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Fremd fischen

Fremd fischen

Titel: Fremd fischen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Giffin
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Wasser für die Nudeln auf, zünde Kerzen an und mache die Flasche Chardonnay auf. Ich schenke zwei Gläser ein und nehme einen Schluck von meinem. Ich schaue auf die Uhr. Noch zehn Minuten Zeit. Zehn Minuten, in denen ich dasitzen und über mein neues Leben nachdenken kann und darüber, was es für ein Gefühl ist, Dexters legitime, einzige Liebe zu sein. Ich mache es mir auf der Couch bequem, schließe die Augen und atme tief ein. Gute Düfte und schöne, klare Klänge erfüllen meine Wohnung. Ruhe und Frieden überkommen mich, als ich mir bewusst mache, dass keine schlechten Gefühle mehr da sind: keine Eifersucht, keine Sorge, keine Angst, keine Einsamkeit.
    Erst jetzt erkenne ich, dass das, was ich fühle, vielleicht wirklich wahre Zufriedenheit ist. Sogar Glück. In den letzten paar Tagen, als ich die ersten Regungen dieses Gefühls in meinem Herzen gespürt habe, ist mir der Gedanke gekommen, dass der Schlüssel zum Glück vielleicht nicht bei einem Mann liegen sollte. Dass eine unabhängige, starke Frau sich aus eigenen Stücken erfüllt und vollständig fühlen soll. Das mag so sein. Und ich möchte gern glauben, dass ich auch
ohne Dex in meinem Leben irgendwie Zufriedenheit gefunden hätte. Aber die Wahrheit ist, dass ich mich mit Dex so frei fühle wie niemals, als ich Single war. Mit ihm bin ich mehr ich selbst als ohne ihn. Vielleicht wirkt so wahre Liebe.
    Und ich liebe Dex. Ich habe ihn von Anfang an geliebt, schon damals an der Uni, als ich mir selbst vorgemacht habe, er sei nicht mein Typ. Ich liebe ihn wegen seiner Intelligenz, seiner Empfindsamkeit, seines Mutes. Ich liebe ihn ganz und bedingungslos und ohne Vorbehalt. Ich liebe ihn so sehr, dass ich Risiken eingehe. Ich liebe ihn so sehr, dass ich eine Freundschaft opfere. Ich liebe ihn so sehr, dass ich mein eigenes Glück akzeptiere und dazu benutze, ihn glücklich zu machen.
    Es klopft. Ich stehe auf, um die Tür aufzumachen. Ich bin bereit.

Es ist Samstag, und heute hätte Darcys und Dexters Hochzeit sein sollen. Ich bin mit Dex im«7B», in der Bar, in der alles begonnen hat, am Vorabend meines dreißigsten Geburtstags. Wir sitzen am selben Tisch wie damals. Es war meine Idee, hierher zu gehen. Ich habe es spielerisch vorgeschlagen, aber in Wahrheit hatte ich das starke Bedürfnis, hierher zurückzukehren und noch einmal zu erleben, wie ich mich fühlte, bevor das alles anfing. Ich würde Dex gern fragen, ob er heute Abend Wehmut empfindet, aber stattdessen erzähle ich ihm eine Geschichte von Les – wie er mich auf dem Flur zusammengestaucht hat, weil ich im Entwurf
für einen Schriftsatz keine Querverweise eingebaut hatte.
    « Der Kerl scheint ein ganz miserabler Typ zu sein … Kannst du nicht für jemand anderen arbeiten?»
    « Nein. Ich bin seine persönliche Sklavin. Er monopolisiert meine Arbeitszeit, und inzwischen bittet mich keiner der anderen Partner mehr, ihre Fälle zu bearbeiten, weil Les dann unweigerlich seinen Rang raushängt und sie auf dem Trockenen sitzen lässt. Ich sitze in der Falle.»
    « Hast du schon mal daran gedacht, die Firma zu wechseln?»
    « Manchmal, ja. Gerade heute hab ich angefangen, meinen Lebenslauf zu überarbeiten … Vielleicht lasse ich die Juristerei überhaupt sausen – obwohl ich keine Ahnung hab, was ich dann tun soll.»
    « Du wärst auf so vielen Gebieten gut», sagt Dex.
    Ich setze bestärkend auf die wachsende Liste der Dinge, die ich an ihm liebe.
    Ich überlege, ob ich ihm sagen soll, dass ich daran gedacht habe, für eine Weile nach London zu ziehen. Ob er mitkommen würde? Aber heute Abend ist nicht der richtige Zeitpunkt für dieses Gespräch. Dicht unter der Oberfläche ist schon genug im Gange. Er wird an sie denken müssen, wird sich fragen: Was wäre, wenn …? Wie könnte es anders sein?
    « Ich werfe ein bisschen Geld in die Musicbox», sage ich.
    « Soll ich mitkommen?»
    « Nein. Ich bin gleich wieder da.»
    « Aber such was Gutes aus, ja?»
    Ich werfe ihm einen Blick zu, der ihm«Vertrau mir»sagen soll. Ich gehe vorbei an einem schweigend rauchenden Paar zur Musicbox und schiebe einen zerknitterten
Fünfer-Schein hinein. Der Automat spuckt den Schein dreimal wieder aus, aber ich bin geduldig; ich streiche die Kanten auf dem Oberschenkel glatt, und schließlich bleibt das Geld drin. Ich gehe die Songs durch und überlege sorgfältig. Ich suche Stücke aus, die Dex gern hört, und solche, die mich an unseren ersten gemeinsamen Sommer erinnern. Und natürlich spiele ich Thunder

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