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Fremde

Fremde

Titel: Fremde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gardner R. Dozois
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fort. Sekunden später war sie in der Menge verschwunden. Farber starrte ihr nach.
    Brody kicherte. Er hatte sich den Wortwechsel mit offenem Interesse und keineswegs verlegen angehört. Die Sache schien ihn ganz offensichtlich anzuturnen. Jetzt schlug er Farber auf die Schulter. »Scheiß drauf«, verkündete er mit einer Stimme, die nach der bekifften Parodie eines herzhaften Von-Mann-zu-Mann klang. »Scheiß drauf, auf alle, sage ich immer. Es gibt Millionen Fotzen auf der Welt. In der nächsten Minute kommt immer schon die nächste vorbei.«
    »Warum kümmerst du dich nicht um deinen eigenen Scheiß«, fuhr Farber ihn an.
    »Auf dich scheiß ich auch, Jack«, erklärte ihm Brody freundlich und ohne jeden Groll. Er schien richtig vergnügt darüber zu sein. Abrupt kicherte er wieder los, als habe er bei einem Witz die Pointe nicht mehr abwarten können. Er feixte Farber zu und meinte mit wohlmeinender, langmütiger Weisheit: »Du wirst schon noch dahinterkommen.« Er ließ noch ein wehmütiges »Oh, Mann« folgen, dann schlug er eine neue Richtung ein und wanderte Richtung Strand davon. Und er lächelte und lächelte und lächelte.
    Die anderen Terraner waren während des Streites zurückgeblieben und schlossen nun wieder auf. Fred Lloyd gab Brody einen Schubs, damit er wieder die richtige Richtung fand. Ed Lacey ging mit zwei Freunden vorbei, alle drei eifrig Narkotika aus ihren Zerstäubern schnüffelnd. Dann kam Janet LaCorte, die Farber im Vorbeigehen einen tadelnden Blick zuwarf; sie war Kathys Freundin. Lloyd trug einen umfassenden Ausdruck herablassender Langeweile zur Schau, den zu perfektionieren es nach Farbers Ansicht Jahre hingebungsvoller Übung bedurft haben mußte. »Kommst du?« fragte Lloyd. Farber schüttelte den Kopf. Lloyd zuckte die Achseln, und die Terraner zogen weiter. Farber war froh, sie loszuwerden. Von der Vergeblichkeit jeder irdischen Mission zermürbt, gaben sie sich auf eine Selbsterkenntnis vortäuschende Art zynisch und bitter. Sie stellten sich gerne vor, von einem Flair Fin-de-siécle -Dekadenz umgeben zu sein. In Wirklichkeit war es nur Langeweile.
    Farber warf sich schließlich auch ins Gewühl und begann, sich einen Weg durch die dichte Masse der Leiber zu bahnen. Ekel und Selbstmitleid erfüllten ihn. Kathy ging erst seit ein paar Tagen mit ihm, und schon konnte sie seiner so sicher sein, daß sie ihn auslachte und dann in einer feiernden Menge verschwand, genau wissend, er würde auf sie warten, wenn sie sich entschloß, zu ihm zurückzukehren. Und genau das würde er tun. Nachdem er das erst einmal geschluckt hatte, wich seine Wut bald dumpfer Resignation. Lichtjahre von zu Hause und seiner Rasse entfernt, war er gezwungen, sich an etwas zu klammern – und sie war dieses Etwas. Gedankenverloren schob er sich weiter. Er war von der Straße abgekommen und lief jetzt über Sand, der sich unter seinen Füßen bewegte und wisperte. Eine Kette von Sanddünen erhob sich vor ihm. Hartes Seegras und Eisenholzbüsche wuchsen darauf.
    Als er eine der Dünen erklommen hatte, sah er den Alàntene unter sich ausgebreitet. Er blieb stehen, schwankte, ein wenig betrunken, allein in der fremden Nacht. Er war ein großer Mann mit langsamen Bewegungen, kugelköpfig und stiernackig, dunkle Augen unter einer zottigen Mähne blonden Haars. Er hatte ein grobes, starkknochiges Gesicht, das von dicken, glatten Backen und einem massigen, herausfordernden Kinn beherrscht wurde – breit, vorstehend und streitsüchtig. Es war ein arrogantes Gesicht, über dem jetzt jedoch ständig der Schatten nachdenklicher Verwunderung lag. Seine Augen wirkten auf unpassende Art verloren und verletzlich, hoben sich von dem grob geschnittenen, brutalen Gesicht ab – als säße innen ein furchtsames Kind, das herausspähte, während es den massigen Körper mit Pedalen und Riemen bewegte. Das langgezogene, bis ins Mark gehende Brausen des Gesanges brandete zu ihm auf die Düne hinauf und traf sein Gesicht, und das geduldige, elementare Dröhnen der Trommeln erschütterte den Sand unter seinen Füßen. Während er zuhörte und seine Wut sich endgültig legte, wurde er wieder von dem endlosen Meeresgesang überwältigt, ertränkt, aufgelöst, fortgeschwemmt wie ein Sandkorn von den Gezeiten, um über die geheimen Plätze auf dem Meeresgrund gerollt und dann nach einem Jahrzehnt oder tausend Jahren wieder irgendwo an den Strand gespült zu werden. Vorsichtig begann er die Düne hinabzusteigen und grub dazu die Fersen

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