Für eine Nacht
Ihr Körper schmiegte sich warm und weich an den seinen.
Er drehte den Kopf so, dass seine Wange in ihrem langen Haar ruhte, und sog den angenehmen Duft ein. »Das war genau das, was ich heute Nacht gebraucht habe. Bis heute ist mein Leben immer in genau festgelegten Bahnen verlaufen«, gestand er, dabei dachte er an die eintönige Routine, die während der letzten neunzehn Jahre seine Tage bestimmt hatte. »Ich habe immer nur das getan, was von mir erwartet wurde«, fuhr er fort. Er hatte seine Brüder großgezogen und sich stets bemüht, ihnen ein Vorbild zu sein. »Und hauptsächlich für andere gelebt.«
»Kommt mir irgendwie bekannt vor«, murmelte sie.
Er strich ihr ein paar wirre Strähnen aus dem Gesicht und zog sie enger an sich. Im Moment verspürte er wenig Lust,
darüber nachzudenken, warum er die ganze Nacht mit dieser weichen, willigen Frau verbringen wollte. Dieses eine Mal würde er sich nicht von der Vernunft, sondern von seinem Herzen leiten lassen. »Aber ich habe mir geschworen, dass heute Abend ein neues Leben für mich anfängt. Eines, in dem zur Abwechslung einmal ich die Hauptrolle spiele.«
»Das klingt herrlich.« Sie seufzte wehmütig.
»Warum folgst du nicht einfach meinem Beispiel?«, schlug Chase vor. Er hatte keine Ahnung, was ihr so auf dem Herzen lag, aber genau wie er hatte sie anscheinend beschlossen, heute Nacht dem Käfig zu entfliehen, in dem sie lebte. Und er wünschte, es würde ihr gelingen, sich endgültig daraus zu befreien.
»Meine Familie verlässt sich auf mich«, erwiderte sie schlaftrunken. »Auch wenn mein ganzes Leben eine einzige Lüge ist, erwarten meine Angehörigen von mir, dass ich mich ihnen gegenüber loyal verhalte. Und ich darf sie nicht enttäuschen.« Sie sah aus, als würden ihr gleich die Augen zufallen.
Chases Neugier war geweckt – nicht nur, weil ihn als Reporter solche doppeldeutigen Bemerkungen immer reizten, den Dingen auf den Grund zu gehen, sondern vor allem, weil ihn diese Frau interessierte. Viel zu sehr interessierte. Er stand gerade im Begriff, den ersten Schritt zur Verwirklichung seiner Träume zu tun; er konnte und wollte sich jetzt nicht mit den Problemen anderer Leute befassen. Das hatte er nun wirklich lange genug getan, da er es einfach nicht fertig brachte, jemanden im Stich zu lassen, der Hilfe brauchte. Da schienen die Chandler-Gene durchzuschlagen.
Und deswegen war es wirklich das Beste, wenn sich ihre Wege morgen früh trennten, dachte er, ehe er in einen tiefen, befriedigten Schlaf fiel.
Leises Weinen weckte ihn. Es dauerte einen Moment, bis ihm wieder einfiel, dass er sich in einem Hotelzimmer in Washington befand, zusammen mit einer Frau, die er erst am Abend zuvor kennen gelernt hatte. Einer Frau, die ihm das aufregendste erotische Erlebnis seines Lebens beschert hatte. Und die er gebeten hatte, doch zu bleiben, als sie gehen wollte.
Eine Mischung aus Unbehagen und Schuldgefühlen keimte in ihm auf. Sie hatte sich ganz an den Rand des Bettes gerollt. Er streckte eine Hand aus und berührte ihre Schulter. »Bereust du es?«, fragte er zögernd. Er selbst bereute seltsamerweise keine Sekunde dieser Nacht.
»Was zwischen uns geschehen ist? Nein. Dass ich gezwungen war, ein Leben zu führen, das ich nie führen wollte? Das bereue ich allerdings!«
Die eisige Hand, die sich um sein Herz gelegt hatte, lockerte ihren Griff. Reue und Selbstvorwürfe waren das Letzte, womit er sich jetzt auseinander setzen mochte. »Du kannst die Vergangenheit nicht ändern, sondern sie nur hinter dir lassen und nach vorne blicken.«
Sie schnaubte vernehmlich. »Weise Worte.«
»Nicht wahr? Ich habe für jede Lebenslage solche Weisheiten parat.«
»Außerdem hast du noch andere bemerkenswerte Qualitäten.«
Er kicherte leise. »Glaubst du, du kannst wieder einschlafen?«
»Wenn du mir den Rücken massierst, vielleicht.«
Sie rückte näher an ihn heran, und er erfüllte ihren Wunsch und begann, ihre verkrampften Schultermuskeln zu kneten.
»Mmmh.«
Er strich mit den Lippen über die zarte Haut ihres Nackens.
Sie roch und schmeckte so gut. »Dasselbe wollte ich auch gerade sagen.«
Chase richtete sich auf und rollte sich über sie, sodass sich ihr Gesäß in seine Magengrube schmiegte und sein Glied zwischen ihren Hinterbacken ruhte. Sie gab ein zufriedenes Schnurren von sich, woraufhin er augenblicklich eine Erektion bekam.
»Ich wüsste da etwas, wonach ich ganz bestimmt wieder einschlafen könnte.« Sie bewegte ihre
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