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Frau Prinz pfeift nicht mehr

Titel: Frau Prinz pfeift nicht mehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Scheib
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gleichgültig, die Polizei würde es irgendwann herausfinden. Oder auch nicht. Es sollte ja viele perfekte Morde geben. Nur
     die Polizei erzählte immer was anderes.
    Papke schloß die Reisetasche. In Ingrids Schreibtisch waren noch vierhundert Mark gewesen, sie mußte ziemlich durcheinander
     sein, daß sie soviel Geld offen im Schreibtisch liegenließ. Für einen Moment dachte |180| Papke mißmutig, daß Ingrid jetzt ziemlich viel Geld zur Verfügung hatte. Eigentlich gehörte ein Teil davon ihm. Sie hatten
     keinen Ehevertrag, keine Gütertrennung. Außerdem hatte Papke inzwischen in dem Kästchen gekramt, das aus dem Nachlaß seiner
     Mutter stammte. Er fand sofort das Foto, das sie ihm früher einmal gezeigt hatte. »Alles Liebe, immer Dein Richard« stand
     darauf, und der Mann hatte Richard Prinz, Ingrids Vater, verdammt ähnlich gesehen. Er würde das Bild gut aufheben. Papke wußte,
     daß nach neuer Gesetzgebung auch uneheliche Kinder erbberechtigt waren.
    Später einmal, sagte sich Berthold Papke, später werde ich es Ingrid zeigen, meiner Halbschwester. Papke lachte leise in sich
     rein. Wahrscheinlich war er ihr bei dem öden weißen Fest in der »Max-Emanuel-Brauerei« nur deshalb aufgefallen, weil er ihrem
     Vater und ihrem Bruder ähnlich sah. Wieder mußte Papke in sich reinlachen. Nie hätte er gedacht, daß sein Aussehen ihm einmal
     etwas nützen könnte. Aber hier brachte es ihm Bares, nicht zu knapp. Entweder |181| gabIngrid ihm freiwillig seinen Anteil, oder er würde es einklagen. Das Haus hier war eine Menge Geld wert, einen Pflichtteil
     mußte er wenigstens kriegen.
    Ich rufe mir ein Taxi, dachte Papke spontan. Dann verwarf er diesen Gedanken wieder. Selbst mit den gefundenen vierhundert
     Mark mußte er gut haushalten. Er würde zum Romanplatz laufen, dort in die Tram steigen, zum Bahnhof fahren. Wenn die Polizei
     überhaupt drauf kam, daß er etwas mit dem Tod der Molden zu tun hatte, und daran glaubte Papke ohnehin nicht, aber wenn –
     dann wäre er längst über Österreich in Ungarn oder irgendwo sonst.
    Vorsichtig schaute Papke aus dem Fenster, er sah, daß die Max-Ernst-Straße in beiden Richtungen leer war. Zufällig fiel sein
     Blick auf das Nachbarhaus, und er sah Agnes Molden, die sich soeben freundlich von Frau Tinius verabschiedete und ins Haus
     ging. Es war Berthold Papke, als stoße ihm jemand ein Messer in den Bauch.

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    Agnes Molden ging noch im Mantel zum Telefon, das in der Diele an der Wand hing. Sie wählte rasch und mit immer noch zittrigen
     Fingern.
    »Glauben Sie mir, Herr Kommissar, das war ein Anschlag auf mich. Ich habe Papke im Verdacht, jetzt glaube ich sogar, daß ich
     ihn gesehen habe, aber beschwören kann ich das nicht. Ich stand ganz vorn, zwischen den Kindern, und plötzlich, als die U-Bahn einfuhr, fiel der Junge in dem gelben Anorak aufs Gleis – und ich – ich habe auch eine gelbe Jacke an, ganz genauso gelb   ... «
    Agnes Molden schluchzte so stark, daß Kemper sie kaum verstand. »Bitte, Frau Molden, versuchen Sie, sich zu beruhigen. Es
     gibt keine Zeugen bis jetzt, die Ihre Beobachtungen bestätigen, aber meine Kollegen sind schon vor Ort, sie untersuchen den
     Fall. Wenn Sie sich nicht sicher fühlen, bleiben Sie im Haus, ich komme, sobald ich hier wegkann.«
    Noch mal wählte Agnes Molden, diesmal |183| die Praxis ihres Mannes. Seine Helferin sagte sofort, daß Matthias gerade einen Patienten behandle.
    »Ich muß meinen Mann sprechen, unbedingt«, verlangte Agnes, sie konnte sich fast nicht zwingen, klar und deutlich zu sprechen,
     immer wieder brach ihr die Stimme ab.
    »Um Gottes willen, Frau Molden, was ist denn passiert? Warten Sie, ich hole Ihren Mann.«
     
    Matthias empfahl Agnes, die Haustür zu verriegeln, die Kette vorzulegen und an der Gartentür die Rolläden herunterzulassen.
     »Ich hole die Kinder vom Kindergarten und komme heim. Dann fahren wir für ein paar Tage weg, bis der Spuk vorbei ist, das
     verspreche ich dir. Ich muß noch zwei Patienten behandeln, sie warten schon lange. Vor dem Papke brauchst du keine Angst zu
     haben. Der traut sich ganz sicher nicht mehr in die Max-Ernst-Straße. Er muß doch damit rechnen, daß du ihn gesehen hast,
     daß die Polizei ihn suchen wird. Der ist mit Sicherheit längst abgehaun.«
    |184| Schwerfällig legte Agnes ihren Mantel ab, mit zitternden Händen stellte sie ihre Tasche auf einen Stuhl, auf den nächsten
     setzte sie sich, starrte in das leere Wohnzimmer, auf den

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