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Fünf Wochen im Ballon

Fünf Wochen im Ballon

Titel: Fünf Wochen im Ballon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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übrigens so wie so wegen der dornigen Büsche und riesenhaften Lianengewächse schwer zu passiren. Man merkte deutlich die Ausdünstungen von Schwefelwasserstoff, von denen Kapitän Burton redet.
    »Burton hat Recht, äußerte der Doctor, wenn er sagt, daß, nach diesem Geruch zu urtheilen, hinter jedem Gebüsch ein Leichnam liegen könnte.
    – Ein garstiges Land, fügte Joe hinzu, und es scheint, als ob Herrn Kennedy der Nachtaufenthalt hier nicht besonders bekommen wäre.
    – Ich habe allerdings starkes Fieber, klagte der Jäger.
    – Das setzt mich nicht in Erstaunen, mein lieber Dick, wir befinden uns in einer der ungesundesten Gegenden von ganz Afrika. Aber wir werden uns hier nicht lange aufhalten. Marsch!«
    Joe löste geschickt den Anker und stieg vermittelst der Leiter wieder in die Gondel. Der Doctor vermehrte rasch die Spannung des Gases, und der Victoria flog, von einem ziemlich starken Winde getrieben, auf und davon.
    Einige Hütten schimmerten kaum durch diesen pestilentialischen Nebel hindurch. Das Land veränderte sich merklich. Es kommt in Afrika häufig vor, daß eine ungesunde Gegend von geringer Ausdehnung an vollkommen gesunde Landstriche grenzt.
    Kennedy litt augenscheinlich sehr, und das Fieber nahm seine kräftige Natur furchtbar mit.
    »Es ist jetzt gar nicht an der Zeit, krank zu sein, meinte er, hüllte sich in seine Decke und bettete sich unter dem Zelte.
    – Nur Geduld, mein lieber Dick, tröstete ihn Fergusson, bald wirst Du wieder genesen.
    – Genesen? Wahrhaftig, Samuel, wenn Du in Deiner Reise-Apotheke ein Mittel hast, das mich wieder auf die Beine bringen kann, so gieb es mir unverzüglich. Ich werde die Augen zu-und den Mund aufmachen.
    – Ich habe noch etwas Besseres, Freund Dick, und werde Dir ein ganz natürliches Fiebermittel verschaffen, das nichts kosten soll.
    – Und wie willst Du das machen?
    – Sehr einfach; ich werde ganz gemüthlich über diese Wolken, die uns überschwemmen, emporsteigen und mich aus dieser pestilentialischen Atmosphäre entfernen. Ich bedarf nur zehn Minuten, um den Wasserstoff auszudehnen.«
    Noch war diese Zeit nicht verflossen, als die Reisenden schon über die feuchte Zone hinausgekommen waren.
    »Warte noch ein wenig, Dick, und Du wirst den Einfluß der reinen Luft und der Sonne bald verspüren.
    – Ist das eine Medicin! rief Joe aus; es ist doch erstaunlich!
    – Nein, es ist ganz natürlich!
    – O, daran zweifle ich nicht!
    – Ich schicke Dick in gute Luft, wie das tagtäglich in Europa geschieht, und wie ich ihn in Martinique auf die Pitons 1 schicken würde, um vor dem gelben Fieber zu fliehen.
    – Ach, dieser Ballon ist wirklich ein Paradies, sagte Kennedy, der sich schon wohler fühlte.
    – Auf alle Fälle führt er hinein«, fügte Joe heiter hinzu.
    Die Wolkenmassen, welche sich in diesem Augenblick unter der Gondel zusammenballten, boten ein merkwürdiges Schauspiel dar; sie rollten über einander her und flossen in einem prächtigen Glanze zusammen, indem sie die Strahlen der Sonne zurückwarfen. Der Victoria erreichte eine Höhe von viertausend Fuß; das Thermometer zeigte ein Sinken der Temperatur; man sah die Erde nicht mehr. In einer Entfernung von etwa fünfzig Meilen ragte der Rubeho-Berg mit seinem funkelnden Haupte empor; er bildete die Grenze des Ugogo-Landes unter 36°20’ L. Der Wind wehte mit einer Schnelle von zwanzig Meilen auf die Stunde, aber die Reisenden fühlten nichts von dieser Geschwindigkeit; sie empfanden keine Erschütterung und hatten nicht einmal das Gefühl irgend einer Ortsveränderung.
    Drei Stunden später verwirklichte sich des Doctors Prophezeiung. Kennedy fühlte keinen Fieberschauer mehr und frühstückte mit Appetit.
    »Das läuft dem schwefelsauren Chinin den Rang ab, sagte er höchst zufrieden.
    – Entschieden, meinte Joe, hierher werde ich mich auf meine alten Tage zurückziehen.«
    Gegen zehn Uhr Morgens klärte sich die Luft auf. Es bildete sich eine Lücke in den Wolken; die Erde erschien wieder dem Auge, und der Victoria näherte sich ihr unmerklich. Doctor Fergusson suchte eine Strömung, die ihn mehr nach Nordosten tragen sollte, und fand dieselbe sechshundert Fuß vom Boden ab. Das Land wurde uneben, selbst bergig. Der Bezirk von Zungomero verwischte sich im Osten mit den letzten Kokosnußbäumen dieser Breite. Bald sprangen die Bergkämme entschiedener hervor; hie und da erhoben sich einige Pics, und man mußte jeden Augenblick auf die spitzigen Kegel Acht haben, die

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