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Gaisburger Schlachthof

Gaisburger Schlachthof

Titel: Gaisburger Schlachthof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Lehmann
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die Porno-CD aus Fängeles Sportbuch! Also: Verdacht auf Produktpiraterie oder Umsatzsteuerbetrug. Und das ist dein Fach.«
    Richard runzelte die Stirn.

31
     
    Das Licht in den Fenstern des Schlachthofs hatte vor kurzem die Oberhand über das fliehende Tageslicht gewonnen.
    »Und du hältst den Mund«, impfte mir Richard ins Ohr, als wir die ausgetretenen Steinstufen des Eingangs hochstiegen. Gertrud fuhr hinter der Rezeption hoch und sank in den Sitz zurück. Ich hielt eisern den Mund, aber sie nicht.
    »Die hat Hausverbot!«
    »Sie auch gleich«, sagte Richard und steuerte auf Fängeles Bürotür.
    Gertrud sprang auf. »Da können Sie jetzt nicht …! Warten Sie!« Dann öffnete sie uns eigenhändig die Tür, um uns wenigstens anzukündigen.
    Fängele saß hinter dem Tablett seines Schreibtischs und zog die Wurstfinger von der Computertastatur. Da wir Gertrud auf dem Fuße folgten, erübrigte sich eigentlich ihr »Die Herrschaften wollen zu dir«.
    »Verzeihen Sie, Herr Fängele«, sagte Richard manierlich, »dass wir Sie so überfallen. Aber es wird nicht lange dauern. Ich möchte mich lediglich verabschieden.«
    Fängele blickte mich skeptisch an. Dann nickte er Gertrud zu, die sich widerstrebend zurückzog, und entfaltete ein Lä cheln auf seinem Mastiff-Gesicht.
    »Übrigens danke«, sagte ich, »dass Sie gestern meinen Anruf verstanden und Katrin benachrichtigt haben. Sie haben mir sehr geholfen.«
    »Man tut, was man kann.« Fängeles Elefantenaugen ruhten ruhig in ihrem Saft. »Freut mich, dass ich Ihnen dienen konn te.« Er schwenkte seinen Blick zu Richard. »Und was kann ich für Sie tun?«
    »Sie könnten mich aus Ihrer Kundenliste streichen.«
    »Dann wollen Sie uns also wirklich verlassen? Das tut mir aber leid. Ich habe Sie immer als einen integeren Mann geschätzt, nun ja, ein bisschen verbissen manchmal, aber das bringt der Beruf wohl so mit sich und der Kraftsport. Sie verstehen?«
    »Nein.«
    Fängele sandte ein resigniertes Lächeln in meine Richtung. »War nicht bös gemeint. Nichts für ungut.«
    »Wenn Sie mich nun bitte aus Ihrer Kartei streichen wür den. Vor meinen Augen.«
    Fängeles Gesicht bekam etwas Ballonförmiges. »Wenn Sie darauf bestehen.«
    Er ließ die Finger über die Tastatur flitzen. Richard trat um den Tisch herum, um einen Blick auf das Formular zu werfen, aus dem Fängele brav alle Buchstaben herauslöschte, die Richards bürgerliche Existenz definierten.
    »Zufrieden?«
    »Das ist doch nicht alles«, sagte Richard. »Es muss auch eine Monatsabrechnung geben, eine Buchführung.«
    Fängele bebte erst, bevor das Gelächter an die Oberfläche blubberte. »Ah, so läuft der Hase. Der Herr Staatsanwalt will einen Blick in meine Bücher werfen. Dazu brauchen Sie aber einen richterlichen Durchsuchungsbeschluss, wenn mich nicht alles täuscht.«
    Dem war nichts hinzuzufügen.
    »Herr Fängele«, sagte ich. »Geben Sie dem Staatsanwalt eine Chance.«
    Das Elefantenbaby blickte mich verblüfft an. Richards Blick mied ich, denn er zielte wie ein Doppelgewehrlauf auf meinen Schädel.
    »Sehen Sie«, sagte ich, »Sie sind doch der Sieger. Sie haben damals Ihren Freispruch bekommen, und ich möchte nicht wissen, wie. Auch jetzt können Sie triumphieren. Der Staatsanwalt steht vermutlich demnächst offiziell unter Mordverdacht. Also seien Sie nicht kleinlich, Herr Fängele. Gestatten Sie ihm ein paar Fragen.«
    Fängele stauchte das Kinn in die Wülste über dem Hemdkragen. »Fragen? Ich darf doch annehmen, dass das kein Verhör werden soll, Herr Dr. Weber.«
    »Selbstredend brauchen Sie nichts zu sagen«, antwortete Richard steif, »aber wenn, dann kann alles, was Sie sagen, gegen Sie verwendet werden.«
    »Immer korrekt. So kenne ich Sie, mein lieber Oberstaatsanwalt. Ich bin nicht nachtragend, wie Sie wissen. Sie sind ein kluger Kopf, und jeder macht mal Fehler. Ich habe allerdings den Eindruck, dass Sie es nicht verwinden können, dass Sie damals eine Niederlage einstecken mussten. Ich darf wohl davon ausgehen, dass Sie dazugelernt haben und heute nicht eine zweite Dummheit begehen.« Fängeles Lächeln war das eines Mannes, der schon vor dem Kampf triumphierte, weil er die Schwächen seines Gegners kannte.
    »Wird er nicht«, erklärte ich, »denn Herr Weber ist für Mord und Totschlag nicht zuständig.«
    »Ich verstehe nicht.«
    »Ganz einfach«, sagte ich. »Er rechnet Ihre Bilanzen nach, aber ich werfe Ihnen fahrlässige Tötung vor, schwere Körperverletzung und

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