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Frieden auf Erden

Frieden auf Erden

Titel: Frieden auf Erden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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geschmort und sterilisiert, wenn das auch in die Milliarden geht. Aber ruhig Blut, es rentiert sich.«
    »Für wen?« fragte ich. Dieser Gramer war sonderbar, die ganze Zeit tat er, als wolle er sich verabschieden, machte aber keine Anstalten, aufzustehen und zu gehen. Offenbar wollte er mir sein Leid klagen, weil ich als einziger im ganzen Sanatorium wußte, wer er wirklich war. Sollte er mit seinem verpfuschten Leben etwa zu den Psychiatern gehen?
    »Für wen?« wiederholte er. »Für die Waffenhersteller, für alle Zweige der Industrie. Für alle. Sie kramen die alten Pläne aus den Bibliotheken, bauen erst ein paar klassische Anlagen und Raketen und machen sich dann über die Computerleichen her. Die ganze Hardware steht ja da wie eine wohlkonservierte Mumie, nur die Software ist beim Teufel. Warte nur ein paar Jahre, dann wirst du sehen!«
    »Die Geschichte wiederholt sich niemals genau«, bemerkte ich und schenkte ihm ein, ohne zu fragen. Er leerte das Glas auf einen Zug, verschluckte sich diesmal nicht, aber seine Glatze lief rot an. In dem durchs Fenster einfallenden Sonnenstrahl spielten kleine glänzende Fliegen.
    »Dieses Viehzeug ist natürlich heil davongekommen«, sagte Gramer finster. Er sah hinaus in den Park, wo die Patienten wie immer in bunten Morgenmänteln und Pyjamas durch die Alleen schlurften. Der Himmel war blau, die Sonne schien, der Wind wiegte die Kronen der großen Kastanienbäume, die Rasensprenger drehten sich, in den Strahlen des versprühten Wassers spielten die Farben des Regenbogens. Mittlerweile war eine Welt untergegangen, unwiederbringliche Vergangenheit geworden, eine andere aber noch nicht einmal in Sicht. Ich teilte Gramer diesen Gedanken nicht mit – dafür war er zu banal – und schenkte den restlichen Schnaps in die Gläser.
    »Willst du mich besoffen machen?« fragte er, trank aber aus, setzte das Glas ab und stand endlich auf. Er warf sich das Jackett über und blieb, die Hand auf der Türklinke, noch einmal stehen.
    »Wenn dir etwas einfallen sollte … du weißt schon … dann schreibe mir. Wir vergleichen es.«
    »Wir vergleichen es?« fragte ich wie ein Echo.
    »Ja, denn unter uns gesagt: ich habe darüber meine Vorstellungen.«
    »Weshalb ich gelandet bin?«
    »Sozusagen.«
    »Dann heraus damit!«
    »Ich darf nicht.«
    »Warum nicht?«
    »Es steht mir nicht an, ich habe einen Diensteid abgelegt, und Dienst ist Dienst. Wir haben an verschiedenen Seiten des Tisches gesessen.«
    »Aber der Tisch ist nicht mehr da. Nun sei mal nicht so dienstgeil. Übrigens kann ich dir mein Ehrenwort geben, es für mich zu behalten.«
    »Du bist gut! Du wirst es niederschreiben, veröffentlichen und behaupten, dein Gedächtnis sei zurückgekehrt.«
    »Dann wirst du eben mein Teilhaber. Sechs Prozent meines Honorars.«
    »Gibst du mir das schriftlich?«
    »Selbstverständlich.«
    »Zwanzig!«
    »Du überspannst die Sache.«
    »Ich?«
    »Langsam glaube ich ohnehin zu ahnen, was du mir sagen kannst.«
    »So?«
    Er wurde verlegen. Offenkundig hatte er zuviel Wissenschaft geschluckt, aber zuwenig von anderer Ausbildung genossen. Ich fand, er eignete sich nicht besonders für seinen Beruf, aber ich sagte es ihm nicht. Er wollte sich ja sowieso pensionieren lassen.
    Er schloß wieder die Tür, sah – gewiß aus bloßer Routine – aus dem Fenster, setzte sich auf die Kante des Schreibtisches und kratzte sich hinterm Ohr.
    »Dann rede«, grunzte er.
    »Wenn ich rede, wirst du keinen Cent zu sehen kriegen …«
    Hinter seinem Rücken grünte der Park. Der alte Padderhorn fuhr in einem Rollstuhl die Allee entlang, in der Hand wie einen Marschallstab seinen halbmeterlangen Löffel. Der Pfleger, der ihn schob, rauchte seine Zigarre. Einige Schritte dahinter folgte Padderhorns Gorilla, nur in Shorts, mit braungebranntem, muskulösem Oberkörper, auf dem Kopf einen breitrandigen weißen Hut, das Gesicht beschattet von einem aufgeschlagenen bunten Comic. Am schlaffen Gürtel baumelte die Pistolentasche und schlug gegen den Oberschenkel.
    »Nun mach den Mund auf oder die Tür hinter dir zu, mein alter Freund!« sagte ich. »Du weißt ja, daß die Agentur sowieso alles abstreitet, was ich veröffentliche.«
    »Aber ich kriege Ärger, wenn du mich als Informanten erwähnst.«
    »Gegen Ärger hilft nichts so gut wie Geld. Übrigens werde ich dich erwähnen, falls du mir nichts sagst! Außerdem finde ich, daß du zur Kur mußt. Du bist völlig mit den Nerven herunter, das sieht man. Was guckst du

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