Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Furien im Finstern

Furien im Finstern

Titel: Furien im Finstern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. A. Fair
Vom Netzwerk:
und ihren Schmerzensschrei. Leute rannten herbei. Eine Männerstimme fragte, ob sie verletzt sei. Sie lachte, sagte nein. Aber ihre Stimme klang erschrocken und arg mitgenommen. Der Mann bestand darauf, daß sie zu einer Untersuchung in ein Krankenhaus müsse. Sie lehnte ab. Schließlich ließ sie sich aber überreden. Er könne sie ja fahren. Als sie in das Auto stieg, sagte sie, der Kopf täte ihr weh, und vielleicht wäre es doch besser, sich von einem Arzt untersuchen zu lassen. Samstag kam sie nicht zur Arbeit, Montag auch nicht. Heute ist Dienstag, und sie ist immer noch nicht zurück. Ich will, daß Sie das Mädchen finden.«
    »Und was könnte Ihr Interesse an dem Mädchen sein?«
    Das Lächeln des Blinden war sanft. »Sie können es einer karitativen Regung zuschreiben«, sagte er. »Ich selber lebe von Wohltätigkeit — und vielleicht braucht nun dieses Mädchen Hilfe.«
    Bertha musterte ihn kalt. »Ich lebe nicht von Wohltätigkeit. Es wird Sie 40 Dollar am Tag kosten, bei einem Minimum von 100 Dollar insgesamt. Sollten die 100 Dollar verbraucht sein, ohne daß wir zu einem Ergebnis gekommen sind, können Sie sich entschließen, ob Sie für 40 Dollar am Tag weitermachen wollen oder nicht. Und die 100 Dollar im voraus.«
    Der Blinde öffnete sein Hemd, löste den Gürtel darunter.
    »Was soll denn das?« fragte Bertha. »Ein Striptease?«
    »Ein Geldgürtel.«
    Bertha beobachtete, wie er den Daumen und einen Finger in die prallgefüllten Taschen eines gutgepolsterten Geldgürtels zwängte. Er zog ein dickes Bündel gefalteter Geldscheine heraus, nahm den obersten und reichte ihn Bertha. »Geben Sie mir nur das Wechselgeld«, sagte er. »Und machen Sie sich keine Mühe wegen einer Quittung.«
    Es war ein Tausenddollarschein.
    »Haben Sie's«, erkundigte sich Bertha, »nicht ein bißchen kleiner?«
    »Nein«, antwortete der Blinde einsilbig.
    Bertha Cool öffnete ihre Handtasche, nahm einen Schlüssel heraus, schloß die Schublade ihres Schreibtisches auf, holte eine Stahlkassette hervor, fummelte einen zweiten Schlüssel von einer Schnur, die sie um den Hals trug, schloß die Kassette auf und entnahm ihr acht Hunderter und zwei Fünfziger.
    »Wie und wohin wollen Sie Ihre Berichte?« fragte sie.
    »Ich möchte sie mündlich, da ich nicht lesen kann. Kommen Sie bei der Bank vorbei und berichten Sie. Beugen Sie sich zu mir und reden Sie leise. Seien Sie vorsichtig, damit niemand mithört. Sie können so tun, als suchten Sie eine Krawatte aus.«
    »Okay.«
    Der Blinde stand auf, nahm seinen Stock und tastete sich den Weg zur Tür. Unvermittelt blieb er stehen, drehte sich um. »Übrigens lebe ich schon teilweise im Ruhestand. Ich arbeite nur bei gutem Wetter.«

2

    Bertha Cool ließ ihren Ärger an der Sekretärin aus.
    »Haben Sie so etwas schon gehört?« fragte sie. »Der Bursche zieht sein Hemd aus, knöpft seine Hose auf — und trägt einen Geldgürtel um den Bauch, so dick wie ein Ersatzreifen. Er macht eine Tasche auf, zieht ein Bündel Scheine heraus und gibt mir einen davon. Es ist ein Tausender. Ich frage ihn, ob er's nicht kleiner hat, und er sagt nein.«
    Elsie Brand schien nichts Ungewöhnliches daran zu finden.
    »Ein Kerl«, sagte Bertha, »der sich auf den Bürgersteig setzt, keine Miete zu bezahlen braucht, Steuern auch nicht, keine Angestellten hat und sich nicht mit Sozialversicherungsformularen herumschlagen muß. Und so was trägt einen Geldgürtel mit einem Vermögen darin. Ich muß ihm seinen Tausender wechseln, und dabei geht so gut wie auch der letzte Pfennig flöten, den ich in meiner Kasse habe. Und zuallerletzt«, Berthas Stimme schraubte sich höher und höher vor Erregung, »und zuallerletzt, man stelle sich vor, dreht er sich an der Tür um und sagt, er würde nur arbeiten, wenn das Wetter gut ist. Ich konnte nie an kalten verregneten Morgen im Bett bleiben — oder bei feuchtem, schmierigem Nebel. Ich gehe raus, schwimme ins Büro, plansche durch Pfützen und stehe bis zu den Knöcheln im Wasser. Und...«
    »Ja«, sagte Elsie Brand, »mir geht es genauso. Nur daß ich eine Stunde früher hier sein muß als Sie, Mrs. Cool, und wenn ich einmal einen Tausender wechseln müßte, dann...«
    »Genug, schon gut«, unterbrach sie Bertha Cool hastig. Das Gespräch nahm eine gefährliche Wendung. Elsie Brand könnte möglicherweise so ganz nebenbei die hohen Gehälter der Regierungssekretärinnen erwähnen. »Machen Sie sich darüber kein Kopfzerbrechen. Lassen wir das. Ich wollte nur

Weitere Kostenlose Bücher