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Fünf Wochen im Ballon

Fünf Wochen im Ballon

Titel: Fünf Wochen im Ballon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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prüften die Luft in der Richtung der Jäger.
    Kennedy bog, während Joe unbeweglich blieb, um einige Gebüsche, gelangte in Schußweite und feuerte. Die Heerde verschwand in einem Augenblick, und nur eine männliche Antilope, auf’s Blatt getroffen, sank zusammen. Kennedy stürzte auf seine Beute zu; es war ein »Blawe-Bock«, ein prächtiges, blaßblaues Thier, dessen Bauch und innere Seite der Beine weiß wie Schnee schimmerten.
    »Ein Kernschuß! rief der Jäger aus. Es ist dies eine sehr seltene Antilopenart, und ich hoffe, das Fell gut präpariren und aufbewahren zu können.
    – Wirklich? Denken Sie im Ernst daran, Herr Dick?
    – Natürlich! Sieh doch dies glänzende Fell!
    – Aber der Doctor wird sich sehr entschieden gegen solche Lastvermehrung auflehnen.
    – Du hast Recht, Joe! Es ist aber doch ärgerlich, ein so schönes Thier ganz liegen lassen zu müssen!
    – Ganz? Nein, Herr Dick; wir wollen die bestnährenden Bestandtheile davon abnehmen, und ich werde mich mit Ihrer Erlaubniß dieser Aufgabe eben so gut entledigen, wie der Vorsteher der ehrenwerthen Fleischerzunft in London.
    – Wie Du willst, mein Freund; Du weißt aber hoffentlich, daß ich in meiner Eigenschaft als Jäger ebenso wenig in Verlegenheit bin, wie ich ein Stück Wild zerlegen, als wie ich es erlegen soll.
    – Davon bin ich fest überzeugt, Herr Dick; machen Sie deshalb weiter keine Umstände, und errichten Sie auf drei Steinen einen Bratofen; Sie werden trockenes Holz in Menge finden, und ich bitte Sie dann nur um einige Minuten, um Ihre glühenden Kohlen auszunutzen.
    – Das soll nicht lange dauern«, versetzte Kennedy.
    Er machte sich sogleich an den Bau eines Heerdes, in welchem das Feuer wenige Augenblicke später aufloderte. Joe hatte aus der Antilope etwa ein Dutzend Coteletten sowie die zartesten Stücke der Lende geschnitten, die sich bald unter seinen kundigen Händen in einen schmackhaften Rostbraten verwandelten.
    »Das wird Freund Samuel erquicken, sagte der Jäger.
    – Wissen Sie, woran ich denke, Herr Dick?
    – Nun, doch gewiß an das, was Du eben machst, an Deine Beefsteaks.
    – Nein, Herr Dick; ich denke daran, was wir für ein Gesicht machen würden, wenn wir das Luftschiff nicht mehr wiederfänden.
    – Gott, welch’ schrecklicher Gedanke! Du meinst, der Doctor könne uns im Stich lassen?
    – Nein, aber wenn sein Anker sich loslöste?
    – Unmöglich. Uebrigens könnte Samuel ja leicht mit seinem Ballon wieder herabsteigen; er lenkt ihn doch ziemlich geschickt.
    – Ja, aber wenn der Wind ihn fortrisse, wenn er nicht zu uns zurückkommen könnte?
    – Höre, Joe, mach’ ein Ende mit Deinen Vermuthungen; sie haben nichts Angenehmes.
    – Ach, Herr Kennedy, Alles, was sich in dieser Welt ereignet, ist natürlich; nun kann sich aber Alles ereignen, man muß also auf Alles gefaßt sein …«
    In diesem Augenblick hallte ein Flintenschuß in der Luft wieder.
    »Horch! stieß Joe hervor.
    – Mein Carabiner! ich erkenne seinen Knall.
    – Das Signal!
    – Eine Gefahr für uns!
    – Für ihn vielleicht, ergänzte Joe.
    – Marsch!«
    Die Jäger hatten eilig ihre Jagdbeute aufgenommen und schlugen den Rückweg ein, indem sie sich nach den von Joe eingeknickten Zweigen richteten. Die Dichtigkeit des Gestrüpps hinderte sie, den Victoria zu bemerken, von dem sie nicht sehr fern sein konnten.
    Ein zweiter Schuß ließ sich jetzt vernehmen.
    »Das hat Eile, meinte Joe.
    – Höre doch! noch ein Schuß!
    – Das sieht aus wie eine persönliche Vertheidigung.
    – Beeilen wir uns.«
    Und sie liefen, so schnell sie konnten. Am Waldessaum angekommen, sahen sie gleich zuerst den Victoria an seinem Platze und den Doctor in der Gondel.
    »Was giebt es denn? fragte Kennedy.
    – Großer Gott! rief Joe aus.
    – Was siehst Du?
    – Da unten rings um den Baum eine Schaar Neger, die den Ballon belagern.«
    Wirklich sah Joe, obgleich noch zwei Meilen von dem Ballon entfernt, etwa dreißig Individuen unter lebhaften Gesticulationen, Heulen und Luftsprüngen am Fuße der Sykomore. Einige waren auf den Baum geklettert und bis auf die höchsten Zweige gestiegen. Die Gefahr schien drohend.
    »Mein Herr ist verloren, rief Joe aus.
    – Ruhig, Joe, bewahre Dir Kaltblütigkeit und einen scharfen Blick! Wir haben das Leben von vier dieser mohrenfarbigen Bestien in unserer Hand. Vorwärts!«
    Sie hatten mit außerordentlicher Geschwindigkeit etwa eine Meile zurückgelegt, als abermals ein Flintenschuß aus der Gondel abgefeuert wurde;

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