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Fremde Gäste

Fremde Gäste

Titel: Fremde Gäste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Scott
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1
     
    »Ich bin völlig deiner
Meinung«, sagte Paul.
    Ich war überrascht. Mein Mann
stimmt selten mit Larry, unserer nächsten Nachbarin und Freundin, überein.
Obwohl die beiden einander gut leiden können, scheinen sie ein seltsames
Vergnügen darin zu finden, über jedes Ding in dieser Welt verschiedener Meinung
zu sein. Ich kam gerade ins Zimmer, als Paul das sagte, und fragte gleich, in welcher
Angelegenheit sie übereinstimmten.
    »Wegen der Anhalter«, sagte
Larry. »Da ist wieder mal so ein Fall, wo eine Frau von einem Kerl überfallen
wurde, den sie mitgenommen hatte. Es ist einfach ein Blödsinn, wenn eine Frau
Tramper mitnimmt, jedenfalls wenn es Männer sind .«
    Da mußte ich ihr recht geben.
Ich bin zwar auf unseren ruhigen Landstraßen noch nie angehalten worden, aber
ich würde es mir zweimal überlegen, ehe ich so ein männliches Wesen mitnähme,
wie sie in den Straßen der Stadt herumlungern und nach einem geeigneten
Autofahrer Ausschau halten.
    Mit Mädchen ist das natürlich
etwas anderes. Wenn man sie so müde und schwer bepackt dastehen sieht, hält man
selbstverständlich und erklärt sich bereit, sie mitzunehmen, vorausgesetzt, daß
sie keinen männlichen Begleiter haben.
    »Ich kann einfach nicht
begreifen«, sagte Sam — er ist Pauls Freund und Larrys Mann-, »warum manche
Frauen es doch tun. Immer wieder werden sie davor gewarnt; trotzdem werden sie
das Opfer solcher Halunken, die ihnen ihr Geld wegnehmen oder sie aus dem Auto
werfen und dann damit abhauen .«
    In unserer Mißbilligung waren
wir uns absolut einig; das war doch mal eine Sache, in der wir alle vier von
Grund auf einer Meinung waren. Denn obwohl wir seit zwölf Jahren befreundet
waren, schien die Verbindung meist gerade durch die Meinungsverschiedenheiten
zu gedeihen, besonders bei Paul und Larry. Schon jetzt störte mein Mann fast
wieder den Frieden, als er, zwar taktvoll, aber ehrlich sagte: »Es freut mich,
nun endlich doch einmal gesunden Menschenverstand bei dir feststellen zu
können, Larry! Es gab ja Zeiten, wo ihr beide, du und Susan, für jedes
närrische Abenteuer zu haben wart. Jetzt aber...«
    »Jetzt«, unterbrach ihn Larry
und imitierte genau Pauls Art und seinen Tonfall, wenn er uns eine Lektion für
angemessenes Verhalten junger Mütter gibt, »jetzt bemerke ich zu meiner Freude,
daß ihr beide doch einen gewissen Schimmer von Einsicht zeigt. Es war aber auch
höchste Zeit !«
    Damit war der Krieg wieder
einmal erklärt, und wir kamen von dem Thema »Anhalter« immer weiter ab. Doch
zum Schluß meinte Paul: »Wenn du auch noch soviel Unsinn redest, Larry, ich bin
sehr erleichtert, daß ihr, du und Susan, einseht, wie dumm es ist, wenn eine
Frau so ein Mannsbild im Auto mitnimmt .«
    Nach alledem war es wohl
ziemlich unverständlich, daß ich das drei Tage später doch tat. Ich nahm einen
Anhalter nicht nur im Auto mit, ich bot ihm sogar meine Gastfreundschaft an!
    Das kam so: Ich wollte von Te
Rimu aus die Heimfahrt antreten. Da sah ich am Stadtrand eine müde Gestalt den
fahrenden Autos zuwinken. Es war ein naßkalter Tag, der überhaupt nicht in die
hochsommerliche Zeit paßte, aber ein solches Wetter schien für dieses Jahr
typisch zu sein. Das bedauernswerte Geschöpf stand im Regen; aus den langen,
goldblonden Haaren liefen die Tropfen herab. Diesem Haar konnte ich nicht
widerstehen. »Wie schön muß es sein, wenn es trocken ist«, dachte ich. Jetzt
war es so lang und triefnaß; irgendwie sah es mitleiderregend aus.
    Ich stoppte den Wagen und
sagte: »Ich fahre aufs Land. Kann ich Sie irgendwo absetzen ?«
    Sie nickte kurz und kletterte
ins Auto. Ihr Schweigen wunderte mich, und ich fragte: »Wo wollen Sie denn hin?
Kann ich Sie hinbringen ?«
    Ich fuhr hoch, als die Antwort
kam: »Ach, irgendwohin, je weiter, desto besser. Ich suche Arbeit auf einer
Farm .«
    Nicht diese Worte überraschten
mich so sehr, daß ich den Motor abstellte, obgleich es seltsam genug schien,
daß sich eine Arbeitslose nach einem Job auf dem Lande umsah. Es war die
Stimme, die sicherlich nicht einem jungen Mädchen gehörte. Ehe ich den Motor
wieder anließ, besah ich mir meinen Mitfahrer, der mir jetzt sein Gesicht
zuwandte. Er hatte nicht nur lange Haare, sondern auch ein dünnes, goldblondes
Bärtchen. Tatsächlich! Ich hatte das Verbot übertreten und einem jungen Mann
von etwa zweiundzwanzig Jahren und vermutlich gewalttätiger Art einen Platz in
meinem Auto angeboten. Die Bestürzung war mir wohl anzusehen, denn

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