Galaxis Science Fiction Bd. 07
schließlich war die Kolumbus ein ebenso seltsames Raumschiff.
Draußen vor ihren Fensterluken waren Blumenkästen angeschraubt, die voller Geranien standen, und die grünen Blätter des Efeus wucherten über die glänzende Hülle, die so gut dem Hagel der Meteore des Weltraums und der tödlichen kosmischen Strahlung widerstanden hatte.
Frankston warf einen Blick auf seine Armbanduhr. Es war eine Minute vor sechs.
In ungefähr einer Minute, so dachte er, wird Ross etwas vom Hinausgehen und Geranien gießen wollen sagen. Die Uhr tickte neunundfünfzigmal.
»Ich denke, ich gehe mal hinaus und gieße meine Geranien«, sagte Ross.
KEINER blickte bei Ross’ Worten auf. Plötzlich warf Gregory sein Magazin auf den Boden. Ross stand auf und ging mit einem leichten Humpeln hinüber zu dem Wandschrank. Er öffnete ihn und zog seinen schweren, plumpen Raumanzug heraus und die große Metallkugel des Helms. Er trug alles zurück zu seiner Koje, wo er die Sachen behutsam ablegte.
»Könnte mir bitte einer in meinen Anzug helfen?« sagte er.
Einen Augenblick lang rührte sich keiner. Dann erhob sich James und half Ross seine Beine in den Anzug zu bekommen. Ross hatte Arthritis – nicht sehr schlimm, aber immerhin doch so sehr, daß er nicht mehr allein in seinen Anzug hineinkam.
James zog den schweren Stoff des Anzugs um Ross’ Körper herum hoch und hielt ihn, während Ross in die Ärmel schlüpfte. Seine Hände steckten jetzt in den plumpen Handschuhen, und er wartete, bis James den vorderen Verschluß für ihn zugemacht hatte.
Dann hob er den Helm hoch. Er blickte ihn an, so wie ein Krüppel seinen Rollstuhl betrachten mag, den er haßt aber ohne den er nicht auskommen kann. Er senkte den Helm über seinen Kopf, und James schraubte ihn fest und hing ihm auch noch den Sauerstofftank über den Rücken.
»Fertig?« fragte James.
Der zwiebelförmige Helm senkte sich langsam zu einem Nikken. James ging zu dem Schaltbrett neben der Schleuse und klappte einen Hebel herunter. Die Innenschleuse öffnete sich. Ross trat hinein, und die Tür schloß sich hinter ihm, als James den Hebel wieder nach oben zog. Einen Augenblick später erlosch das Signallämpchen, das auf dem Brett aufgeglüht war.
Mit einer unbeherrschten Handbewegung wischte Frankston plötzlich die Figuren von dem Schachbrett herunter. Geräuschvoll rollten und klapperten sie über den Boden. Niemand hob sie auf.
»Warum tut er das?« fragte Frankston mit einer seltsam schrillen Stimme. »Was hat er von diesen blödsinnigen Geranien, die er weder anfassen noch riechen kann?«
»Halts Maul!« sagte Gregory. James schaute prüfend hoch. Schroffe Worte waren bei Gregory gewöhnlich ein schlechtes Zeichen. Frankston war derjenige, auf den er bis jetzt immer ein Auge hatte haben müssen – derjenige, der die ersten Anzeichen eines Zusammenbruchs gezeigt hatte. Aber er konnte sich irren. Nach solch langer Zeit konnte sich auch ein Psychologe irren.
Wer war noch normal? Wer stand am Rande des Wahnsinns? Neurosen hatten sie alle.
»Geranien riechen sowieso nicht besonders«, fügte Gregory in einem versöhnlicheren Ton hinzu.
»Ja«, pflichtete ihm Frankston bei.
»Hab’s ganz vergessen. Aber warum nur quält er sich so – und uns mit?«
»Weil das schon immer sein Wunsch war«, sagte James.
»Stimmt«, sagte Gregory. »Die ganze Fahrt über – die letzten zwanzig Jahre jedenfalls – hat er immer nur davon gesprochen, wie er nach unserer Rückkehr ein kleines Grundstück auf dem Lande kaufen und dort Blumen züchten würde.«
»Na ja, jetzt sind wir zurück«, murmelte Frankston mit einer Stimme, die fast schmerzhaft bitter klang. »Und er züchtet seine Blumen, aber nicht auf dem Lande.«
GREGORY fuhr fast träumerisch fort. »Erinnert ihr euch an unsere letzte Nacht draußen? Wir hatten uns alle vor dem Schirm versammelt, und vor uns war die Erde. Und sie kam immer näher, wurde größer und grüner. Erinnert ihr euch, was das für ein Gefühl war? Endlich zurück zu sein nach dreißig Jahren?«
»Dreißig Jahre eingesperrt in diesem Schiff«, grollte Frankston. »Die besten Jahre unseres Lebens.«
»Aber endlich kamen wir nach Hause.« Ein verlorener, entrückter Ausdruck stand auf Gregorys faltigem Gesicht. »Und wir freuten uns auf die zwanzig, oder vielleicht dreißig Jahre, die uns noch blieben. Wir machten Pläne, was wir anfangen, wo wir leben würden. Wir zerbrachen uns die Köpfe, wie sehr sich die Erde wohl inzwischen verändert hätte.
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