FreeBook Das Geheimnis von Mikosma - Geblendet
Kindern sein! Unzählige bunte Betten waren in langen Reihen eng aneinander gestellt. Darin lagen Kinder mit weit geöffneten Mündern, aus denen geschwollene schwarze Zungen herausquollen. Viele Feen schwirrten um die Kinder herum, schüttelten die bunten Bettwäschen auf, legten weiche Kissen unter ihre Rücken oder boten Süßes und Getränke an. Manche Elfen saßen an den Betten und streichelten weinenden Kindern liebevoll über das Haar oder tätschelten ihre Hände. Wenn der Anblick der großen schwarzen Zungen nicht so Ekel erregend gewesen wäre, hätte sich Leandra liebend gerne ebenfalls in eines der Betten gelegt. Bei einer solch liebevollen Pflege musste man ja schnell gesund werden!
»Ihr seid leider zu spät gekommen!«
Eine Stimme unterbrach Luca und Leandra bei ihren neugierigen Beobachtungen. Vor ihnen stand Doktor Medikatus und blickte sie mit einem Monokel im rechten Auge an. Es war ein sehr lustiger Anblick, denn dieses ließ das Auge um das dreifache größer wirken als sein linkes. Er trug einen bunten Kittel, auf den gelbe Blumen gedruckt waren. Um seinen Hals schlang sich ein rotfarbenes Stethoskop und seine Schuhe steckten in viel zu großen, blauen Sandalen. Seine Hände hatte er tief in die Taschen seines Kittels gesteckt. Das Lachen auf seinem faltigen Gesicht verrieten die Milde und Güte eines geduldigen und erfahrenen Kinderarztes.
»Was soll das heißen? Ist Jenny tot?«, fragte Luca ängstlich.
Der Kinderarzt hob seine beiden Hände besänftigend in die Höhe.
»Nein! Das wollte ich damit nicht sagen. Sie wurde bereits entlassen. Ihr Zustand hat sich erstaunlicherweise so schnell verbessert, dass ich sie hier nicht mehr festhalten konnte. Sie freute sich schon so auf Mikosma, dass ich sie gerne mitgehen ließ.«
»Entschuldigen Sie bitte, Magier. Haben Sie gerade mitgehen gesagt?«
Henry ließ den Doktor nicht aus den Augen.
»Ja, das habe ich. Soviel ich weiß, war jemand kurz vor euch hier und nahm Jenny mit.«
Er deutete mit seinem Kopf in die Richtung des mit Peppep-Fieber belegten Krankenzimmers.
»Im Moment ist leider so viel los«.
Henry schien die Antwort nicht zufrieden zu stellen.
»Wie sah der jemand aus?«, fragte er bohrend weiter.
»Ich habe keine Ahnung, aber er sagte, dass er von Tamina geschickt wurde und er brachte ihr sogar ihren Stapel Bücher mit. Diese hast du jetzt vergebens getragen«.
Der Doktor wollte Leandra die Bücher aus der Hand nehmen, sie zog sie jedoch zurück.
»Ich gebe sie ihr lieber persönlich, wenn ich sie treffe«, sagte sie.
Henry kniff sie kurz in die Taille und deutete mit seinen Fingern auf Leandras Rücken.
»Ach ja, Herr Doktor. Jemand hat mir auf dem Weg hierher einen Stein gegen meine Schultern geworfen. Leider konnte ich den Täter nicht sehen, weil so viel los war.«
Leandra zog das Stück aus ihrer Hosentasche und hielt es Doktor Medikatus unter die Nase. Dieser riss seine Augen vor Entsetzen so weit auf, dass das Monokel herausfiel und nun wild vor seiner Brust herumwackelte.
»Der Stein stammt aus dem Felsen der Terronen! Wie in aller Welt kam der Werfer zu diesem Stück?«, schrie er aufgeregt.
Ohne auf eine Antwort zu warten, stammelte Doktor Medikatus leise: »Seltsame Dinge tragen sich hier zu. Ich muss ihn darüber informieren.«
Leandra fiel es wie Schuppen von den Augen. Es musste einen Zusammenhang zwischen dem Stein und ihrer Ohnmacht im Aufzug geben! Das wollte sie dem Magier jedoch nicht erzählen. Viel zu groß war ihre Furcht, erneut ausgelacht zu werden. Wie in Trance reichte ihr der Arzt einen kleinen rosafarbenen Eisbeutel, den eine kleine Fee auf einem silbernen Tablett herbeigebracht hatte.
Dann stammelte er gedankenverloren: »Ich gebe dir zur Sicherheit etwas zur Kühlung mit. Lege ihn auf den Rücken. Die Erdbeeren darin saugen den blauen Fleck, der sich gebildet hat, im Nu auf.«
Dankend nahm Leandra den Beutel Eis entgegen und zog Henry und Luca mit sich zum Ausgang.
8. Kapitel
Befreiung in letzter Minute
»Findet ihr es nicht auch komisch, dass genau der Stein, der auf mich geworfen wurde, aus dem Granitfelsen der Terronen stammt?«, fragte Leandra, während die Drei den gläsernen Aufzug verließen. »Warum wurde ich gezwungen, zu Horros Schloss zu sehen?«
Luca zog wortlos seine Schultern nach oben und schüttelte seinen Kopf, während Henry nachdenklich weitersprach: »Und der Ohnmachtsanfall spricht ebenso dafür, dass hier etwas gewaltig zum Himmel stinkt. Ich frage mich
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