Fremde
semantischen und anthropologischen Computer schon tun. Wenn Farber nur an die entsprechenden Fakten herankäme.
»Joe, hör mich an«, sagte Ferri drängend. »Du bist hier neu. Du merkst gar nicht, was für eine gottverdammt heimliche Kultur das ist. Auf der Oberfläche wirkt alles recht offen und entspannt; jeder ist freundlich und höflich und fast ohne Streß, verglichen mit einer irdischen Gesellschaft wie in Amerika oder Rußland. Wenig Anzeichen von Neurosen, wenige Fälle von Wahnsinn; Selbstmordrate gering, durch Streß verursachte Krankheiten selten, psychosomatische Krankheiten fast unbekannt. Aber sie sind so absolut besessen, ihr Privatleben für sich zu behalten! Das ist einfach sakrosankt. Sie reden nie darüber. Sie wollen uns auch nichts untersuchen lassen. Wir sind seit mehr als zehn Jahren hier und wissen immer noch nichts über sie, abgesehen von dem, was sie uns selbst preisgeben. Nichts, verdammt nichts! Uns ist es noch nie gelungen, einen Cian körperlich zu untersuchen, geschweige denn, einen zu sezieren. Joe, du mußt uns einfach helfen!«
»Ich weiß nicht«, antwortete Farber.
»Ich kann dich bezahlen, aus meinem Cornell-Etat. Ganz gut.«
»Das ist es nicht.«
»Was ist es dann?«
»Ich weiß einfach nicht, ob ich so etwas tun möchte. Ich glaube, ich mag es nicht.«
»Es gibt auf dieser Welt eine Hölle von Fragen, mehr, als es Antworten gibt. Du weißt das, Joe«, fuhr Ferri fort, als habe er Farber nicht gehört, als existiere die Möglichkeit einer verneinenden Antwort gar nicht. »Zum einen, ich möchte um alles in der Welt wissen, wie die Schneider deinen Genotyp ändern wollen. Sie werden doch nicht deinen Körper aufschneiden und mit kleinen Hammern und Schraubenziehern an jeder Zelle in deinem Körper herumfummeln, oder? Sicher nicht. Aber wer weiß – man hat mir gesagt, ihre genetische Wissenschaft sei die am weitesten entwickelte der bekannten Galaxis und daß sie auf dieser Basis weiten interstellaren Handel treiben … Es ist so verdammt frustrierend, wenn man sich den technologischen Stand dieser Zivilisation vorstellt, so wie er wirklich ist. Soweit ich sagen kann, haben die Cian die Fähigkeit, Raumfahrt zu betreiben, wenn man alle Einzelheiten ihrer Technologie richtig zusammenstellen würde, und diese Kapazität haben sie schon seit tausend Jahren. Sie wollen es einfach nicht – es interessiert sie nicht. Verdammt, niemand schert sich darum. Sieh dir doch die primitive Lebensweise an, Karren, die von Tieren gezogen werden, und das andere alles. Sie müssen das nicht! Die Technologie ist da, steht seit über tausend Jahren zur Verfügung – so sagen sie –, aber sie setzen sie einfach nicht ein. Sie kennen effiziente Massenkommunikation und Hochgeschwindigkeitstransportsysteme, aber sie setzen sie nur selten ein; die meiste Zeit über laufen sie zu Fuß, und in ganz Aei gibt es kein öffentliches Telefonnetz, außer in der Enklave. Was für eine kulturelle Entwicklung produziert eine solche Psychologie?« Er machte eine Pause, um sich über das Gesicht zu wischen und starrte dann Farber an.
»Ich weiß es nicht«, entgegnete Farber milde. Er hatte beschlossen, es habe keinen Zweck, die Fluten von Ferris Rede einzudämmen, wenn sie erst einmal entfesselt waren.
»Du hast so verdammt recht, weißt du!« sagte Ferri wütend und wischte sich wieder über das Gesicht. »Keiner weiß es. In der Geschichte der Erde hat es so etwas nie gegeben. Trotz der gelegentlichen Ludditen und Zurück-zur-Natur-Freaks. Es hat niemals eine menschliche Gesellschaft gegeben, die alle Geräte und Wohltaten einer hochentwickelten Technologie zur Verfügung hatte und sie nicht benutzte, deren Mitglieder einfach keine Lust hatten, sie zu benützen – und ich glaube, auf der Erde wird es eine solche Gesellschaft auch niemals geben. Das einfache Leben, edle Wilde und all das – alles nur Blödsinn. Primitive Völker grapschen immer gierig nach den Bequemlichkeiten, die ihnen langfristig Schaden zufügen, auch wenn die zivilisierten, bequemen Methoden nicht so gut funktionieren wie die alten primitiven. Sieh dir die Eskimos an, zum Teufel! Wie hält man sie in ihren Iglus, nachdem sie erst einmal ein Einkaufszentrum gesehen haben?«
»Die Cian sind aber keine Eskimos«, meinte Farber.
»Verdammt richtig! Verdammt treffend!« rief Ferri sarkastisch. »Du hast den Nagel wieder einmal auf den Kopf getroffen, mein Freund. Die Cian sind keine Eskimos. Verdammt klug. Aber dennoch tun wir so,
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