FreeBook Dr Westerwelle - Die erste offizielle Guidografie
Gammelfleisch eine neue Verpackung zu verpassen, um es als gesundheitsförderndes Nahrungsergänzungsmittel wieder unter das Volk zu bringen. Der ahnungslose Konsument darf sich mit Guido auch noch ein Loch in den Bauch freuen.
Der Spaßpolitiker
Zu Beginn des dritten Jahrtausends entblößt Westerwelle dem staunenden Publikum eine neue Seite seiner selbst. Dem großen Guido scheinen neben dem späteren politischen Erfolg und der Weltgeltung auch ein ungetrübter rheinischer Frohsinn und abgrundtiefer Humor in die Wiege gelegt zu sein. Hat nicht das Schicksal selbst seine Sendboten vorausgeschickt? Wurden nicht am 27 . Dezember, dem Geburtstag des lustigen Guido, dereinst auch der tschechische Maler Adolf Kaspar und der preußische General von Witzleben geboren? Ein überdeutlicher Hinweis der Vorsehung, welche Aufgabe das Leben für Guido bereitzuhalten scheint. Herr Guido wird der Spaßgeneral der FDP.
Ein besonderer Spaß für alle Beteiligten ist es, als sich Guido Westerwelle im Herbst 2000 als »Überraschungsgast« in einer beliebten Fernsehsendung für Leistungsträger ansagt: Der Spaßpolitiker besucht die in einem Container eingesperrten Teilnehmer der Serie »Big Brother«. Die dort versammelten Geistesgrößen vertreiben sich ihre Zeit hauptsächlich mit belanglosem Gerede und Streit, als Westerwelle in ihre Mitte platzt. Er fühlt sich gleich wie zuhause. Er redet mit ihnen über die Gefahren des
Rechtsradikalismus und stellt sich selbst als den großen Aufklärer der Neuzeit dar. Den braucht aber selbst im Container niemand mehr, wo man nächtens schon mal unter der Bettdecke – aber mit Livepublikum – rumvögelt. Westerwelle erklärt, er wolle die Politik dorthin bringen, »wo die Menschen sind«. Tatsächlich kreuzt er dort auf, wo Menschen sich dadurch auszeichnen, dass sie ihre Menschenwürde aus Dummheit, Gier und Geltungssucht für ein bisschen Kleingeld zu Markte tragen. Das wiederum passt zum lustigen Guido. Noch ein halbes Jahr zuvor hatte er gegenüber der Nachrichtenagentur AP einen neuen Wertekodex für das Fernsehen gefordert und mit Big Brother »die Grenze des Zumutbaren überschritten« gesehen. Seiner gleichermaßen geistesschwachen wie sinnentleerten Partei hat er dennoch imponiert. Seit die FDP nach der verlorenen Wahl 1998 in der Opposition ist, weiß sie noch weniger als vorher, was sie eigentlich will. Einig sind sich nur alle, dass sie regieren wollen. Warum, wofür, darüber scheiden sich die Geister. Nicht so sehr aus inhaltlichen, sondern mehr aus taktischen Gründen. In der FDP haben sich viele daran gewöhnt, dass Regieren handfeste Vorteile bringt. Es gibt nicht nur Ämter und Pöstchen, man gewinnt auch schnell gute Freunde mit dicker Brieftasche, die für einen Termin beim Minister schon mal dieselbige öffnen.
Nach dem Regierungsverlust ist es eng geworden in der Spitze der FDP. Es tänzeln so viele Aspiranten um die wenigen ertragreichen Stellen, dass die meisten Liberalen schon gelb-blaue Zehen haben. In dieser Situation erscheint am düsteren Himmel der Liberalen plötzlich der Fallschirmspringer Möllemann und trägt die Sonne im Arm. Im Jahr 2000 ist er Spitzenkandidat der FDP für die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen. Vom cleveren Wahlkampfmanager Fritz Goergen hat er sich nicht nur ein Konzept dafür, sondern eins für die ganze FDP ausdenken lassen. Möllemann strebt mit der FDP auf Bundesebene 1 8 Prozent an und will, dass seine Partei erstmals in ihrer Geschichte einen eigenen Kanzlerkandidaten aufstellt. Und so wie der Teufel in der Not Fliegen frisst, schluckt die schwefelgelbe Schwätzerclique FDP auch die schlimmsten Kröten, solange sie davon leben kann. Auch Westerwelle findet die Strategie 18 gut. Allerdings hat er Angst davor, dass Möllemann ihm die Rolle als Spitzenkandidat bei der Bundestagswahl 2002 streitig machen will. Deshalb ist er gegen die Aufstellung eines Kanzlerkandidaten. Der Parteitag der FDP im Januar 2001 ist begeistert von beiden Schaumschlägern und wählt erst einmal den Container-Clown Westerwelle zum Vorsitzenden. Frisch gewählt verkündet Westerwelle: »Auf jedem Schiff, das dampft und segelt, gibt es einen, der die Sache regelt – und das bin ich!« Er wendet sich mit diesem Ausspruch gegen den Antrag, einen Kanzlerkandidaten aufzustellen. Jeder wisse ja, so sein Argument, dass man mit 1 8 Prozent in Deutschland keinen Kanzler stellen kann. Die FDP folgt ihm und Möllemann guckt in die Röhre. Ein Jahr später
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