Fuer immer vielleicht
ehrlich nicht sicher, ob es richtig war, mich mit Greg zu versöhnen. Eine verdammt schwere Entscheidung. Himmel, Stephanie, ich hätte immer Stein und Bein geschworen, dass ich meinen Mann sofort in die Wüste schicken würde, wenn er mich betrügt. Dass ich ihm nie verzeihen könnte, dass Untreue für mich genauso schlimm ist, wie wenn ein Mann sein ungeborenes Kind im Stich lässt. Warum hab ich mich trotzdem für ihn entschieden?
Ich dachte, es wäre das Einfachste der Welt, ihm den Laufpass zu geben, aber ich konnte den Gedanken nicht aushalten, wieder alles alleine machen zu müssen. Ich hab einfach das Gefühl, ich pack es nicht, wieder in irgendeiner Bruchbude zu hausen und Katie und mich mit dem bisschen, was ich verdiene, über Wasser zu halten.
Wenn ich ihm doch bloß verzeihen könnte! Wenn ich das Bild ausradieren könnte, wie er eine andere Frau küsst. Das sehe ich jedes Mal vor mir, wenn er mit mir spricht. Wenn er mich anfasst, kriege ich eine Gänsehaut, und ein gigantischer Hass steigt in mir auf. Das macht mich noch wahnsinnig.
Und dann verfällt er ständig in diesen komischen Aktivismus! Er will unbedingt eine Eheberatung machen, und er nimmt sich jeden Tag mehrere Stunden Zeit, um richtig mit mir zu reden. Alles genau wie im Psycholehrbuch. Alles ist anders geworden. Selbst die kleinen Alltäglichkeiten, die das Leben so gemütlich machen, sind nicht mehr da.
Wenn ich stark genug wäre, würde ich ihn verlassen, aber ich bin in eine seltsame Starre verfallen. Ich möchte nicht in vierzig Jahren eine verbitterte alte Frau sein, die immer noch fiese Bemerkungen über Gregs Fehltritt fallen lässt. Wenn diese Ehe wieder funktionieren soll, dann muss ich wissen, dass ich vielleicht nicht vergessen, aber doch wenigstens vergeben kann. Ich muss wissen, dass das kleine bisschen Liebe, das ich momentan für ihn empfinde, von neuem wachsen wird, bis es irgendwann wieder so ist wie früher. Zum Glück bin ich sicher, dass er mir so was nie wieder antun wird, und daraus gewinne ich eine Menge Kraft. Wir haben zu viele lange Nächte mit Streit und Tränen verbracht, es liegt uns beiden nichts daran, das noch mal durchzumachen.
Wenn Alex in Irland wohnen würde, wüsste ich, was ich mache. Ich brauche jemanden, der mir den Rücken stärkt. Er ist der kleine Engel, der auf meiner Schulter sitzt und mir ins Ohr flüstert: »Du kannst es!« Komisch. Ich bin jetzt dreißig und fühle mich immer noch wie ein kleines Mädchen. Ich schaue immer noch, wie andere Leute ihr Leben managen, um sicherzugehen, dass ich bei meinem nicht total danebenhaue. Ich bin anscheinend immer die Einzige, die verwirrt ist und sich den Kopf darüber zerbricht, ob sie die richtigen Entscheidungen getroffen hat und was als Nächstes ansteht. Wo ich auch hinsehe, haben die Leute ihr Leben im Griff, ohne ständig irgendwo anzuecken. Vielleicht sollte ich mir einfach ein Vorbild daran nehmen.
Liebe Grüße,
Rosie
Liebe Rosie,
quäl dich nicht mit Fragen, auf die es keine Antwort gibt. Du machst momentan eine schwere Zeit durch, aber das heißt keineswegs, dass du dein Leben nicht im Griff hast. Jeder Rückschlag macht dich stärker.
Ich kann dir nicht sagen, ob du bei Greg bleiben sollst oder nicht, das kannst nur du entscheiden. Ich kann dir nur sagen, wenn noch ein Rest Liebe da ist, solltet ihr an eurer Beziehung arbeiten. Alles wächst, wenn du es nährst und pflegst, Rosie. Mit der Liebe ist es genauso. Aber wenn du unglücklich bist, dann verlass ihn und such dir etwas, was dich glücklich macht, denn das hast du verdient.
Hör auf das, was dein Herz dir sagt, geh nach deinem Bauchgefühl, das bringt dich auf den richtigen Weg. Tut mir Leid, dass ich nichts total Kluges dazu sagen kann, Rosie, aber wenigstens weißt du, dass du nicht allein bist. Andere Menschen haben auch nicht alle Antworten. Jeder ist manchmal ratlos und verwirrt, genau wie du jetzt.
Pass auf dich auf.
Alles Liebe,
Stephanie
Von: Rosie
An: Stephanie
Betreff: Herz schweigt
Mein Herz sagt kein Wort, und mein Bauch empfiehlt mir, ins Bett zu gehen, mich zusammenzurollen und eine Runde zu weinen.
Merkzettel für mich selbst:
Mich auf gar keinen Fall jemals wieder verlieben.
Auf gar keinen Fall jemals wieder einem Menschen trauen.
Kleenex mit Ringelblumenbalsam kaufen, damit ich nicht aussehe wie die Mutter von Rudolph dem Rentier mit der roten Nase.
Essen.
Aufstehen.
Und um Himmels willen aufhören zu heulen.
Von: Mum
An: Stephanie
Betreff:
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