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Gefährlich nah

Titel: Gefährlich nah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. Bertelsmann
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hatte.
    »Ich weiß gar nicht, wozu eigentlich«, flüsterte sie. »Wahrscheinlich bin ich sowieso nicht mehr so lange hier. Vielleicht gehe ich zu Weihnachten ab.«
    »Was?«, fragte Hazel.
    »Tom sagt, dass die letzten Schuljahre und ein Studium sowieso nur Zeitverschwendung sind. Er meint, es wäre besser, wenn man gleich anfängt zu arbeiten, so wie er es getan hat, wenn man eine Lehre macht oder so, sich hocharbeitet. Ich könnte zum Beispiel in den Einzelhandel gehen.«
    »Du meinst, Verkäuferin werden?«, fragte Joe.
    »Ja«, sagte Abbie und warf ihm einen bösen Blick zu. »Aber ich mache gleichzeitig noch einen Management-Kurs, während ich schon Geld verdiene. Damit vermeide ich die ganzen Schulden für einen Studienkredit.«
    Dee hörte zu, während sie gemeinsam mit Joe Abbies
Stundenplan ausfüllte. Eigentlich war gegen Abbies Pläne nicht viel zu sagen, außer der Tatsache, dass sie diesen Typen erst seit drei Wochen kannte und doch ernsthaft darüber nachdachte, ihre ganzen bisherigen Pläne seinetwegen über den Haufen zu schmeißen. Das musste Liebe sein - oder etwas, was dem gefährlich nahe kam. Etwas, das Erinnerungen in ihr wachrief. Erinnerungen an Lauren. Lauren und Dad. Dinge, an die Dee jetzt eigentlich gar nicht denken wollte.
     
    Hazel seufzte, als sie aus dem Bus ausstieg und den langen Heimweg die Straße entlang zum Hof ihrer Eltern antrat. Sie war schlagkaputt. Dabei hatten sie eigentlich noch gar nicht viel gearbeitet in der Schule, aber sie litt ein bisschen unter Jetlag, ganz zu schweigen von den Folgen des ganzen Flughafen-Camping-Fiaskos. Noch dazu war der erste Schultag weit dramatischer verlaufen, als sie erwartet hatte. Zunächst mal waren da die Neuigkeiten von Abbie gewesen und dann die Sache mit der Neuen, Dee. Joes kleiner Cousin Oliver kam in der Mittagspause zu ihr gelaufen und hatte verkündet: »Dein Bruder ist abgehauen! Ich sollte mich um ihn kümmern, aber in der Schlange in der Kantine gab’s ein kleines Gerangel. Ein paar Jungs haben angefangen zu schubsen und Scott ist einfach weggerannt! Soll ich es unserer Lehrerin sagen oder was?«
    Hazel war mit Dee mitgekommen, um Scott abzufangen und ihn zurückzubringen. Glücklicherweise war er noch nicht lange verschwunden, und es war nicht schwer,
ihn zu finden, da er direkt zu seinen Großeltern zurückgelaufen war. Er war ein seltsames Kind, irgendwie jung für sein Alter, total süß, aber er wirkte ein bisschen abwesend, so als wäre er ganz in seiner eigenen Welt gefangen.
    Sie hatte Dee gefragt, ob er autistisch veranlagt wäre oder so, aber Dee sagte, das wäre nicht so, und wollte anscheinend nicht darüber sprechen, also bohrte Hazel auch nicht weiter. Scott hatte ganz offenbar spezielle Bedürfnisse, denn sie lieferten ihn schließlich bei Mrs Mitchell im sonderpädagogischen Bereich der Schule ab. Als sie dann in den Gemeinschaftsraum zurückkamen, verbreitete sich Abbie dort immer noch lautstark über Tom gegenüber jedem, der es hören wollte, während der arme Sanjay aus dem Fenster starrte und versuchte, so zu tun, als wäre ihm das alles egal.
    »Sie hat es Sanjay diesmal nicht einmal ins Gesicht gesagt«, hatte Joe gemurmelt. »Hat ihm eine SMS geschickt. Eine verdammte SMS, ob du’s glaubst oder nicht.«
    Hazel konnte es nicht glauben. Nicht wirklich. Das war ziemlich übel. Selbst nach Abbies Maßstäben. Und diese Geschichte mit Tom schien viel ernster zu sein als alle bisherigen kleinen Abenteuer von Abbie. Hazel hielt einen Augenblick inne und rückte den Riemen ihrer Tasche zurecht, der ihr in die Schulter schnitt, bevor sie den kurzen Hügel in Angriff nahm, der zum Hof hinaufführte. Als sie um die letzte Ecke bog, wurde sie von einer Herde Kühe begrüßt, die über die Straße trotteten in Richtung Melkanlage. Ihr Vater auf der einen, der Collie Max auf der anderen Seite.

    »Gutes Timing«, sagte ihr Dad. »Du kannst gleich das Gatter hinter mir zumachen.«
    Hazel schloss das Gatter, und nachdem die letzte Kuh vorübergezuckelt war, sah sie einen roten Fiesta vor der Haustür stehen.
    »Ist Sarah hier?«, fragte Hazel überflüssigerweise, da das Auto ja wohl kaum von alleine hierhergefahren sein konnte.
    »Ja«, sagte ihr Dad. »Sie ist vor ungefähr einer Stunde gekommen.«
    »Mit Gary?«
    »Nein, der arbeitet«, sagte ihr Dad. »Es sind also nur Sarah und Lucy.«
    »Bleiben sie zum Abendessen?«
    »Weiß ich nicht«, sagte ihr Dad. »Ich wusste gar nicht, dass sie heute kommen wollte.

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