Fremde Gäste
eine Post, Elektrizität, alle
Annehmlichkeiten. Das können Sie doch nicht als Wildnis bezeichnen !«
Er blickte hinüber auf das
blaue Band des Meeres, das der Horizont begrenzte, und ich spürte, daß es ihm
gefiel. Das veranlaßte mich, ihm die Übernachtung anzubieten. Er nahm gelassen
an, ohne sich der Frau besonders dankbar zu zeigen, die ihm, einem wildfremden
Menschen, immerhin eine große Freundlichkeit erwies.
»Sie sollten von uns und
unseren Nachbarn doch einen Begriff haben, wenn Sie hier arbeiten wollen«,
sagte ich etwas kühl. »Ich erzählte schon, wir sind die Russells, unsere Farm
liegt am höchsten. Paul hat zwei Kumpel: Sam, der mit unserer Freundin Larry
verheiratet ist, und Tim. Dessen Frau ist jünger, aber auch eine liebe Freundin
von uns. Ihr Vater, Colonel Gerard, ist der reichste von den Siedlern. Ihm
gehörte faktisch der größte Teil des Grund und Bodens, bevor die Regierung ein
gewisses Areal davon für die Heimkehrer beanspruchte. Er besitzt immer noch
viele Ländereien. Sie werden von seinem jungen Vetter namens Peter Anstruther verwaltet. Böse Zungen lästern über den
>trauten Kreis<. Aber unsere Männer sind nun mal alte Kameraden und waren
so schlau, Frauen zu heiraten, die sich gegenseitig mögen. Solange Sie nicht
von Wildnis und Hinterwäldlern reden, werden Sie gut mit allen auskommen .«
»Vielen Dank für die
Information und die Vorwarnung! Gibt’s auch Kinder in dieser noblen
Gesellschaft ?«
»Da sind einmal meine beiden:
Christopher geht in Te Rimu zur Schule, ich erwähnte es schon. Er wohnt bei
einer Tante von Larry; dort wohnt auch Larrys Tochter Christina. Die Kleineren
gehen in die Dorfschule. Anne, Tims Frau, hat Zwillinge. Auch sie gehen in
diese Schule. Anne hat auch noch ein Zweijähriges zu Hause. So, das wär’s. Wenn
Sie aber bei dem Colonel oder bei Peter arbeiten, werden Sie nicht viel von den
Kindern sehen .«
»Soll ich das bedauern? Mit
Kindern habe ich nie viel zu tun gehabt, ich mag sie aber trotzdem ganz gern.
Gibt’s denn gar keine jungen Leute hier ?«
»O ja, einige sehr attraktive
junge Mädchen; aber die sind mehr oder weniger schon gebucht .«
»Schade! Niemand zum Spaß haben !«
»Das kommt auf den Spaß an.
Tony, eine Nichte von Paul, wohnt und arbeitet bei Mrs. Adams, kommt aber an
den Wochenenden zu uns. Sie ist gerade von einer Reise nach Japan zurück .«
»Großartig, was diese
berufstätigen Mädchen sich zusammensparen! Möchte wissen, wie sie das machen !«
»Tony kann Ihnen das leider
kaum beibringen. Mit Geld kann sie überhaupt nicht umgehen. Glücklicherweise
hat sie aber einen wohlhabenden Vater; er veranstaltet Gesellschaftsreisen. Sie
arbeitet nur, weil es ihr Spaß macht .«
»In einem Siedlerladen?
Unglaublich! Ist sie das einzige hübsche Mädchen ?«
»Nein, es gibt noch mehr. Da
ist Tonys Freundin Miranda, die auch in dem Geschäft tätig ist. Aber machen Sie
sich keine falschen Hoffnungen! Beide Mädchen haben einen festen Freund. Sie
werden auch noch andere kennenlernen, die nicht gebunden und vielleicht
zugänglicher sind... Hier ist nun unsere Farm; bis zu den Rinderkoppeln sind es
nur fünfhundert Meter. Ist es nicht herrlich grün hier im Vergleich zu den
Farmen weiter draußen ?«
Ich konnte meinen Besitzerstolz
einfach nicht verbergen. Plötzlich fiel mir ein, wie er mir an Paul aufgefallen
war, als er mich vor zwölf Jahren hierherbrachte. Jetzt redete ich genauso
selbstbewußt. Kein Zweifel, der Stolz der Pioniere hatte auch mich gepackt.
Der Junge schien nicht sehr
beeindruckt. Unbekümmert, wenn auch zutreffend, meinte er: »Natürlich ist das
Klima in dieser Höhe viel feuchter. Wir fahren ja schon die ganze Zeit bergauf .«
»Jawohl, wir haben hier mehr
Regen, aber auch äußerst tüchtige Farmer. Als sie das Land übernahmen, sah
alles noch ganz anders aus .«
»Wie lange ist das her ?«
Ich mußte zugeben, daß es bald
nach Kriegsende gewesen war, und er bemerkte nur: »So viele Jahre an diesem
gottverlassenen Ort! Trotzdem sind Sie alle noch geistig normal ?«
»Das werden Sie wohl bald
feststellen können !« gab ich bissig zurück. »Hier ist
die Einfahrt; es ist nur ein Viehgatter. Sie brauchen sich also nicht die Mühe
zu machen auszusteigen, um das Tor zu öffnen .« Das war
eigentlich ungerecht, denn bisher hatte ich noch kein Anzeichen von Faulheit an
meinem Fahrgast entdecken können.
Wir fuhren die Auffahrt hinauf,
und jetzt gefiel David mir wieder besser, denn er rief:
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