FreeBook Die tote Unschuld - Soko Hamburg Bd 1
Heike sich fertig geduscht, frottiert und angezogen. Obwohl sie normalerweise viel Wert auf ihr Styling legte, kleidete sie sich an diesem Morgen einfach und sportlich. Eine Jeans, ein Pulli und ein Tweed-Jackett. Auf Make-up verzichtete sie größtenteils. Schließlich war sie in Eile.
Bevor Heike ihre Wohnung in der Isestraße verließ, schob sie noch das Clipholster mit ihrer Dienstwaffe in den Jeansgürtel.
Eine Minute später schwang sie sich auf ihr Mountainbike und trat in die Pedale. Heike besaß keinen Privat-PKW. Sie trug ihr Gehalt lieber in die Boutiquen als in die Auto-Reparaturwerkstätten. Außerdem sah sie einen fahrbaren Untersatz für sich selbst als reine Geldverschwendung an.
Im Dienst konnte sie ohnehin auf den Fuhrpark des Landeskriminalamtes zurückgreifen. Oder sie nahm die U-Bahn, denn die Haltestelle Eppendorfer Baum hatte sie beinahe vor der Haustür. Schlimmstenfalls konnte sie immer noch ein Taxi benutzen.
Heike kam gut voran. Die richtige Rushhour hatte noch nicht angefangen. Sie fuhr durch die Maria-Louisen-Straße, überquerte die Barmbeker Straße und bog rechts in den Grasweg ein. Hier begann schon der Stadtpark.
Sie musste nicht lange suchen.
Zwei Einsatzfahrzeuge parkten mit rotierendem Blaulicht. Uniformierte Kollegen hatten das Gelände weiträumig abgesperrt. Die Technische Abteilung packte bereits ihre Ausrüstung aus dem VW-Transporter.
Heike warf einen Blick auf ihre Armbanduhr. Sechs Uhr neunzehn. Keine schlechte Leistung, wenn man bedachte, dass Ben sie erst um fünf Uhr fünfundfünfzig aus süßem Schlaf geklingelt hatte ...
Wenn man vom Teufel spricht, dachte die Kommissarin. Ben kam in einem zivilen Dienstwagen aus Richtung Norden angerollt. Heikes Kollege lebte mit seiner Frau und seiner kleinen Tochter in einem Reihenhaus in Ahrensburg, nördlich von Hamburg.
Heike bremste und warf ihr Fahrrad achtlos ins Gras. Es würde wohl kaum jemand die Nerven haben, es unter den Augen der wachsamen Streifenwagenbesatzungen zu klauen. Ben stieg aus. Die beiden Kriminalbeamten eilten aus verschiedenen Richtungen auf die Fundstelle der Leiche zu. Beide präsentierten ihre Dienstausweise. Sie konnten nicht verlangen, dass jeder uniformierte Polizist sie persönlich als Kollegen in Zivil erkannte.
Ben begrüßte Heike per Handschlag. Er war ein hoch gewachsener und gut aussehender Mann Anfang dreißig. An diesem Morgen trug er beige Chinos, ein lachsfarbenes Flanellhemd und eine Wildlederjacke.
Heike verstand sich gut mit ihm, aber sie waren »nur« befreundete Kollegen. Es gab böse Zungen im Präsidium, die sie als das »Traumpaar vom LKA« (Landeskriminalamt) bezeichneten. Aber dahinter steckte Neid oder Eifersucht, wie Heike vermutete. Der eine oder andere Kollege hätte vielleicht gerne mit ihr Dienst geschoben. Und so manche Kollegin hätte gerne an Heikes Stelle neben Ben im Einsatzfahrzeug gesessen.
Getratscht wurde eben überall, wo mehr als zwei Leute zusammen arbeiteten ...
»Morgen, Heike«, begrüßte Ben sie. »Es sieht so aus, als ob wir den Fall kriegen. Da dachte ich, wir schauen uns gleich mal an, was Sache ist.«
Heike nickte.
»Ich würde gerne die Leiche sehen.«
Bringen wir es hinter uns, fügte sie in Gedanken hinzu. Ein uniformierter Kollege kam zu ihnen – wie ein Schauspieler, der auf sein Stichwort gewartet hat.
»Ich bin Obermeister Hoffmann vom Neunten«, stellte er sich vor. »Wir waren gerade auf Streife, als uns ein Jogger anhielt. Er meldete einen Leichenfund.«
»Wo war das?« Heike zückte ihr Notizbuch.
»Am Jahnring, Frau Hauptkommissarin. Wir haben den Zeugen ins Auto geladen und sind zu der Fundstelle gefahren. Kann nicht länger als eine Minute gedauert haben.«
Heike nickte. Sie war mit der Geographie des Stadtparks in etwa vertraut. Der Jahnring war eine große Durchgangsstraße nördlich des Parkgeländes. Der Park selbst wurde von der Hindenburgstraße sozusagen in zwei Hälften geteilt. Und in der linken Hälfte war die Leiche gefunden worden.
Der Uniformierte machte eine auffordernde Handbewegung. Er führte sie zu einem Gebüsch, wo sich die Technische Abteilung bereits nützlich machte. In grellem Flutlicht wurden Fotos geschossen, die Männer sicherten Spuren und nahmen Proben.
Inmitten der emsig tätigen Spezialisten lag der bleiche Körper einer jungen Frau. Zu Lebzeiten musste die Tote eine Schönheit gewesen sein. Langes dunkles Haar wallte auf ihre Schultern. Der erstarrte Blick drückte grenzenloses Erstaunen aus.
Bekleidet war
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