Foundation 05: Das Foundation-Projekt
und das Verschwinden von dessen Frau und Tochter, noch
verwinden zu können, doch nun sah er, daß Raych in Wanda
weiterlebte. Und Wanda und Stettin, auch das hatte er erkannt,
verkörperten die Zukunft der Foundation.
»Ja, ja.« Seldon nickte heftig. »Kommt, ihr beiden,
helft mir erst einmal beim Aufstehen. Ich muß sofort in mein
Büro, um die nächsten Schritte zu planen.«
32
»Treten Sie ein, Professor Seldon«, sagte
Chefbibliothekar Tryma Acarnio in eisigem Tonfall. Hari Seldon
betrat, begleitet von Wanda und Palver, das pompöse
Amtszimmer.
»Vielen Dank, Chefbibliothekar.« Seldon machte es sich
in einem Sessel bequem und sah Acarnio über den riesigen
Schreibtisch hinweg an. »Darf ich Ihnen meine Enkelin Wanda und
meinen Freund Stettin Palver vorstellen? Wanda ist mir beim Projekt
Psychohistorik eine unentbehrliche Helferin, ihr Spezialgebiet ist
die Mathematik. Und Stettin, nun, Stettin ist auf dem besten Wege,
sich zu einem erstklassigen Allgemein-Psychohistoriker zu entwickeln
– wenn ich ihn nicht gerade als Leibwächter in Anspruch
nehme.« Seldon lachte vergnügt in sich hinein.
»Nun, das ist ja sehr schön für Sie,
Professor.« Acarnio wußte nicht so recht, was er mit
diesem gutgelaunten Seldon anfangen sollte. Er hatte erwartet, der
Professor würde auf allen vieren zu ihm gekrochen kommen und ihn
anflehen, ihm seine Sonderrechte in der Bibliothek wieder
einzuräumen.
»Aber ich begreife nicht ganz, weshalb Sie mich eigentlich
sprechen wollten. Sie sind sich doch hoffentlich darüber im
klaren, daß wir zu unserer Entscheidung stehen: Wir können
nicht zulassen, daß die Bibliothek mit jemandem in Zusammenhang
gebracht wird, dem von der Bevölkerung so viel Abneigung
entgegenschlägt. Immerhin sind wir eine öffentliche Bibliothek und müssen deshalb auf die Gefühle der
Öffentlichkeit Rücksicht nehmen.« Acarnio lehnte sich
zurück – vielleicht fing Seldon jetzt mit der
Kriecherei an.
»Ich weiß, daß ich Sie nicht umstimmen konnte,
aber ich dachte mir, wenn Sie zwei der jüngeren
Projektmitglieder kennenlernen – die Psychohistoriker von morgen
sozusagen –, bekommen sie vielleicht ein besseres Gefühl
dafür, welch entscheidende Rolle das Projekt – insbesondere
die Enzyklopädie – in unserer Zukunft spielen wird. Ich
bitte Sie, Wanda und Stettin anzuhören.«
Acarnio sah die beiden jungen Leute, die rechts und links von
Seldon Posten bezogen hatten, abweisend an. »Nun gut«,
sagte er mit einem demonstrativen Blick auf den Zeitstreifen an der
Wand. »Fünf Minuten, aber nicht mehr. Ich habe
schließlich auch noch eine Bibliothek zu leiten.«
»Chefbibliothekar«, begann Wanda, »wie Ihnen mein
Großvater gewiß längst dargelegt hat, ist die
Psychohistorik ein äußerst wertvolles Instrument zur
Bewahrung unserer Kultur. Ja, zur Bewahrung«, wiederholte
sie, als Acarnios Augen sich bei diesem Wort erstaunt weiteten.
»Man hat mit unangemessenem Nachdruck vor der Zerstörung
des Imperiums gewarnt. Dadurch wurde der eigentliche Zweck der
Psychohistorik aus dem Blickfeld verdrängt. Denn mit der
Psychohistorik sind wir nicht nur imstande, den unvermeidlichen
Niedergang unserer Zivilisation vorherzusagen, wir können auch
die erforderlichen Maßnahmen zu ihrer Bewahrung einleiten. Eine
solche Maßnahme ist etwa die Encyclopaedia Galactica. Und dazu
brauchen wir Ihre Hilfe und die Hilfe Ihrer ehrwürdigen
Bibliothek.«
Acarnio mußte unwillkürlich lächeln. Der Charme
der jungen Dame war unwiderstehlich. Dabei sprach sie mit
großem Ernst und drückte sich sehr gewandt aus. Er konnte
den Blick nicht von ihr wenden, wie sie da vor ihm saß, das
blonde Haar in schülerhafter Strenge nach hinten gekämmt,
was aber ihrer Schönheit keinen Abbruch tat, sondern sie sogar
noch unterstrich. Was sie sagte, klang eigentlich ganz
vernünftig. Vielleicht hatte Wanda Seldon ja recht –
vielleicht hatte er das Problem bisher ganz falsch gesehen. Wenn es
nun tatsächlich um Bewahrung ginge und nicht nur um Zerstörung…
»Chefbibliothekar«, schaltete sich nun Stettin Palver
ein, »diese ehrwürdige Bibliothek besteht seit
Jahrtausenden. Vielleicht noch mehr als der Kaiserliche Palast ist
sie ein Symbol für die ungeheuere Machtfülle des Imperiums.
Denn der Palast beherbergt nur den Herrscher des Imperiums,
während die Bibliothek das gesamte Wissen, die gesamte Kultur
und die gesamte Geschichte des Imperiums in sich birgt. Deshalb ist
sie von unschätzbarem Wert.
Wäre
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