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Galaxis Science Fiction Bd. 04

Galaxis Science Fiction Bd. 04

Titel: Galaxis Science Fiction Bd. 04 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lothar (Hrsg.) Heinecke
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gemeinsame Furcht vor einem Krieg, der vielleicht auch die Erde selbst in kosmischen Staub verwandeln könnte, hatte die Idee des Weltstaates verwirklicht. Aber dieser föderative Weltstaat, dem nur durch die Furcht vor diesem Krieg der Rücken gestärkt wurde, hatte noch nicht auf allen Gebieten nationale Rivalitäten verwischen oder gar auslöschen können. Ein gewisses Maß von Zwietracht und Mißtrauen, eine Konkurrenz auf wirtschaftlichem und kulturellem Gebiet blieb erhalten, wenn auch unter außerordentlich strengen Kontrollen.
    Wie sehr diese durch das allgemeine Mißtrauen genährten Kontrollen berechtigt waren, hatte man sehen können, nachdem die Boomerang fertiggestellt war. In dem folgenden Gezänk und den hitzigen Debatten über die Frage, wer nun an dem bevorstehenden historischen Flug teilnehmen sollte, hatten sich die nationalen Vertreter aufgeführt wie unreife Burschen in den Flegeljahren. Aber schließlich wurde das üble Geheul niedergeschrieen, und man einigte sich, daß nicht politische Staatsgebilde, sondern Rassengruppen auf geopolitischer Grundlage in der Mannschaft vertreten sein sollten.
    In den ersten Wochen unseres Fluges hatte diese Wahl reibungslos funktioniert. Aber unter der nervlichen Belastung, die ein solches Abenteuer mit sich bringt, waren die sechs jetzt zu einem Mikrokosmos der noch immer geteilten Welt geworden.
    Doch sie waren machtlos, mehr zu tun, als nur zu streiten. Wir standen immer noch unter der Herrschaft der Weltregierung, die uns diesem unglaublichen Fahrzeug als menschliche Fracht mitgegeben hatte, damit wir beobachten und nach unserer Rückkehr Bericht erstatten konnten. Unser Schicksal und unsere Bestimmung lagen immer noch in den Händen von Männern, die im heimatlichen Sonnensystem auf uns warteten, so sicher, wie diese Hände uns erst diese Fahrt ermöglicht hatten.
    Vielleicht war es auch das Wissen um unsere völlige Hilflosigkeit, das teilweise für unsere gereizten Nerven verantwortlich war. Diese sechs Wissenschaftler waren reine Theoretiker. Auch im Notfall konnte keiner von ihnen die Führung des Schiffes übernehmen. Und nur zwei von ihnen – Aventos und Lao – waren überhaupt fähig, die mathematischen Voraussetzungen der Raumspannungstheorie völlig zu verstehen, auf der unser Antriebssystem beruhte. Aber keiner der beiden würde wissen, was er mit einem Schraubenschlüssel anfangen könnte, falls ihnen einer in die Hand gedrückt würde.
    Außer vielleicht, ihn dem andern über den Kopf zu schlagen. Das war es, was beinahe geschah. Männer im mittleren Alter mögen in einer solchen angespannten Lage wie der, in der wir uns befanden, vielleicht höhnisch sticheln, sich gegenseitig heruntersetzen und verspotten; aber ich hatte angenommen, daß ihre ganze bisherige Erziehung es unmöglich machen würde, daß ein solches Gezänk in Handgreiflichkeiten ausarten würde.
    Doch dann mußte ich Braithewaite zurückhalten, der sich auf Borg stürzen wollte. Und nicht viel später nach diesem Zwischenfall stolperte Lao T’Sung, der Älteste und Weiseste unter uns, auf meinen Tisch zu und brach vor mir zusammen.
    Brodcuzynski starrte auf seine zerschrammten Knöchel. »Ich muß wahnsinnig geworden sein«, murmelte er verstört vor sich hin. Er schien mehr schockiert zu sein als Lao, der sich aufsetzte und sein geschwollenes Kinn rieb.
    Einen Augenblick erwartete ich, daß der Kosmologe in Reue-tränen ausbrechen würde, so erschrocken sah er aus. Statt dessen half er dem sechzigjährigen Mathematiker auf die Füße.
    »T’Sung, ich könnte mir selbst eine herunterhauen«, sagte er linkisch. »Ich weiß nicht, was in mich gefahren ist. Wie kann ich mich entschuldigen.«
    Lao T’Sung faßte beide Hände des Mannes, der ihn gerade niedergeschlagen hatte, und sagte: »Ich bin mehr überrascht als verletzt. Besser Sie vergeben sich selbst, als daß Sie meine Vergebung erbitten.«
    Und Brodcuzynski riß sich los und brüllte: »Um Gottes willen, spielen Sie nicht den Großmütigen. Lassen Sie mich den Vorfall auf meine Art bedauern.«
    ICH stand auf. »Das war ein gemeiner Streich, Brod.« 
    »Glaubst du, das weiß ich nicht selber? Hier, hau mir eine herunter.« Er streckte mir sein unrasiertes Kinn entgegen. »Los doch, versetz mir eine. Aber fang du nicht auch noch an, hier herumzupredigen.«
    Lao gestikulierte bittend mit seinen schlanken gelben Händen.
    »Lao, Sie sagten einmal, daß ich verständiger wäre, als meine Jahre es vermuten ließen. Ist es

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