Fürchtet euch
der Brust spüren. Ein paar Diakone hoben Molly hoch und trugen sie durch den Mittelgang aus der Kirche, direkt an allen vorbei, aber nicht einer schien Notiz davon zu nehmen.
Wenige Tage später war ich gerade in Marshall auf der Post, als ich hörte, wie eine Frau dem Schalterbeamten erzählte, Mollys Schwägerin hätte Molly am Mittwochabend besuchen wollen und sie tot im Garten gefunden. Sie hätte mit dem Gesicht nach unten zwischen den Tomaten gelegen, den Spaten noch in der Hand.
»Woran ist sie denn gestorben?«, fragte der Schalterbeamte. Er befeuchtete sich die Fingerspitzen mit der Zunge, zählte die Dollarscheine ab, die die Frau herausbekam, und legte sie aufgefächert vor sie hin.
»Das weiß man nicht so genau«, sagte die Frau. Sie riss eine Briefmarke von dem Bogen, den der Schalterbeamte ihr gerade gegeben hatte, leckte sie an und klebte sie auf ihren Brief, den sie ihm dann übergab. »Aber sie vermuten, sie wurde von einer Schlange gebissen, die sich zwischen den Tomatenpflanzen versteckt hatte. Als sie am Mittwoch gefunden wurde, war ihre rechte Hand schon ganz schwarz, und sie hatte außerdem eine schwarze Beule unter dem Auge. Ganz rund und hart. Hat richtig geglänzt, wie ein reifer Apfel, nur eben schwarz.«
An dem Freitag danach wurde Molly beerdigt, und Chambliss predigte auf ihrer Trauerfeier.
Danach wusste ich, dass meine Kirche kein Ort war, um Gott zu verehren, und mir wurde klar, dass ich nicht bleiben konnte. Seit meiner Jugend war ich auf die eine oder andere Art immer Mitglied dieser Kirche gewesen, aber die Dinge waren zu weit getrieben worden, und ich konnte nicht länger die Augen davor verschließen. Carson Chambliss hatte sich durch Molly Jamesons Tod vor der versammelten Gemeinde in der Kirche nicht veranlasst gesehen, mit seinem Tun aufzuhören, und wahrscheinlich würde er sich nicht mal dann davon abbringen lassen, wenn sich jemand selbst anzündete und die Kirche gleich mit niederbrannte. Es gab nicht genug Strychnin auf der Welt, um ihn zu stoppen. Es gab keine Giftschlange, die der Mann nicht in die Hände nehmen und herumreichen würde.
Die Zeitungen vor den Fenstern hinderten die Leute zwar daran, in die Kirche zu sehen, aber ich glaube, alle in der Stadt wussten, was da vor sich ging, und es würde nicht mehr lange dauern, bis die Polizei auftauchte und die Kirche geschlossen wurde. Das alles gefiel mir ganz und gar nicht, und ich wusste, wenn die Kirche nicht einmal für eine alte Frau ein sicherer Ort war, dann konnte sie unmöglich ein sicherer Ort für Kinder sein. Und deshalb betete ich und betete ich, und dann öffnete Gott mir mein Herz.
Addie
, sagte er so klar wie nur was,
du musst raus aus dieser Kirche, aber du weißt auch, dass du die Kinder nicht dort zurücklassen kannst
. Und da wusste ich, ich würde mich mit Carson Chambliss anlegen müssen, ich würde ihm sagen müssen, dass das, was er da machte, falsch war.
Am nächsten Sonntagmorgen, eine Woche nach Molly Jamesons Tod, fuhr ich früher als sonst zur Kirche, und als ich auf den Parkplatz bog, luden Chambliss und Diakon Ponder gerade die letzten Kisten von Ponders Pick-up. Ich stieg aus dem Wagen, blieb stehen und sah ihnen zu. Chambliss hatte wohl irgendeine Vorahnung, warum ich gekommen war, denn als er mich sah, verharrte er kurz und sah mich an, dann reichte er seine Kiste weiter an Ponder.
»Trägst du das bitte für mich rein, Phil?«, fragte er. »Ich plaudere mal ein bisschen mit Schwester Adelaide.« Er knall- te die Ladeklappe des Pick-up zu, und Ponder nickte und lächelte zu mir herüber und ging in die Kirche. Chambliss klopfte sich den Staub von den Händen und kam zu mir. Ich stand noch immer neben meinem Auto. »Sie sind aber sehr früh dran heute«, sagte er. Er kniff die Augen gegen die grelle Sonne zusammen, und dann hob er seine gesunde Hand, um sich die Augen zu beschirmen. Sein Gesicht war rötlich und verwittert, wie die Gesichter der meisten Männer hier bei uns, die zu lange in der Sonne gearbeitet und zu viele Zigaretten geraucht haben, vielleicht auch beides.
»Ich bin früher gekommen, weil ich etwas mit Ihnen zu bereden habe«, sagte ich.
»Worum geht es?«
»Um das, was alles passiert ist«, sagte ich. Meine Stimme war zittrig, aber ich gab mir Mühe, es mir nicht anmerken zu lassen, weil er nicht wissen sollte, dass ich Angst davor hatte, ihn wütend zu machen. »Ich möchte darüber reden, was letzten Sonntag mit Molly passiert ist.«
»Was gibt es da zu
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