Fußfall
JPL führte, das in einem einst verlassenen Trockental errichtet worden war. Unmittelbar vor dem Pressezentrum versperrten ÜWagen des Fernsehens fast die Zufahrt. Ein Gewirr von Kabeln wand sich über den Gehweg und verschwand durch offene Türen. Kameras und Reporter waren so zahlreich, als werde ein Bankraub live übertragen.
Der VonKarman Hörsaal war ein Tollhaus. Dicht an dicht drängten sich Naturwissenschaftler und Medienleute.
Letztere bestanden aus zwei Gruppen: Journalisten von der Publikumspresse und die Science FictionAutoren . Es war klar, wer zu welcher Gruppe gehörte. Die ersteren waren zum Arbeiten gekommen, und wenn es sich einige auch wohl sein ließen, mußten doch alle an den Redaktionsschluß denken. Die SFLeute standen herum, gehörten sozusagen zum Dekor und nahmen die Atmosphäre in sich auf. Vielleicht würde eines Tages eine Geschichte dabei herauskommen, vielleicht auch nicht. Hier entstand ihre Welt, und sie waren als Zeugen dabei.
Da ist der Saturn!
Auf riesigen Bildwänden sah man die Fernsehaufnahmen in dem Augenblick, da sie von Voyager hereinkamen. Eine Nahaufnahme des Planeten zeigte schwarzweiße Strömungslinien und spiralige Windungen. Hunderte von Ringen, als betrachte man eine Schallplatte von ganz nah. Dann kam eine Weitwinkelaufnahme des Saturn mit seinen Ringen, in Farbe. Einzelne Abschnitte dieser Ringe wurden in Nahaufnahme gezeigt, Fotos der Monde. Alles sahen die Medienvertreter im selben Augenblick wie die Wissenschaftler, sobald es hereinkam.
Erneut wechselten die Bilder, und das angeregte Geplauder im Raum verstummte für einen Augenblick. Ein Mond wie ein riesiger Augapfel: ein ungeheurer Krater wie eine Iris, mit einer Spitze in der Mitte als Pupille. Eine Frauenstimme sagte: »Na, da haben wir ja wohl den Todesstern.« Nat grinste vor sich hin, ohne sich umzudrehen. Er brachte es nicht fertig, die Sache ernst zu nehmen. Auf einem der Bildschirme zeigte sich jetzt etwas wie ein ausgetrocknetes Flußbett oder auch drei ineinander gewundene Rauchfäden oder … FRing sagte die Bildunterschrift . Nat setzte an: »Was, zum Teufel …?«
»Wärst du gestern abend hier gewesen, wüßtest du es.«
»Ich muß zusehen, daß ich etwas Schlaf bekomme.« Nat brauchte sich gar nicht umzusehen. Die Stimme würde er in der Hölle wiedererkennen – er hatte gemeinsam mit Wade Curtis zwei Bücher geschrieben. Es klang, als habe der Mann einen voll aufgedrehten Verstärker im Kehlkopf. Das lag zum Teil an seiner militärischen Ausbildung, zum Teil an der Taubheit, die er sich als Artillerieoffizier eingehandelt hatte.
Er neigte zum Dozieren. »Der FRing «, sagte er. »Du weißt ja, es gibt die Ringe A, B, C, nur daß man sie in der Reihenfolge der Entdeckung und nicht entsprechend ihrer Entfernung vom Planeten bezeichnet hat, so daß das ganze System völlig wirr ist. Der FRing liegt unmittelbar außerhalb der breiten Ringe da vorne. Er ist ganz schmal. Niemand hatte ihn je gesehen, bevor die Raumsonden hingeflogen sind, und damals hat nicht mal Pioneer besonders gute Bilder davon geliefert.«
Nat hielt die Hand hoch: Schon gut, ich weiß, bedeutete die Geste. Curtis zuckte die Achseln und verstummte.
Aber der FRing sah keineswegs normal aus. Er sah aus, als seien drei Bänder aus Gas oder Staub oder weiß Gott was ineinander verknotet. »Total verdreht«, sagte Nat. »Wie kommt das?«
»Das wollte von den Astronomen keiner sagen.«
»Kann ich verstehen. Wenn ich mal Mist baue, juckt es mich nicht. Bei ‘nem Wissenschaftler steht gleich die Karriere auf dem Spiel.«
»Ja. Nun, ich kenne kein physikalisches Gesetz, das das zuließe !«
Auch Nat kannte keines. Er sagte: »Was ist los, hast du noch nie drei verliebte Regenwürmer gesehen?« Wades zustimmendes Gelächter quittierte er wie einen ihm zustehenden Tribut.
Die Pressekonferenz begann. Techniker des JPL machten sich bereit, die Veranstaltung in sämtliche Räume zu übertragen , und eine der für PR zuständigen Damen ging daran, die Bildschirme im Konferenzraum auszuschalten.
»Hmm. Da kommen immer noch interessante Sachen«, sagte Curtis. »Und ich muß stehen. Dabei hatte ich einen Sitzplatz, noch dazu in der ersten Reihe, hab ihn aber an den Mann von der Washington Post abgetreten.«
»Pech«, sagte Nat. »Dann sehen wir uns das Ganze doch von der Vorhalle aus an. Jilly ist auch schon draußen.«
Am Vormittag des 12. November 1980 herrschte im Presseraum des JPL drangvolle Enge; zwischen zahlreichen
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