Gefährlich sexy!
Opfern, nur schienen die Hinterbliebenen das vergessen zu haben. Sie verlangten Antworten, hatten sie eine Lügnerin genannt, einen Feigling, obwohl die Wahrheit schlicht und einfach lautete: Sie konnte ihnen keine Antworten geben. Natürlich wusste sie, dass die Angriffe der Angehörigen deren Art war, mit der Tragödie fertig zu werden – es lenkte sie von ihrer Hilflosigkeit ab.
Jamie atmete tief durch und fühlte Bitterkeit in sich aufsteigen, während sie die Schlagzeile las:
FÜNFTES OPFER DER MORDE IM SONORA NITES DINER IDENTIFIZIERT
Die menschlichen Überreste, die im März dieses Jahres im Davis Mountains State Park entdeckt wurden, sind mithilfe zahnärztlicher Unterlagen Kass Duren zugeordnet worden, der vor zehn Jahren nach einem Amoklauf im Sonora Nites Diner, bei dem alle Angestellten bis auf eine starben, mit Waffengewalt entführt wurde.
Diese eine Angestellte war sie. Jamie überlegte, ob sie etwas über den Fund einer Leiche gehört hatte, aber ihr fiel nichts ein.
Kass Duren. Der Koch. Der Name seiner Frau war Helen.
„Ich erinnere mich an so wenig“, sagte sie mit leiser Stimme. „Farben, Geräusche, aufblitzendes Licht, es ist alles ein einziges Durcheinander aus Fetzen und Splittern.“ Sie schloss die Augen und spürte, wie ihr der Schweiß ausbrach.
Das Handy in ihrer Umhängetasche legte mit der Melodie einer Countryband los, und sie schraken alle zusammen. Jamie nahm es heraus und las die Nummer auf dem Display.
„Es geht mir gut“, erklärte sie ihrer Mutter, bevor Kate am anderen Ende der Leitung etwas sagen konnte.
„Es wird einen Presserummel geben, und viele Reporter werden die Ereignisse jener Nacht wieder ausgraben. Verdammter Mist.“
Es entstand eine Pause, in der Kate offensichtlich mit dem Wagen irgendwo abbog; Jamie hörte das Signalgeräusch des Blinkers.
„Ich hätte dich ans andere Ende des Landes bringen sollen“, sagte ihre Mutter dann.
„Wir sind in Texas, Mom, das ist am anderen Ende des Landes.“ Jamie zwang sich zu einem Lachen und hoffte, dass es auf der anderen Seite der Leitung echter klang als in ihren eigenen Ohren.
„Wir müssen darüber reden. Wenn dein Name in den Zeitungen auftaucht …“
Jamie geriet in Panik und hörte nicht mehr zu. Sie hatte nicht den ganzen Artikel gelesen, deshalb überflog sie ihn jetzt rasch, fand jedoch nirgendwo eine Erwähnung ihrer Identität heute oder damals. „Mein Name steht nicht drin.“
„Nicht in diesem Artikel, aber was ist mit dem nächsten? Diese Geschichte wird das Interesse an dem Fall neu entfachen. Man wird herausfinden, dass Stephanie Monroe wie vom Erdboden verschluckt ist. Dann wird man sich auf die Suche nach ihr machen, und jemand mit den richtigen Verbindungen oder einer Waffe kann in Erfahrung bringen, dass Dr. Kate Danby früher Dr. Ruth Monroe hieß.“
Es entstand eine weitere kurze Pause, ehe ihre Mutter fortfuhr: „Wie war es überhaupt möglich, dass diese Nachricht in den Zeitungen landete, ohne dass uns vorher jemand informiert hat?“
Jamie hörte, wie die Tür zur Klinik aufging, und drehte sich um, noch immer benommen und durcheinander. „Du lieber Himmel!“
„Was ist denn? Jamie? Was ist passiert?“
„Man informiert uns gerade, und zwar persönlich.“
2. KAPITEL
Texas Ranger Kellen Harding, Sergeant bei der Company E in Midland, war dem Unsolved Crimes Investigation Team zugeteilt, der Abteilung für ungelöste Verbrechen, und dies war sein Fall.
„Ich rufe dich wieder an, Mom“, sagte die Frau, die er bereits als Jamie Danby identifiziert hatte, in ihr Handy. Sie war diejenige, die die ersten neunzehn Jahre ihres Lebens unter dem Namen Stephanie Monroe existiert hatte. Die lateinamerikanische Frau neben ihr war zu klein. Die Blonde hatte zwar die richtige Größe – Haare konnte man leicht färben –, aber sie war nicht diejenige, die ihn böse anfunkelte. Das war die Brünette.
Er blieb, wo er war, nämlich an der Tür, nahm seinen weißen Stetson und die dunkle Sonnenbrille ab und hielt ihrem Blick stand. „Jamie Danby?“
Sie wurde blass, doch dann kehrte die Farbe rasch wieder in ihre Wangen zurück, und mit kaum merklich zitternden Lippen fragte sie: „Und Sie sind?“
„Ranger Sergeant Kellen Harding, Ma’am, Abteilung Ungelöste Verbrechen.“ Das fügte er hinzu, um das Eis zu brechen, denn es galt, keine Zeit zu verlieren.
„Können wir Ihnen irgendwie weiterhelfen, Sergeant Harding?“
Sie sah ihn an, das Kinn leicht erhobenen.
Er
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