
verfügen Sie doch immer noch
über die Kaiserliche Autorität. Können Sie der
Bibliothek nicht befehlen, mir mein Büro zu lassen und meinen
Kollegen zu gestatten, mir bei unserer wichtigen Arbeit behilflich zu
sein?«
Und Agis XIV. setzte sich wieder. Seine Erregung schien wie
weggeblasen, seit man das Thema Credits verlassen hatte.
»Sie wissen doch«, sagte er, »daß sich die
Galaktische Bibliothek auf Grund einer langen Tradition selbst
verwaltet und vom Imperium unabhängig ist. Sie erläßt
ihre eigenen Gesetze, und das tut sie schon, seit Agis VI. mein
Namensvetter« – er lächelte – »den Versuch
unternahm, Einfluß auf die Bibliothek in ihrer Eigenschaft als
Nachrichtenzentrum zu nehmen. Er scheiterte. Wie sollte mir gelingen,
was schon dem großen Agis VI. versagt blieb?«
»Ich verlange ja nicht, daß Sie Gewalt anwenden, Sire.
Mein Vorschlag wäre, daß Sie einen höflichen Wunsch
äußern. Solange keine zentrale Funktion der Bibliothek
betroffen ist, wird man es sich doch gewiß zur Ehre anrechnen,
einen Wunsch des Kaisers erfüllen zu dürfen?«
»Professor Seldon, Sie haben wahrhaftig keine Ahnung, wie es
in der Bibliothek zugeht. Ein Wunsch von mir, wie vorsichtig und
behutsam auch immer vorgebracht, genügt, daß man in
höchster Empörung genau das Gegenteil tut. Man reagiert
sehr empfindlich auf die leisesten Anzeichen Kaiserlicher
Einmischung.«
»Und was soll ich jetzt machen«, fragte Seldon.
»Ich glaube, ich habe eine Idee. Als Angehöriger der
Öffentlichkeit steht es mir frei, die Galaktische Bibliothek zu
besuchen. Außerdem befindet sie sich auf dem
Palastgelände, ein solcher Besuch würde also auch keinerlei
protokollarische Vorschriften verletzen. Nun, Sie begleiten mich, und
wir benehmen uns demonstrativ wie die besten Freunde. Ich werde keine
Bitte aussprechen, aber wenn man uns Arm in Arm dahinschlendern
sieht, könnte das die Stimmung einiger Angehöriger dieses
reizenden Verwaltungsrats eventuell doch zu Ihren Gunsten
beeinflussen. -Mehr kann ich allerdings nicht für Sie
tun.«
Seldon war tief enttäuscht. Würde das wohl
genügen?
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Mit leiser Ehrerbietung in der Stimme sagte Las Zenow: »Ich
wußte gar nicht, daß Sie mit dem Kaiser auf so vertrautem
Fuße stehen, Professor Seldon.«
»Warum auch nicht? Für einen Kaiser hat er sehr
demokratische Ansichten, außerdem interessiert er sich für
meine Erfahrungen als Kanzler unter Cleon.«
»Wir waren alle tief beeindruckt. Seit Jahren hat kein Kaiser
mehr unsere Hallen betreten. Wenn der Kaiser etwas von der Bibliothek
braucht, läßt er im allgemeinen…«
»Ich kann es mir vorstellen. Er verlangt es, und man bringt
es ihm liebenswürdigerweise.«
»Jemand hat einmal den Vorschlag gemacht«, plauderte
Zenow, »dem Kaiser eine komplette Computeranlage in seinen
Palast zu stellen, mit Direktleitung zum Bibliotheksrechner, damit er
nicht zu warten bräuchte, um bedient zu werden. Das war noch in
den alten Tagen, als die Credits reichlich flossen, aber der Antrag
wurde dennoch abgelehnt.«
»Tatsächlich?«
»O ja, fast der gesamte Verwaltungsrat war sich einig,
daß dadurch eine zu enge Verbindung zwischen dem Palast und der
Bibliothek geschaffen würde, was wiederum unsere
Unabhängigkeit gegenüber der Regierung gefährden
könnte.«
»Und wird dieser Verwaltungsrat, der sich nicht einmal zu
Ehren eines Kaisers beugen will, mir nun doch gestatten, in der
Bibliothek zu bleiben?«
»Vorerst ja. Es herrscht der Eindruck – und ich habe
mein möglichstes getan, um ihn zu fördern –, daß
wir alle Hoffnungen auf eine Anhebung der öffentlichen
Zuwendungen begraben können, wenn wir es einem persönlichen
Freund des Kaisers gegenüber an Höflichkeit fehlen lassen,
und so…«
»Und so haben die Credits – oder auch nur die vage
Aussicht auf Credits – den Ausschlag gegeben.«
»Ich fürchte, ja.«
»Darf ich auch meine Kollegen mitbringen?«
Zenow wurde verlegen. »Ich fürchte, nein. Der Kaiser ist
nur mit Ihnen durch die Gänge gewandelt – nicht mit Ihren
Kollegen. Ich bedaure, Professor.«
Seldon zuckte die Achseln. Tiefe Schwermut überkam ihn. Es
gab ohnehin keine Kollegen, die er hätte mitbringen können.
Er hoffte nun schon so lange, Menschen mit Wandas Veranlagung
ausfindig zu machen, aber bisher war es ihm nicht gelungen. Auch er
hätte finanzielle Mittel gebraucht, um eine umfassende
Suchaktion einzuleiten. Und auch er hatte nichts.
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Trantor, die Hauptstadtwelt
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