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Frieden auf Erden

Frieden auf Erden

Titel: Frieden auf Erden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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unbedingt. Man kann der Träger von Krankheitserregern sein, ohne davon zu wissen.«
    »Aber die Geschichte mit dem Raumanzug?«
    »Ja, das ist eine harte Nuß. Das hat dir jemand eingefüllt, oder du hast es selbst getan. Die Frage ist nur, wozu.«
    »Wissen Sie es nicht?«
    »Ich bin kein Hellseher. Die Situation ist reichlich verworren. Du bist gelandet, um ETWAS zu holen. Du hast ETWAS gefunden. JEMAND hat dich der Erinnerung zu berauben gesucht, und zwar in beiden Angelegenheiten. Daher die Kallotomie.«
    »Also gab es mindestens drei antagonistische Seiten?«
    »Es kommt nicht auf die Zahl an, sondern darauf, sie zu identifizieren.«
    »Warum ist denn nun gerade das so wichtig? Früher oder später wird das Fiasko des ganzen Mondprojekts doch sowieso publik. Und wenn diese Selenozyten auch zum ›Immunsystem‹ des Mondes geworden sind – welchen Einfluß kann das auf die Erde haben?«
    »Einen zweifachen. Erstens – das war lange vorauszusehen – eine Erneuerung des Wettrüstens. Zweitens – das ist die hauptsächliche Überraschung – das Interesse, das die Selenosyten an uns zeigen.«
    »An den Menschen? An der Erde? Nicht nur an mir?«
    »Das ist es ja.«
    »Was machen sie denn?«
    »Vorläufig vermehren sie sich.«
    »In den Labors?«
    »Ehe unsere Leute überhaupt durchsahen, war das Zeug in alle Himmelsrichtungen verflogen. Dir ist nur ein winziger Teil gefolgt.«
    »Und dieses Zeug vermehrt sich? Und weiter?«
    »Weiter nichts, ich sagte es doch. Die Dinger sind so groß wie Ultraviren.«
    »Wovon ernähren sie sich?«
    »Von Sonnenenergie. Ich habe gehört, daß man sie schon auf etliche Trillionen schätzt, zu Wasser, zu Lande und in der Luft.«
    »Und sie sind völlig unschädlich?«
    »Bis jetzt ja. Das ist es doch, was die größte Sorge ausgelöst hat.«
    »Warum denn?«
    »Ganz einfach: Nicht nur aus beträchtlicher Höhe, sondern auch auf dem Handteller sehen sie aus wie feinkörniger Sand. Du bist gelandet, und dafür muß es einen Grund gegeben haben. Aber was für einen? Das ist es, was herausgebracht werden soll.«
    »Wenn ich mich aber an nichts erinnere – weder ich noch das übrige von mir?«
    »Wie du mit diesem übrigen klarkommst, weiß ja keiner, und außerdem gibt es verschiedene Arten von Amnesie – unter Hypnose oder anderen besonderen Umständen läßt sich ein Mensch entlocken, woran er sich um keinen Preis erinnern konnte. Mit dir gehen sie sanft und behutsam um, weil sie Angst haben, ein Schock, eine Gehirnerschütterung oder irgendein Trauma könnte beschädigen oder auslöschen, was du wissen könntest, wenn du dich auch nicht erinnerst. Außerdem liegen unsere Leute untereinander in Zwietracht über die angemessene Methode der Untersuchung. Diese Fehde ist deiner Gesundheit bisher sehr zuträglich gewesen.«
    »Ich glaube nun zu wissen, welchen Stellenwert ich in dieser Geschichte einnehme. Warum haben aber die Erkundungsflüge nach mir nichts gebracht?«
    »Wer hat dir das gesagt?«
    »Mein erster Besucher, der Neurologe.«
    »Was hat er konkret gesagt?«
    »Daß die Kundschafter zwar zurückgekehrt, aber mit einer Show konfrontiert worden seien. So drückte er sich aus.«
    »Verlogenerweise, denn soviel ich weiß, hat es nacheinander drei Erkundungen gegeben. Zwei waren teleferistisch, und sämtliche Sendlinge sind dabei draufgegangen. Meiner wurde nicht mehr verwendet, nur die konventionellen Typen. Sie besaßen zwar besondere Raketen, um Gesteinsproben an Bord des Raumschiffs schießen zu können, aber es kam dabei nichts heraus.«
    »Wer hat sie vernichtet?«
    »Das weiß man nicht, weil der Funkkontakt sehr schnell abbrach. Sie waren erst im Landeanflug, als sich das Gelände in einem Radius von mehreren Meilen sofort mit einem Nebel oder Qualm überzog, den kein Radar mehr durchdrang.«
    »Das ist mir neu. Und der dritte Kundschafter?«
    »Er war am Ort, landete und kam zurück. In völliger Amnesie. Erst an Bord kam er zu sich. So habe jedenfalls ich es gehört, ich bin nicht ganz sicher, ob es stimmt. Gesehen habe ich ihn nicht. Je dunkler die Lage, desto größer die Geheimhaltung. Daher weiß ich nicht, ob auch er solchen Staub mitgebracht hat. Ich schätze, man wird den armen Kerl in die Mangel nehmen, dabei aber nicht viel Erfolg haben. Sonst wäre man nicht so scharf auf dich.«
    »Was soll ich tun?«
    »Ich sehe die Sache als verkorkst, aber nicht hoffnungslos an. Die Selenozyten werden in relativ kurzer Zeit die Überreste der Mondrüstung

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