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Fremde Gäste

Fremde Gäste

Titel: Fremde Gäste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Scott
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    Bei dem Gedanken, zu den
Absonderlichen zu gehören, flammten Pauls Augen empört auf, aber da gerade
David ins Zimmer trat, konnte er mir das nicht heimzahlen.
    Der junge Mann gewann bei der
näheren Bekanntschaft. Vielleicht war er auch der Typ, der sich im Umgang mit
einer Frau von der unangenehmen Seite zeigt, jedenfalls benahm er sich Paul
gegenüber weder überheblich noch frech. Er betonte, daß ihm die Gegend, soweit
er sie bis jetzt gesehen habe, recht gut gefalle. Er bat sogar Paul um eine
Erklärung, warum die Landwirtschaft auf der Höhe so anders betrieben werde als
im Flachland. Das war ein vorzüglicher Anfang, und da ich einen anstrengenden
Tag und eine lange Fahrt hinter mir hatte, bestanden die beiden Männer nach dem
Essen netterweise darauf, den Abwasch zu erledigen. Das machte mir unseren Gast
gleich noch sympathischer. Ich schlüpfte auf den Flur hinaus, schloß sorgfältig
die Tür hinter mir und wählte Larrys Nummer, um ihr meine Neuigkeit zu
berichten.
    »Du wirst nie erraten, was ich
mitgebracht habe !«
    »Hoffentlich einen jungen Hund !« sagte meine Freundin. Sie hat einen feinen Riecher, und
der führt sie unweigerlich zu den Vierbeinern.
    »Keine Spur! Etwas viel
Aparteres. Einen Anhalter.«
    »Ein nettes Mädchen? Eine
Studentin, die einen Job sucht?«
    »Das letztere stimmt, aber das
erste nicht. Einen Burschen.«
    »Du liebe Güte! Nach allem, was
du über die Anhalter gesagt hast?«
    »Es war ein verständlicher
Irrtum. Er wandte mir den Rücken zu und...« In diesem Moment kamen Paul und
David über den Flur, und ich legte den Hörer auf. Doch zuvor sagte ich noch
schnell: »Du wirst alles verstehen, wenn du ihn siehst !«
    Zu meinem großen Vergnügen
fragte sie: »Hatte er ein Baby auf dem Arm? Oder trug er einen Schottenrock ?«

2
     
    Wie zu erwarten, meinte Paul:
»An deiner Stelle würde ich den Colonel anrufen. Zu dir hat er gesagt, daß er
einen Helfer braucht. Du kommst mit dem alten Herrn so gut zurecht, daß du ihn
vielleicht dazu überreden kannst, so einen langhaarigen Bengel zu engagieren .«
    Das war natürlich eine Ausrede,
denn Paul und Colonel Gerard sind gut befreundet. Als ich aber darauf hinwies,
brummte Paul nur: »Schließlich ist es ja dein Findling !« Und das konnte ich nicht abstreiten.
    Das war nun eine heikle
Aufgabe. Ich kam zu dem Schluß, es sei das beste, mit dem Wagen
hinunterzufahren, sobald Patience zur Schule gegangen war, und in Ruhe alles
mit dem Colonel zu bereden. Er verabscheute nämlich Frauen, die irgendwelche fremden
Männer im Wagen mitnehmen, und außerdem bestand das heikle Problem der langen
Haare. Ich fand, daß beides besser unter vier Augen zu besprechen sei, um so
mehr, als der liebe Colonel am Telefon ziemlich schlecht hört.
    Es gab eine Zeit, da Larry ihm den
Spitznamen »Der Großfürst« angehängt hatte. Damals schien er in unseren Augen
auch wirklich einer zu sein. Aber das war schon lange her. Inzwischen hatten
wir ihn lieben und verstehen gelernt. Er hatte noch immer etwas von einem
Feudalherrn an sich, doch uns hatte er nicht als seine Untergebenen, sondern
als seine Familie angenommen. Als ich David mitteilte, ich wolle seinen
künftigen Brotherrn aufsuchen, wollte er gleich mitfahren.
    »Da kann er sofort das Ärgste
feststellen«, meinte er keck. Er war beinah beleidigt, als ich das kategorisch
ablehnte, weil ich gerade das dem Colonel ersparen wollte.
    Heute morgen sah der junge Mann
besonders hübsch aus mit dem reichen, über die Schultern fallenden Blondhaar
und in dem sauberen, wenn auch verknitterten Hemd, das er aus seinem Bündel
hervorgezogen hatte.
    Ich blieb fest; er durfte mich
nicht begleiten. »Es ist einfacher, alles zu erklären, wenn ich allein bin; ich
kenne ihn so gut, verstehen Sie ?«
    In diesem Fall könne er nicht
einsehen, weshalb dem Herrn alles so schonend beigebracht werden müsse,
erwiderte David.
    Das ärgerte mich. »Es ist aber
besser! Nicht die Tatsache Ihrer Ankunft muß ich ihm schonend beibringen,
sondern die Sache mit Ihren Haaren. Im Ernst, David, ich weiß ja, ich bin
altmodisch, aber ist Ihre Haartracht nicht etwas
übertrieben? Für die Uni mag’s ja noch gehen, aber hier in der Wildnis, wie Sie
das nennen, wird man schwerlich Verständnis dafür aufbringen. Wie wär’s, wenn
Sie mich die Haare wenigstens bis zur Schulter abschneiden ließen? Dann wäre es...
na, es wäre weniger auffallend .«
    Zuerst wollte er nichts davon
hören. »Nach all den Monaten, wo ich sie

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