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Fruehling

Fruehling

Titel: Fruehling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Maria Rilke
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vor einem her, weiß Gott wohin. Auf den griechischen Inseln muß er stärker gewesen sein, größer, gefährlicher, hinreißender. Hier hat er etwas vom achtzehnten Jahrhundert behalten, etwas watteauhaftes; als ginge er nicht über die letzten großen Bäume hinaus, als wäre er in den Parken, wie in einem Bild: als wären diese Parke alles und der Himmel ein Überfluß, ein Geschenk, eine Verschwendung über alles hinaus.
    Nádherný (30. 5. 1908), 49 f.
    … also, ich melde mich in Paris; denken Sie, daß es, da ich ankam, im dichtesten Schneetreiben kaum zu finden war, so bekam ich auch noch den Winter zu wissen und darf nun den Frühling von allem Anfang an mitmachen.
    A. Kippenberg I (11. 4. 1911), 250
    N un glauben Sie nicht, daß ich mich beklage oder daß Paris mich enttäuscht. Im Gegentheil ich finde es wieder so vollzählig und in sich bewegt, so einstimmig mit dem Frühling, aus dem es so viel macht, wie eine schöne Frau aus einem Kleid machen kann, das sie gerne und in einer von sich überzeugten Stunde trägt. Stellen Sie sich vor, Fürstin, daß sich außerdem die wichtigsten Ausstellungen drängen, daß einem die schönsten Ingres gezeigt werden, herrliche Rembrandts, Blätter mit klaren persischen Illuminierungen; daß Maillol draußen in Marly in seinem primitiven Garten seine Skulpturen sehen läßt –, und daß man nicht hinausfahren kann, ohne die Jugend unzähliger Wälder unter den zugeneigten Himmeln zu sehen und Wege, von denen man jeden einzelnen gehen möchte, so rufend sind sie, so leicht scheint es, auf ihnen weiterzukommen, als ob sie wirklich gingen und man sich ihnen nur überlassen müßte, um im nächsten Augenblick weit, ländlich, frei zu sein.
    Taxis I (10. 5. 1911), 35
    J a, daß Sie nicht leicht von Paris fortgegangen sind, kann ich mir denken, jetzt zumal, da der Frühling, der sich so merkwürdig mit dieser Stadt versteht, sie noch verführerischer und blühender macht. Aber ich erinnere mich auch, daß es schön war, gegen Norden zu reisen und dann irgendwo auf dem Land einen primitiveren, fast bäuerischen Früh
ling von Anfang an neu zu beginnen, gleichsam ihm mit der Erfahrung, die man in sich hat, bei seinem ungewissen Wollen und Werden beizustehen. Und überhaupt an einem stillen Platz all das innerlich Mitgebrachte auszubreiten –: das wird nun, vermuth ich und wünsch ich, – Ihre Freude sein.
    Nádherný (8. 5. 1906), 7 f.
    S ie sind Ihres zögernden und nördlicheren Frühlings nun nicht ganz froh; ich kann es so gut verstehen; die großen und glänzenden Erinnerungen sind stärker als der Frühling um Sie und doch, ich glaube, es wird ein Augenblick kommen, da Sie, erstaunten und gestärkten Auges, in ihm, in seiner unentschlossenen und ein wenig linkischen Haltung, ganz auf seinem Grunde, dasselbe entdecken werden, was Ihnen jene, nun fernen Wunder so kostbar und groß und unvergeßlich macht.
    Denn das Äußerste und Tiefste, aus dem die großen Dinge der Kunst gemacht sind, ist in jeder Natur, es wächst mit allen Feldern, alle Lerchen wissen davon, und nichts anderes als das bringt die Bäume zum Blühen. Aber es ist verborgen (während es in den Kunst-Dingen hochgehalten wird in athemlose Stille – wie eine Monstranz –) es ist zerstreut und fast verloren (während die Kunst-Dinge es enthalten; aufgesammelt, wiedergefunden, für immer bewahrt), und es ist der schwere, der mühsame, der durch hundert Umstände verstellte Weg unserer Entwickelung, das Große, das seelisch Nothwendige, das Unendliche schließlich auch dort zu erkennen, wo es nicht mit einem Blicke zu erfassen, wo es überhaupt kaum zu nehmen ist, außer in Aschenbrödelarbeit; das Leben ist streng und stiefmütterlich wie die böse Königin des Märchens; aber es fehlen ihm zugleich die lieben fleißigen Kräfte nicht, die dem, der geduldig und
gut ist, schließlich die Arbeit thun, die für ihn zu schwer wäre.
    Hier haben die Kastanien geblüht in unbeschreiblicher Herrlichkeit, wie Berge mit hundert blühenden Thürmen dastehend in der Abendluft; in den Gärten ist ein Duft von Akazien, und Levkojen und Akeley und all das altmodisch liebe Geblüh steht in den Beeten. Und Paris bewältigt auch diesen reiferen Frühling noch und nimmt ihn in sich auf mit der selbstverständlichen Gebärde Eines, der sicher ist, daß es nichts giebt, was ihm nicht gehörte. Im merkwürdig tiefen Schatten der Squares und auf den Boulevards, im grauen vibrierenden Licht, breiten sich ungeheure

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