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Galgenweg

Galgenweg

Titel: Galgenweg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian McGilloway
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vorüber, der Morgen brach mit strahlendem Sonnenschein an, und die Luft war so frisch wie seit einigen Tagen nicht mehr. Die über den hellen Porzellanhimmel versprengten Wolken glichen Wattebäuschen, die Weiden, die sich bis nach Tyrone zogen, waren von einem tiefen, saftigen Grün, hier und da standen Rapsfelder. Von der Gallows Lane aus betrachtet glitzerte unten im Sonnenlicht ein Fluss.
    Als ich am Fundort ankam, hatte man das Terrain in einem Radius von einer Viertelmeile abgesperrt, und sämtliche lokalen Polizisten waren vor Ort. Costello sprach mit den beiden Kollegen, die den Fund gemacht hatten; er trug einen marineblauen Anzug und hatte sich einen beigen Mantel über den Arm geworfen. Um sich für die Kameras schick zu machen, hatte er nicht lange benötigt. Am oberen Ende der Gallows Lane hatten sich bereits Schaulustige versammelt. Als ich erfuhr, wer die Polizisten waren, die den Fund gemacht hatten, konnte ich es kaum fassen.
    Breit grinsend standen Harry Patterson und Hugh Colhoun im Blitzlicht der Kameras und hielten einige der aufgespürten Waffen wie eine Opfergabe hoch. Sie hatten allen Grund so zu grinsen: Außer diesem neuesten Fund hatten die beiden nur einen Monat zuvor bereits ein beachtliches geheimes Waffen- und Drogenlager entdeckt, was sie zu den Stars unseres Polizeireviers gemacht hatte.
    Während der Unruhen versteckte die IRA bekanntermaßen ihre Waffenlager in häufig sehr professionell angelegten Bunkern entlang der Grenze, beispielsweise in betonverstärkten Luftschutzbunkern mit elektrischem Licht. Die Treppen, die zu den Eingängen hinabführten, waren normalerweise unter Rasen oder Baumstämmen verborgen oder, wie im Fall eines Bunkers mitten auf einem Feld in der Nähe von Armagh, unter einem Heuhaufen. In diesem speziellen Fall hatte die britische Armee das Feld als Landeplatz für ihre Chinook-Hubschrauber genutzt. Man hatte dort Truppen abgesetzt und wieder abgeholt, die durch die Gegend patrouillieren und Häuser durchsuchen sollten, ohne zu ahnen, dass die Schmuggelware sich buchstäblich unter ihren Füßen befand.
    Die meisten dieser Bunker waren versiegelt worden, als im Gefolge des Karfreitagsabkommens Aussicht auf Frieden in Nordirland zu bestehen schien. Als die Entwaffnung der paramilitärischen Gruppen zu einem Stolperstein für den Friedensprozess zu werden drohte und General De Chastelain auf Einladung der Regierungen nach Nordirland kam, um die verschiedenen Terroristengruppen dazu zu bewegen, »ihre Waffen unbrauchbar zu machen«, füllte man die überwiegende Mehrheit der Bunker sogar mit Beton auf, sodass das, was sie beherbergten, auf ewig konserviert ist wie Fossilien aus Metall. Einige kleinere Bunker vergaß man dabei jedoch; ihre Wärter sind tot, ihre Existenz vermeintlich der Stoff, aus dem moderne Legenden gestrickt sind.
    Nur ab und an stolpern Menschen zufällig über diese Bunker, wie im Februar dieses Jahres, als Paddy Hannon, ein erfolgreicher Bauträger und -unternehmer, der in der Nähe von Raphoe ein zwölf Hektar großes Gelände erworben hatte, dort mit den Ausschachtungsarbeiten für den Bau von Häusern begonnen hatte. Einer seiner Arbeiter hatte mit einem Bagger Baumwurzeln und Steine vom Bauland geschafft und war dabei über das Dach eines Bunkers geschrammt, wobei er das dicke Vorhängeschloss an der rostigen Eisentür abgerissen hatte, die unter dreißig Zentimetern Lehm und Rasen verborgen gelegen hatte.
    Der Mann hatte Paddy Hannon geholt, und dieser war in den Bunker hinabgestiegen, in dem Glauben, es handele sich um einen alten Luftschutzbunker. Selbst als das Licht seiner Taschenlampe auf diverse Waffen in einer Ecke fiel, hielt er diese für Artefakte aus dem Zweiten Weltkrieg, so verrostet sahen sie aus. Doch dann entdeckte er, an einer Wand gestapelt, Haschischplatten und rief die örtlichen Gardai. Patterson und Colhoun rückten aus und konnten ihr Glück kaum fassen. Sie riefen Verstärkung herbei und stellten das Ganze als ihre eigene Entdeckung hin. So heimsten sie den gesamten Ruhm allein ein.
    Insgesamt hatte der Fund diverse Pistolen und Gewehre sowie Haschisch in einem Straßenverkaufswert von geschätzten drei Millionen Euro umfasst.
    Patterson und Colhoun waren als Helden gefeiert worden und beglückten jeden, der zuhören mochte, mit der Geschichte ihrer Entdeckung, wobei sie vergaßen zu erwähnen, dass das Lager von jemand anderem entdeckt worden war, lange bevor sie am Fundort erschienen waren, und sie selbst

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